Absolut verdient! Das ist der häufigste Kommentar in der Nachbarschaft und in den sozialen Medien auf die Nachricht, dass Ebru Schaefer aus dem Brunnenviertel die Bezirksverdienstmedaille verliehen bekommen hat. Mit der Auszeichnung ehrt der Bezirk besonders verdiente Bürger:innen, die sich für den Bezirk einsetzen. So wie die engagierte Frau, die Spendenaktionen für Kinder aus geflüchteten Familien in Berlin organisiert – zu Weihnachten, zum Schulanfang, zwischendurch. Am Donnerstag, den 23. September fand die Preisverleihung im Teehaus im Englischen Garten/Tiergarten statt. Wir waren dabei.
Die Bezirksverdienstmedaille wird auf Vorschlag vom Bezirk vergeben, bewerben können sich die Preisträger nicht. Im Fall von Ebru Schaefer hat unsere Autorin Dominique Hensel den Vorschlag eingereicht – und bei der Preisverleihung auch die Laudatio gehalten.
Die Lobrede im Wortlaut
Liebe Nachbarinnen und liebe Nachbarn,
sehr geehrter Herr Bezirksbürgermeister,
ich bin heute hier, um auf das herausragende Engagement einer Frau aus dem Weddinger Brunnenviertel hinzuweisen.
Ich habe Ebru Schaefer vor fast drei Jahren zum ersten Mal getroffen. Das war bei einer Recherche, bei meiner Arbeit. Ich bin Journalistin und schreibe unter anderem für die Weddinger Allgemeine Zeitung und das Onlineportal Weddingweiser.de. Jemand hatte mir den Tipp gegeben, eine wohltätige Aktion für Kinder zu besuchen und darüber zu schreiben. Ich suchte gerade eine Geschichte für die Weihnachtsausgabe der Zeitung und ging zu der Aktion.
Ich kam zu einem Raum in der Kita am Humboldthain voller Schoko-Weihnachtsmänner, voller Kinderbücher, voller hochmotivierter Menschen, voller Wertschätzung und Freundlichkeit. Und mittendrin war Ebru Schaefer, das Zentrum der Aktion.
Ich weiß durch meine Arbeit, dass es viele Menschen in Mitte gibt, die sich für andere einsetzen. Die dazu beitragen, das Miteinander besser zu machen, das Schicksal anderer leichter, den Alltag froher und besser. Ich habe oft über solche Menschen berichtet, sie halten unsere Gemeinschaft etwas mehr zusammen.
Unter allen, die ich bisher interviewte, sticht der unermüdliche Einsatz von Ebru Schaefer für mich besonders hervor.
Kurz nachdem in der Flüchtlingskrise 2015 viele Menschen auch bei uns im Bezirk Schutz suchten, begann Ebru Schaefer ihr Engagement. Als ihr Geburtstag bevorstand wünschte sie sich statt Geschenken Süßigkeiten. Nicht für sich, sondern für die Kinder, die in Turnhallen und anderen Unterkünften gestrandet waren. Eine kleine Weihnachtsüberraschung, etwas Süßes in einer schweren Zeit wollte sie ihnen geben. Bei ihrer Sammelaktion kamen zu ihrer eigenen Überraschung so viele Süßigkeiten- und Sachspenden zusammen, dass sie 1500 Weihnachtstüten packen konnte. Ebru Schaefer verteilte sie mit Hilfe ihres Mannes, mit Freunden und Helfenden aus ihrem persönlichen Netzwerk im Wedding und darüber hinaus.
Aus einer Statt-Blumen-Idee wurde eine jährliche Aktion zu Weihnachten. Immer wenn die ersten Weihnachtsmänner in der Supermarkt-Regalen auftauchen, beginnt Ebru Schaefer erneut eine Spendensammlung. 2016, 2017, 2018, 2019, 2020 – 1500 Weihnachts-Überraschungstüten für Kinder kamen eigentlich immer zusammen. „Weihnachtsengel aus dem Wedding“ titelte meine Zeitung.
Doch das Engagement für die Schwächsten endet nicht mit denn Weihnachtsaktionen. In den sozialen Medien nutzt Ebru Schaefer bis heute ihre vielen Kontakte, um unkompliziert und schnell alles zu besorgen, was Familien und Kinder in Not benötigen – sei es Kleidung, sei es ein Kinderwagen oder seien es Hygieneartikel. In diesem Jahr hat die engagierte Frau aus dem Wedding trotz erschwerter Coronabedingungen erstmals eine zusätzliche Spendenaktion zum Schulanfang organisiert. Sie sammelte Schultüten und Schulmaterial für die Kinder in den Unterkünften. Sie macht das einfach so, ohne Träger, ohne Auftrag, ohne Förderbescheid – weil es ihr ein Bedürfnis ist. Man sagt heute manchmal: Weil sie es kann.
