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Wiederholungswahl im Wedding:
Wahlergebnis zeigt: Seestraße trennt Innen und Außen

13. Februar 2023
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In der gesam­ten Stadt Ber­lin hat die CDU die Wahl 2023 deut­lich gewon­nen. Gäbe es den auf­ge­lös­ten Bezirk Wed­ding noch, wür­de die­se Aus­sa­ge ledig­lich für das Eng­li­sche Vier­tel gel­ten. Hier hol­te die CDU 27 Pro­zent. Beim Blick auf die gesam­te Stadt siegt die CDU in den Außen­be­zir­ken, wäh­rend die Grü­nen in der Innen­stadt stark sind. In die­ser Ein­tei­lung mar­kiert die See­stra­ße die Gren­ze zwi­schen Außen und Innen. Das zei­gen die Zah­len für jede Hood im Wed­ding und in Gesund­brun­nen. (Ergeb­nis­se der Wie­der­ho­lungs­wahl 2024 im Bei­trag Stim­mungs­test am Leo­pold­platz)

Ehemaliger Bezirk Wedding

Wür­de der auf­ge­lös­te Bezirk Wed­ding noch exis­tie­ren, dann wären in ihm die Grü­nen die Sie­ger bei der Wie­der­ho­lungs­wahl vom Sonn­tag. Sie hol­ten 26,4 Pro­zent der Zweit­stim­men (2021 waren es 23,9 Pro­zent). Wäh­rend in Ber­lin die CDU gewon­nen hat, gelang ihr dies auf dem Gebiet des alten Wed­dings vor allem im Eng­li­schen Vier­tel. Dort kommt die CDU an ihren Ber­li­ner Durch­schnitt her­an und holt 27 Pro­zent. Hoch­burg der Lin­ken ist der Fleck rund um den Naue­ner Platz, wo die Lin­ke 24,9 Pro­zent holt. Über 20 Pro­zent liegt sie im Osramkiez/Leo, im Brüs­se­ler Kiez und im Sol­di­ner Kiez. Die SPD bleibt in allen Kiezen unter 20 Pro­zent, kratzt im Eng­li­schen Vier­tel mit 19,9 Pro­zent an die­sem Wert. Die Grü­nen kom­men im Spren­gel­kiez auf 36,7 Pro­zent. Auch im Anton­kiez und im Osramkiez/Leo sind sie mit über 30 Pro­zent qua­si Volkspartei.

Auf­fäl­lig ist die Stär­ke der CDU nörd­lich der See­stra­ße, also im Eng­li­schen und Afri­ka­ni­schen Vier­tel. In den ande­ren Kiezen konn­te sie eben­falls zule­gen, doch sind die Grü­nen in die­sen Gebie­ten deut­li­cher Wahl­sie­ger. Wenn die The­se stimmt, dass die Innen­stadt Grü­ne wählt und die Außen­be­zir­ke CDU, dann ver­läuft die Gren­ze zwi­schen den bei­den Stadt­tei­len ent­lang der Seestraße.

Direktkandidaten

Jubel bei der CDU. Sven Riss­mann holt den Wahl­kreis 5 direkt. Er ver­bes­sert sei Ergeb­nis um 8,5 Pro­zent­punk­te. Ein Direkt­sieg für die CDU dürf­te im Wed­ding sehr lan­ge zurück­lie­gen. Auf Platz zwei folgt Ario Mir­zaie von den Grü­nen. Mathi­as Schulz ver­liert 5,5 Pro­zent und lan­det auf Platz drei. Der Wahl­kreis umfasst im Wesent­li­chen das Eng­li­sche und Afri­ka­ni­sche Viertel.

Im Wahl­kreis 6, das ist Sol­di­ner Kiez und Gesund­brun­nen, gewinnt Tuba Bozk­urt von den Grü­nen direkt. Sie holt 32 Pro­zent, das sind 7,5 Pro­zent mehr. Ihr folgt Ste­fan Böh­me von den Lin­ken mit 21,1 Prozent.

Im Wahl­kreis 7, also im Brun­nen­vier­tel und Spren­gel­kiez, gewinnt Lau­ra Neu­ge­bau­er von den Grü­nen mit 30,1 Pro­zent. Auf Platz zwei ist Danie­la Fritz von der CDU. Sie holt 19,3 Pro­zent. Bei­de Direkt­kan­di­da­tin­nen legen damit kräf­tig zu. Dafür ver­liert Maja Lasić (SPD) mas­siv und kommt auf 18,4 Pro­zent. Aller­dings stand die mitt­ler­wei­le als Stadt­rä­tin akti­ve Poli­ti­ke­rin nicht wirk­lich zur Wahl, sie hät­te ihr Man­dat für das Abge­ord­ne­ten­haus nicht angenommen.

