Janz draußen an der Panke Hab ich mein kleenes Haus Davor steht eene Banke da ruh ich abends aus Da kommt mir manch Jedanke seh ich det Flüsscken ziehn Ganz leise gluckst die Panke Die heimatliche Panke …*
Der Fluss Panke, so sehr er auch mit Abwässern und Müll verschmutzt, in Rohre verlegt und später als schnurgerader Kanal wieder freigelegt wurde, ist repräsentativ für das volkstümliche, ärmliche Berlin. Genau hier kann, wer Spuren lesen kann, noch viel aus der Industriegeschichte und der Arbeiterbewegung des „Roten Wedding“ erkennen.
Das Schicksal der Panke hängt direkt mit der Industriegeschichte des Berliner Nordostens zusammen. Schon seit dem Mittelalter wurden unsere Flüsse für Mühlen genutzt. Die Panke mit ihren 40 Metern Gefälle auf gut 30 Flusskilometern (also durchschnittlich ein Meter Gefälle pro Kilometer) kommt aus der Barnim-Hochfläche. Dieses Gefälle ist beachtlich für einen Tieflandsfluss und so bot sich die Anlage von Mühlen geradezu an. Ein steinerner Zeitzeuge ist die Mühle an der Badstraße, deren letztes Mühlgebäude noch heute von der Travemünder Straße mitsamt einem aufgemalten Mühlrad entdeckt werden kann. Die östliche Uferstraße ist ein zugeschütteter Seitenarm der Panke, der für den Mühlstau abgezweigt worden war. Der Müller, der nicht nur mit seinem Mahlrecht über große Macht verfügte, sondern auch noch die niedere Gerichtsbarkeit unter sich hatte, konnte das Pankewasser zu Ernte- oder Mahdzwecken ablassen. Im 18. und 19. Jahrhundert begannen manche Müller, Ausschankwirtschaften als Nebenerwerb zu betreiben. Daraus entwickelte sich zum Beispiel an der Badstraße, in direkter Nachbarschaft zu der Gesundbrunnen-Heilquelle, ein volkstümliches Vergnügungsviertel rund um die Panke-Mühle. Die Fassade der Bibliothek am Luisenbad mit der „Kafé Küche“ erinnert noch heute an das größte Etablissement, das sogar einen Festsaal, einen Biergarten und sogar ein Schwimmbad besaß.
In der Mitte des 19. Jahrhunderts begann sich Berlin zu einem Zentrum der Maschinenbauindustrie zu entwickeln. Aus der Königlichen Eisengießerei, die ebenfalls aus einem Mühlenstandort an der Invalidenstraße hervorgegangen war, kamen die ersten beiden Dampflokomotiven Deutschlands. Rund um diesen Betrieb siedelten sich immer neue metallverarbeitende Betriebe an, bis um 1845 etwa 3000 Menschen dort beschäftigt waren. Die Gegend hieß wegen des vielen Rauchs, der aus den Schloten kam, im Volksmund Feuerland. Die großen Berliner Metall- und Maschinenbaubetriebe wie Schwartzkopff, Egells und Borsig zogen später an andere Standorte am Stadtrand, an der Stelle der Königlichen Eisengießerei befindet sich heute das Bundesverkehrsministerium.
