Die U‑Bahn-Linie 6 fährt zwar wieder durchgehend, aber an der wichtigen Station Seestraße halten die Bahnen bis Anfang April nicht in Richtung Alt-Tegel. Vertreiben wir uns die Zeit mit einem Blick in die Geschichte dieser besonderen Haltestelle. 99 Jahre nach Eröffnung schauen wir, was es mit diesem U‑Bahnhof auf sich hat. Hier wurde schon oft umgebaut, aber lest selbst.
Ab 1923 endete dort die neue U‑Bahn-Linie C, die als erste Untergrundbahn im Auftrag der Stadt Berlin gebaut wurde. Da die Endstation nur vorläufig gedacht war, war der Bahnhof mit zwei Bahnsteigen und vier Gleisen gebaut worden: Pendelzüge sollten später Richtung Scharnweberstraße weiterfahren. Doch dazu kam es nicht. Daher wurde der westliche Bahnsteig zum Abstellen genutzt; zwischen den mittleren Gleisen wurde eine Mauer eingezogen. Der Verkehr wurde in beiden Richtungen am östlichen Bahnsteig abgewickelt – genau der, wo die Züge derzeit nicht halten. Ausgänge bekam der westliche Bahnsteig erst, seit er im Krieg als Luftschutzkeller genutzt wurde.
1956 wurde dann die U‑Bahn tatsächlich verlängert, aber nur bis Kurt-Schumacher-Platz. Bis Tegel ging es dann ab 1958. Vier Monate im Jahr 1955 lang wurde der U‑Bahnhof Seestraße komplett umgebaut. Die Trennwand zwischen den beiden Bahnsteigen wurde beseitigt und der westliche Bahnsteig für den Betrieb Richtung Süden genutzt. Allerdings wurden von den vier Gleisen zwei Gleise demontiert. Das östlichste Gleis wurde dauerhaft abgebaut und in den Bereich des neuen verbreiterten Seitenbahnsteigs integriert. Der nördliche Ausgang von diesem Seitenbahnsteig befindet sich exakt über dem früheren Gleisbett. Das mittlere Gleis am östlichen Bahnsteig dagegen dient nun für den Betrieb Richtung Alt-Tegel.
Außerdem änderte die Station ihr Erscheinungsbild: Die Bahnsteige wurden von 80 auf 110 Meter verlängert und die verputzten Stationswände wurden mit den – heute für den Bahnhof typischen – gelben Fliesen verkleidet. Was sich jetzt ändert? Der östliche Bahnsteig bekommt einen zweiten Ausgang Richtung Amsterdamer Straße und, das ist das wichtigste, endlich einen Fahrstuhl.
Was viele nicht wissen: Vom U‑Bahnhof führt eine zweigleisige Strecke unter der Müllerstraße in einer scharfen Rechtskurve auf das Areal der BVG-Hauptwerkstatt, die hinter dem damaligen Endpunkt der Linie errichtet wurde. Direkt hinter dem Schillerpark-Center kommen die Züge ans Tageslicht. Die Betriebswerkstatt ist mit 19 Gleisen in einer Länge von je 82 Metern ausgestattet. Eine motorbetriebene Drehscheibe ermöglicht das Drehen der Fahrzeuge.
Und wie kommt ihr nun von Süden kommend zur Seestraße, wenn die Bahnen dort nicht halten? Am besten fahrt ihr bis Rehberge, wo ihr auf dem gleichen Bahnsteig wieder zurück zur Seestraße kommt. Schneller geht es eventuell mit dem Bus 120, der ebenfalls die Strecke Wedding – Leopoldplatz – Seestraße bedient. Der riskiert aber, im Stau auf der Müllerstraße zu stehen. Wenn es euch darum geht, an der Seestraße auf die Straßenbahnlinien M13 und 50 umzusteigen, ist es eventuell sinnvoller, mit der U9 ab Leo zur Osloer Straße zu fahren und dort zur Tram zu wechseln. Wie auch immer, für viele ist diese Einschränkung ein echter Zeitfresser.