Penny hat nicht gerade den besten Ruf unter den Discountern – so schlecht, dass man sogar schon mal über einen neuen Namen nachgedacht hat. Doch seit einiger Zeit versucht die REWE-Tochter, mit originellen Aktionen wie “Las Wedding im Wedding” und thematischen Läden zu punkten. Der erste Penny mit einem Motto war die aus dem Fernsehen bekannte Filiale auf St. Pauli in Hamburg. Nun hat auch der Wedding seinen Themen-Penny bekommen, Penny Underground am Leo.
Underground klingt subversiv, künstlerisch und abgefahren. Und das ist diese Filiale tatsächlich. Vielleicht bezieht sich der Name auch auf den früheren Netto im Keller des gleichen Gebäudes, der mit dem Wort räudig noch freundlich umschrieben wäre. Auf jeden Fall wird mit dem Thema BVG und U‑Bahn gespielt, als ob es keine Grenzen gäbe. Wer genau hinschaut, sieht viele Details, die sich die Werbeagentur ausgedacht hat. Wer hingegen zielgerichtet durch den Laden will, wird diese Gags kaum bemerken, denn die bunte Warenwelt ist vor allem eins: labyrinthisch und eng.
Fotos: Andrei Schnell
Erst mal muss man durch ein Drehkreuz gehen, wo eine Bahnhofsuhr mit Taube hängt. Eine Perlschnur erklärt die Abfolge der Abteilungen. Letztere sind wie U- und S‑Bahnhöfe in Berlin beschildert, nur dass die Namen, wo’s passt, ein wenig abgewandelt wurden (Frostkreuz, Würzkyallee, Käsedamm, Alexanderplätzchen…). Welche Produkte dort zu finden sind, kann sich jeder selbst denken. Besonders originell sind die gewölbeartigen Decken, die wie Bahnhofssäulen mit Mosaiken gekachelten Stützen und die Kühlschränke, die wie U‑Bahnwaggons aussehen. An den Selbstscan-Kassen sind geschlossene Fahrkartenschalter mit handgeschriebenen Hinweisen „Bin in Stuttgart. Scannt doch einfach selbst!“. Die Kassen wiederum sind wie U‑Bahn-Wegweiser mit drei Linien nummeriert. Wer selbst scannt, kommt nur wieder heraus, wenn man den Kassenbon auf einen weiß-gelben Entwerter hält, der die Sperre freigibt. Ein Display mit Laufband über dem Eingang fordert auf, “Die Sparkarten bitte!”, die Öffnungszeiten werden als Absparzeiten bezeichnet und… – schaut am besten selbst, was man sich alles hat einfallen lassen!
Die Weddinger scheinen die Besonderheiten gar nicht zu bemerken, außer mir scheint sich niemand für die ganzen Gags zu interessieren. Als ich kurz vor der Kasse bemerke, dass ich die Tomaten vergessen habe, müsste ich den ganzen Weg durch das Labyrinth zurück. Es gibt leider keine Abkürzungen oder Querverbindungen in diesem Markt. Zurückzugehen lasse ich also lieber, so eng wie die Gänge sind.
Mein Fazit: Hier hat sich Penny größte Mühe gegeben, an seinem Image zu arbeiten. Doch wenn man von all den vielen offensichtlichen Details absieht, ist es eben, was es ist: ein ganz normaler, leider etwas zu enger Discounter, direkt am U‑Bahn-Ausgang gelegen, in einem Stadtteil, der alles andere als geschniegelt ist. Eben unterirdisch.
Lieber Herr Faust,
Ich habe vor ein paar Tagen schon ihren Artikel zum Schillerpark-Center kommentiert und irgendwie fällt mir bei Ihnen auf, so richtig scheinen Sie unseren Wedding nicht zu kennen bzw. zu lieben und auch nicht zu verstehen…Kann das sein!? Ihre Analyse beim letzten Artikel war schon nicht so ganz nachzuvollziehen und auch hier in dem Artikel scheint mir es so zu sein, Sie leben in einem eigenen Wedding, der aber mit den hier lebenden Menschen nicht so ganz kompatibel ist, oder !?
Da frage ich mich, wie ich mir diesen Blog ausdenken konnte, wenn ich den Wedding doch so gar nicht verstehe und liebe. Oder sind die vielen tausend Leserinnen und Leser vielleicht einfach in einem anderen Wedding unterwegs als Sie? Hm. Fragen über Fragen.
Mir gefällt der Penny richtig gut. Es ist das erste Konzept, bei dem ich das Gefühl habe, dass das Konzept für die Kunden gemacht ist und nicht für den Konzernabsender. Mit versteckten Witz und viel Liebe zum Detail, und nicht mit Brachialansprache nach Alles-muss-raus-Manier, wurde hier ein Stil entwickelt, bei dem man sich gerne noch ein weiteres Mal auf die Suche nach kleinen Anspielungen begibt. In meinen Augen steht die Atmosphäre im Vordergrund, nicht irgendein Preis-Alarm.
Ich empfinde die Gänge nicht als eng. Ganz im Gegenteil, das Regalkonzept wirkt gut durchdacht: Alle Regale stehen sternförmig angeordnet, was den Vorteil hat, dass wenn man zwischen zwei “Sternenarmen” steht (das ist dann jeweils ein Produktthemenbereich), man sich problemlos einen 180°-(Über)blick verschaffen kann. Bei klassischen Discountern und deren Regalüberlängen muss man diese Meter um Meter abfahren, um etwas zu finden und steht dann noch ein Paletten-Hubwagen im Weg, war es das mit der einfachen Suche.
Dieser Penny ist kein klassischer Discounter für den “Großfamilien-Einkauf”, sondern einer für die schnelle Besorgung während des Umsteigens am Leo. Er ist eine kleine Insel inmitten des ganzen Trubels und es macht wirklich entspannten Spaß sich dort aufzuhalten.
Was immer die Filiale ist, subversiv sicher nicht.
“[…] außer mir scheint sich niemand für die ganzen Gags zu interessieren.”
Diese Aussage ist nicht nur nicht wahr sondern auch sehr anmaßend, was die Frage aufwirft inwiefern dieser Beitrag seriös sein soll. Labyrinthisch ist der Markt auch vor allem nicht, das ist ein Kreis, verlaufen kann man sich nicht. An der Kasse stehend und Tomaten vergessen…dann geh durchs Drehkreuz wieder rein mit einer vorhandenen Möglichkeit wieder eben nicht den ganzen Weg durch den Laden zu müssen: selber schuld!
Danke! Das stiess mir auch etwas hoch. 😊🌻
Auch die Konzernmutter REWE scheint den Weddinger Untergrund für sich entdeckt zu haben: In der REWE-Filiale im Untergeschoss des Citi-Point Centers an der Müllerstraße gibt es schicke schwarze Einkaufstaschen mit den orangen Kacheln und dem Schriftzug des U‑Bahnhofs Wedding.
Das stimmt. Aber die REWE ist eine Genossenschaft, und dann ist das die individuelle Entscheidung des selbständigen REWE-Kaufmanns gewesen.
Danke für den Tipp.
Ooooch, ist doch echt lustig, und sogar mit Graffitis