Aber auch andere Wirtschaftszweige siedelten sich an der Panke an, weil sie den Fluss für ihre Abwassereinleitung brauchten. So zählte man im Jahr 1882 23 Gerbereien, dazu noch Leimsiedereien, Knochensiedereien und zwei Papierfabriken an der Panke. Allein für das Gerben wurden täglich 500 Eimer Hundekot benötigt, was zu einer enormen Geruchsbelästigung und Gewässerverschmutzung führte. Der Berliner Volksmund prägte daraus völlig zu Recht den Begriff “Stinkepanke”. Kein Wunder, dass der Fluss so weit wie möglich aus dem öffentlichen Bewusstsein gedrängt wurde. Es ist leicht vorstellbar, mit welcher Seuchengefahr die Panke-Anwohner leben mussten. Der Berliner Stadtbaurat James Hobrecht hatte eine Idee durchgesetzt, um die Abwasserprobleme Berlins auch aus Gründen der Volkshygiene zu lösen. Die Abwässer wurden zunächst in einem Ringsystem gesammelt und mit Dampfmaschinen in den höher gelegenen Nordosten Berlins gepumpt. Allerdings wurden die so angelegten Rieselfelder wieder über die Panke entwässert…
Die Gerbereien und Rieselfelder sind schon lange Geschichte, aber es gibt auch noch andere Industriebetriebe an der Panke, die erwähnt werden sollten. Noch heute steht die Produktionsstätte und der Verwaltungssitz der Bayer AG an der Pankemündung. Die Firma wurde 1872 gegründet und war als “Schering AG” lange Zeit einer der bedeutendsten Arbeitgeber Berlins, bis die Firma 2006 von der Bayer AG übernommen wurde.
Der Druckmaschinenhersteller Rotaprint war der Pionier des Kleinoffsetdrucks und bis zum Konkurs 1989 am Pankeufer ansässig. Große Teile des Firmengeländes nahe der Weddinger Uferstraße sind heute abgerissen. In den verbliebenen, zum Teil denkmalgeschützten Gebäuden hat sich mit “Ex Rotaprint” eine neue, kleinteilige Nutzung etabliert.
Bei der verfallenen und zugewucherten Fabrikanlage zwischen der Gerichtstraße und der Ringbahn handelt es sich allerdings ausnahmsweise um keinen Industriebetrieb. Vielmehr befand sich in der als „Wiesenburg“ bekannte Kriegsruine ein Obdachlosenasyl. Im Gegensatz zu anderen Wohlfahrtseinrichtungen verzichtete man in der “Wiesenburg” auf christliche Mission und ließ selbst der Polizei keinen Zutritt. Im Zweiten Weltkrieg wurden die Gebäude mit ihren an die Industriearchitektur erinnernden Sheddächern zum Großteil zerstört.
Rund um die Pankemühle an der Badstraße sind heute noch Reste der Tresorfabrik Arnheim zu finden. An der Badstraße selbst steht das beeindruckende Wohnhaus für Fabrikarbeiter mit seiner markanten roten Farbe. Bis hin zur Osloer Straße erstrecken sich die zum Teil erhaltenen Sheddachhallen der Fabrik. In den “Pankehallen” haben sich seit einigen Jahren Bildhauerwerkstätten etabliert; die Gebäude werden vom Berufsverband der Bildhauer genutzt.In der Zündholzmaschinenfabrik Roller in der Weddinger Osloer Straße, die in den 1970er Jahren ihre Produktion einstellte, befindet sich seit über 30 Jahren ein soziokulturelles Zentrum “Fabrik Osloer Straße”, in dessen Mittelpunkt das Kindermuseum “Labyrinth” steht.
Nach dem Zweiten Weltkrieg hat der Bezirk Wedding aus Mitteln des Marshall-Plans einen durchgehenden Grünzug an der Panke anlegen lassen, der nach dem letzten Lückenschluss an der Ringbahnbrücke auf dem gesamten Unterlauf des Flusses begehbar ist. An der Wiesenstraßenbrücke steht ein Findling, der an den “Blutmai” im Jahr 1929 erinnert. Heute kaum vorstellbar, dass an diesem idyllischen Flussabschnitt Mietskasernen standen, deren Bewohner kommunistisch wählten. Rund um den 1. Mai kam es 1929 zu Ausschreitungen, bei denen durch den Schusswaffeneinsatz der preußischen Polizeikräfte über 30 Menschen starben. An den “Roten Wedding”, dessen Herz hier schlug, erinnert außer dem Stein und einem Lied von Hanns Eisler und Erich Weinert nichts mehr – die Häuser wurden nach dem Krieg durch gesichtslose Mehrfamilienhäuser ersetzt.
* komponiert von Fredy Sieg
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