Im Moa­bi­ter Wahl­kreis 4, der bis in den Brüs­se­ler Kiez reicht, gewinnt erneut Taylan Kurt von den Grünen. 

Wel­che Poli­ti­ker über Lis­te ein­rü­cken, ist bis­lang noch nicht ver­öf­fent­licht.

Wahl der Bezirksverordnetenversammlung

In der 55 Sit­ze umfas­sen­den Bezirks­ver­ord­ne­ten­ver­samm­lung (BVV) legt die CDU zu. Ihre Frak­ti­on wächst von 8 auf 12 Sit­ze. Für die Grü­nen bleibt es trotz Zuge­win­nen bei 18 Sit­zen. Sie bil­den wei­ter­hin die deut­lich stärks­te Frak­ti­on. Ihr Part­ner in der Zähl­ge­mein­schaft (Koali­ti­ons­part­ner), die SPD, ver­liert zwei Stüh­le und hat nun bloß noch 10 Sit­ze. Die grün-rote Zähl­ge­mein­schaft kommt damit auf 28 Sit­ze, das ist nach wie vor (wenn auch knapp) die Mehrheit. 

Afrikanisches Viertel

Im Afri­ka­ni­schen Vier­tel gewinnt die CDU bei den Zweit­stim­men mit 23,5 Pro­zent. Sie hat hier ihr Ergeb­nis gegen­über 2021 qua­si ver­dop­pelt. Die Grü­nen fol­gen dicht mit 22,7 Pro­zent, sie haben ihr Ergeb­nis der zurück­lie­gen­den Ber­lin­wahl bestä­tigt. Die SPD sackt auf 17,6 Pro­zent ab. Die Lin­ke gibt eben­falls nach und kommt nun 13,7 Prozent. 

Englisches Viertel

Im Eng­li­schen Vier­tel räumt die CDU ab und kommt auf 27 Pro­zent. Ein Sprung um 10 Punk­te gegen­über der ursprüng­li­chen Wahl. Die SPD muss sich nun mit dem zwei­ten Platz begnü­gen, sie kommt auf 19,9 Pro­zent. Die Grü­nen legen leicht auf 17,2 Pro­zent zu, die Lin­ke gibt leicht auf 11,9 Pro­zent nach.

Soldiner Kiez

Auch wenn der Sol­di­ner Kiez nörd­lich der Oslo­er Stra­ße (der Ver­län­ge­rung der See­stra­ße) liegt, gehört er offen­bar zur Innen­stadt. Zumin­dest sagt das das Wahl­er­geb­nis. Denn hier füh­ren die Grü­nen mit 26,7 Pro­zent das Feld an. Ihr Haupt­kon­kur­rent sind die Lin­ken, die auf 21,6 Pro­zent kom­men. Grob gerun­det, bestä­ti­gen bei­de Par­tei­en ihr Ergeb­nis von 2021. Als Gewin­ner darf sich den­noch die CDU füh­len. Sie holt 15 Pro­zent und ver­dop­pelt ihr Ergeb­nis bei­na­he. Die SPD gibt auf 14,7 Pro­zent nach.

Nauener Platz

Der Kiez rund um den Naue­ner Platz ist sehr klein, hat nicht vie­le Wahl­be­rech­tig­te. Hier haben die Lin­ken ihre Hoch­burg, sie komen auf 26,8 Pro­zent. Die Grü­nen lie­gen mit 28,4 Pro­zent etwas dar­über. Bei­de Par­tei­en leg­ten zu. Auch die CDU ver­bes­sert sich, erreicht nun 11 Pro­zent. Die SPD kommt auf 14 Prozent. 

Gesundbrunnen (Badstraße)

Rund um die Bad­stra­ße, dem Herz des Gesund­bun­nens, ent­schie­den sich die Wäh­ler deut­lich für die Grü­nen. Die Par­tei ver­bes­sert sich leicht auf 28,8 Pro­zent. CDU und SPD lie­gen gleich auf (15,2 und 15,3 Pro­zent). Das ist für die SPD ein Rück­gang, für die CDU ein Zuge­winn gegen­über 2021. Die Lin­ke hält mit 19,3 Pro­zent in etwa ihr Ergebnis.

Osramkiez/Leo

Im Osram­kiez zusam­men mit Leo­pold­platz sind die Grü­nen Volks­par­tei. Hier kom­men sie auf 33,2 Pro­zent. Gegen­über 2021 ein deut­li­ches Plus. Die Lin­ke erreicht 23,1 Pro­zent. Auch hier sind SPD und CDU fast gleich­auf (12,7 und 12,8 Pro­zent). Und auch hier bedeu­tet das für die SPD ein Rück­gang und für die CDU ein Zugewinn.