Ebru Schaefers Herz ist groß, ihr Wille, zu helfen, noch größer. Wo es ihr nötig erscheint, packt sie an. Sie fährt schon mal ganz früh an einem Samstagmorgen Hilfsgüter quer durch die Stadt, sammelte in ihrer Wohnung lange Zeit aus Mangel an einem Lagerraum Sachspenden für ihre wohltätigen Aktionen. Beim Flohmarkt im Kiez verkaufte sie türkische Spezialitäten – um den Erlös komplett für Menschen in Not zu spenden.
Selten ist mir ein so selbstloser, freundlicher und offener Mensch begegnet wie Ebru Schaefer. Und wie viel Energie sie hat! Weder ihre eigene Krebserkrankung noch die schwere Coronaerkrankung ihres Mannes konnte sie für längere Zeit von ihrem Engagement abhalten. Wochenlang musste sie Anfang des Jahres ernsthaft um das Leben ihres Mannes bangen, ihre drei Kinder allein betreuen – um andere, um Schwächere sorgte und kümmerte sie sich trotz allem.
Wenn man sie fragt, warum sie das macht, sagt sie, dass es uns allen doch so gut gehe, so viel besser als jenen, denen sie Hilfe anbietet. „Jedes Kind sollte mit einem Lächeln durch die Welt gehen“ steht auf ihrem Facebook-Profil. Für dieses Ziel setzt sie sich unermüdlich ein. Probleme sind dazu da, aus dem Weg geräumt zu werden: Ärmel hoch und los. Das ist die Maxime von Ebru Schaefer.
Mit ihrem Enthusiasmus reißt sie viele Menschen mit. Bei der Weihnachts-Packaktion im Dezember 2019 konnte ich das persönlich erleben. Wenn Ebru Schaefer die Ärmel hochkrempelt und mit guten Beispiel voran geht, krempeln viele Menschen ebenfalls die Ärmel hoch und unterstützen sie. Ihr Beispiel ist ein Vorbild für viele. Mich hat das Engagement von Ebru Schaefer immer wieder sehr beeindruckt.
Ich bin sicher, ich werde noch oft einen Anlass haben, über sie in der Zeitung zu berichten. Doch mehr Wertschätzung als ein Artikel in einer Zeitung oder im Internet habe ich leider nicht zu vergeben. Deshalb bin ich froh, dass der Bezirk meinem Vorschlag gefolgt ist, Ebru Schaefer mit der Bezirksverdienstmedaille auszuzeichnen. Ich finde, sie hat jede Auszeichnung verdient.
Danke, Ebru für die Inspiration, Dein Hinschauen, Dein Dranbleiben, für Deine Offenheit. Danke für Dein großes Herz und Deine unermüdliche Power!
Anmerkung
Neben Ebru Schaefer wurden weitere Menschen aus dem Bezirk ausgezeichnet. Geehrt wurden Akteur:innen der zentralen bezirklichen Gedenkveranstaltung zum 9. November 1938 – Lehrer:innen verschiedener Schulen (beispielsweise des Lessing-Gymnasiums) und eine Vertreterin des Grips Theaters. Mehr dazu steht in der Pressemitteilung des Bezirks.
Der Weddingweiser hat bereits mehrfach über Ebru Schaefers Aktionen berichtet: Berichte über Ebru Schaefer
Hallo, Dominique Hensel,
ich bin sehr von dem Engagement von Frau Ebru Schäfer beeindruckt und würde gerne bei dem Projekt mithelfen. Wohne selbst im Wedding.
Wäre es möglich, dass über Sie eine Verbindgung hergestellt werden kann? Ich bin nicht bei facebook.
Viele Grüße und bereits heute danke für Ihre Mühe, Carola Dötschel
Hallo Frau Dötschel, das wird Ebru Schaefer sicher freuen. Ich gebe die Info an sie weiter. Viele Grüße: Dominique Hensel
Liebe Frau Dötschel,
vielen lieben Dank. Sie können mich gern unter [email protected] anschreiben.
Herzlichen Dank