Brüsseler Kiez

Auch im Brüs­se­ler Kiez las­sen die Grü­nen wie eine Volks­par­tei die ande­ren Par­tei­en deut­lich hin­ter sich. Sie kom­men auf 33 Pro­zent und ver­bes­sern sich damit. Die Lin­ke erreicht 20,6 Pro­zent, ein leich­tes Minus. Die SPD liegt mit 14,1 Pro­zent leicht vor der CDU, die auf 13,4 Pro­zent kommt. Das ent­spricht im Ver­gleich zur Ori­gi­nal­wahl für die SPD einem Ver­lust und für die CDU ein Zugewinn.

Antonkiez

Den Anton­kiez gewin­nen die Grü­nen mit Län­gen Vor­sprung, sie errei­chen 30 Pro­zent. Die Lin­ke kommt auf 18,9 Pro­zent. Die CDU dürf­te sich freu­en, denn sie über­run­det in einem grün­ge­färb­ten Innen­stadt-Kiez die SPD. 17,1 Pro­zent zu 15,4 Prozent.

Gerichtstraße

Auch der Kiez rund um die Gericht­stra­ße ist klein und hat nicht vie­le Wahl­be­rech­tig­te. Hier ver­bes­sern sich die Grü­nen und gewin­nen mit 27 Pro­zent. Auch hier sind die Lin­ken zweit­stärks­te Kraft mit 18,4 Pro­zent. Das ist der zwei­te grün­ge­färb­te Innen­stadt-Kiez, in dem die CDU die SPD über­run­det: 17,5 zu 16,4 Prozent.

Sprengelkiez

Grü­ner wirds nicht. Mit 36,7 Pro­zent und einem Plus von gerun­det fünf Pro­zent­punk­ten ver­wei­sen die Grü­nen im Spren­gel­kiez alle ande­ren Par­tei­en auf die Plät­ze. Wie in fast allen Kiezen fol­gen auf Platz zwei die Lin­ken. Sie schaf­fen 19,6 Pro­zent. Die SPD liegt mit 13,7 Pro­zent vor der CDU mit 11,7 Prozent.

Brunnenviertel

Das Brun­nen­vier­tel steht für eine Aus­nah­me. Zwar liegt der Kiez inner­halb des S‑Bahn-Rin­ges. Doch anders als in ande­ren soge­nann­ten Innen­stadt-Wahl­krei­sen gewinnt die CDU. Sie macht einen Sprung um zehn Pro­zent­punk­te und liegt nun bei 22,6 Pro­zent. Die Grü­nen auf Platz zwei schaf­fen 20,6 Pro­zent, was unge­fähr dem Stand des Jah­res 2021 ent­spricht. Die SPD fin­det sich mit 19 Pro­zent nun auf dem drit­ten Platz wie­der. Die Lin­ke kom­men auf 14,4 Prozent.

Wahlbeteiligung

Die Betei­li­gung war ins­ge­samt eher niedrig:

Wahl­kreis “Mit­te 5” mit Afri­ka­ni­schem und Eng­li­schem Vier­tel 54,0 Prozent

Wahl­kreis “Mit­te 6” mit Sol­di­ner Kiez, Gesund­brun­nen 50,0 Prozent

Wahl­kreis “Mit­te 7” mit Leo, Gericht­stra­ße, Spren­gel­kiez und Brun­nen­vier­tel 50,8 Prozent

Wahl­kreis “Mit­te 4” der den Brüs­se­ler Kiez an Anhang hat 59,4 Prozent

Zum Ver­gleich: In ganz Ber­lin lag die Wahl­be­tei­li­gung bei 63,0 %.

Detail­lier­te Daten auf wahlen-berlin.de.

Andrei Schnell

Meine Feinde besitzen ein Stück der Wahrheit, das mir fehlt.

15 Comments

  1. @weddingweiser: Ich habe eine Fra­ge zu den Direkt­kan­di­da­ten. Das sind ja die Kanditat*innen für das Abge­ord­ne­ten­haus, die haben mit der gest­ri­gen Bun­des­tags­wahl­wie­der­ho­lung doch nichts zu tun. Inter­es­sant wäre ob mit den neu­en Stim­men wer als Direkt­kan­di­da­tin für Ber­lin-Mit­te vor­ne liegt.

  2. Die See­stra­ße, so wäre mei­ne Ver­mu­tung, trennt haupt­säch­lich wegen ihrer Fuß­gän­ger­feind­li­chen Ampel­schal­tung. Wenn man auf Grün war­tet, war­tet man gut und ger­ne 5 Minu­ten um über die Stra­ße zu kommen.

  3. Die­se Art Neu­wah­len nach stark ver­kürz­ten Amts­zei­ten präg­ten die Wei­ma­rer Repu­blik. In der Wei­ma­rer Repu­blik hieß es: Es wer­de solan­ge wäh­len las­sen, bis das rich­ti­ge Ergeb­nis her­aus­kommt (schrieb z. B. der His­to­ri­ker Arthur Rosenberg).
    Die Wahl­ent­hal­tun­gen spre­chen eine deut­li­che Spra­che! 2021 hat­ten sich noch 68,6 % im Wahl­kreis Mit­te 5 betei­ligt. Der para­mi­li­tä­ri­sche Wahl­kampf­auf­takt mit sei­nem Krieg gegen die Böl­ler in der Innen­stadt und die anschlie­ßen­den Lügen der Poli­zei­sta­tis­tik ziel­ten auf Ras­sis­mus. Die­ser trieb nicht nur der CDU die Wäh­ler zu, son­dern führ­te auch zu Wahl­ent­hal­tung. Demo­kra­tie geht anders!

    • Schon Ihr ers­ter Satz ist falsch!
      Es han­delt sich um eine Wie­der­ho­lungs­wahl – kei­ne Neu­wahl! Viel Mei­nung für der­ma­ßen wenig wis­sen. 😂🤦‍♂️

    • Wobei es offen­bar zwei ver­schie­de­ne For­men der Gen­tri­fi­zie­rung gibt. Denn das Afri­ka­ni­sche und Eng­li­sche Vier­tel wir­ken auf mich in der Anmu­tung doch sehr ver­schie­den vom Sprengelkiez.

  4. Die gan­ze Ana­ly­se macht doch erst Sinn, wenn man zum Wahl­er­geb­nis die Bevöl­ke­rungs­struk­tur spie­gelt. Die „Grünen“-Bezirke wer­den halt mehr­heit­lich von jun­gen Men­schen (u.a. Studentinnen/Studenten) oder den „Par­ty­peo­p­le“ bewohnt. Die zum Wirt­schafts­pro­dukt bei­tra­gen­den Wäh­ler woh­nen eben eher in den Außen­be­zir­ken (von Froh­nau bis Steglitz/Zehlendorf oder Köpenick).

      • Du hast recht: Auch Stu­den­ten tra­gen zum Wirt­schafts­pro­dukt bei, denn nicht weni­ge job­ben neben dem Stu­di­um. Und ja, das Grund­ge­setz gibt jedem Men­schen eine Stim­me – unab­hän­gig von sei­ner Steu­er­kraft; eine Wei­ter­ent­wick­lung gegen­über der preu­ßi­schen Klassenwahl.

    • Eigent­lich ist genau das Gegen­teil der Fall: die bei­den Bezir­ke mit den höchs­ten Gehäl­tern in Ber­lin sind Mit­te und Fried­richs­hain-Kreuz­berg. Der Ber­li­ner Osten, Span­dau sowie Neu­kölln haben dage­gen rela­tiv gerin­ge Gehäl­ter (Quel­le: Zah­len des RBB). Dem­nach haben gera­de eher die zum Wirt­schafts­pro­dukt wenig bei­tra­gen­den Wäh­le­rIn­nen schwarz gewählt, wäh­rend die wesent­lich zum Wirt­schafts­pro­dukt bei­tra­gen­den „Par­ty­peo­p­le“ sehr deut­lich grün gewählt haben

    • Wenn ich mir die Bezirks­re­gio­nen­pro­fi­le (https://www.berlin.de/ba-mitte/politik-und-verwaltung/service-und-organisationseinheiten/sozialraumorientierte-planungskoordination/stadtteilarbeit/artikel.105798.php) anse­he, dann fin­de ich kei­ne Auf­schlüs­se­lung nach unter und über 35 Jah­re. Zumin­dest ist zu sehen, dass im Park­vier­tel (Afri­ka­ni­sches und Eng­li­sches Vier­tel) der Anteil der Über-65-Jäh­ri­gen bei 17 Pro­zent liegt; und nörd­lich der Oslo­er Stra­ße und Wed­ding Zen­trum bei 10 Pro­zent. Dort ist dafür der Anteil der Unter
      ‑18-Jäh­ri­gen im Ver­gleich zum Park­vier­tel beson­ders hoch. Pas­send: In einem Gespräch hat mir vor kur­zem jemand die gegen­tei­li­ge The­se dar­ge­legt: Ins Herz des Wed­dings zie­hen immer mehr Fami­li­en und Kin­der­wä­gen sei­en nun immer öfter zu sehen.

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