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Stiller Abschied:
Ende des Hertha-Domizils am Gesundbrunnen

24. Mai 2024
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Letz­te Woche gab es gro­ßes Erstau­nen bei Passant:innen: Am ehe­ma­li­gen Ver­eins­haus von Her­tha BSC, dem ‘Her­tha BSC-Domi­zil’, haben Abriss­ar­bei­ten begon­nen. Die­ser Ort, der 1971 vom Ver­ein als Gebäu­de über­nom­men wur­de, war einst ein zen­tra­ler Treff­punkt für Spie­ler, Ver­ant­wort­li­che und Fans. Nach dem Ver­kauf des Her­tha-Sport­plat­zes 1974 und nach jah­re­lan­gem Leer­stand wur­de es letzt­lich ver­stei­gert. Der Bau­un­ter­neh­mer Ercen Ocak hat­te als ein­zi­ger Inter­es­sent das Gebäu­de 2010 über­nom­men und, nach­dem der Denk­mal­schutz auf­ge­ho­ben wur­de, auf­wen­dig saniert. Im Jahr 2015 wur­de das Gebäu­de letzt­lich als Hos­tel wie­der­eröff­net und füll­te sich wie­der mit jun­gen Men­schen, doch seit der Coro­na-Zeit war es hier sehr ruhig geworden.

Zu ruhig offen­bar, denn nun wird das Haus (das in die­sem Jahr 100 Jah­re alt gewor­den wäre) abge­ris­sen, was Trau­rig­keit und Nost­al­gie im Kiez und bei den Fans aus­löst. Das alte Ver­eins­heim war nicht nur ein Gebäu­de, son­dern ein Sym­bol für die Geschich­te und die glor­rei­chen Zei­ten von Her­tha BSC im Gesund­brun­nen. Die Plum­pe, das legen­dä­re Sta­di­on von Her­tha, ist längst Geschich­te, und mit dem Abriss des Ver­eins­hau­ses an der Behm­stra­ße ver­schwin­det ein wei­te­res Stück die­ser ereig­nis­rei­chen Ver­gan­gen­heit. Geplant ist angeb­lich ein deut­lich höhe­res Haus, wel­ches neben Büro­flä­chen auch wei­te­re Apart­ments bzw. Gäs­te­zim­mer auf meh­re­ren Eta­gen brin­gen soll. Ob es tat­säch­lich 20 Stock­wer­ke haben wird, wie es Mit­ar­bei­ten­de vor Ort erzäh­len, bleibt unklar.

Egal was nun kom­men mag, für vie­le Her­tha-Fans und Nach­barn ist dies ein schwe­rer Ver­lust. Es ist, als ob ein Stück (Fußball-)Herz aus dem eins­ti­gen “Her­tha-Kiez” an der Plum­pe her­aus­ge­ris­sen wird. Die Erin­ne­run­gen rund um die­sen Ort blei­ben jedoch unver­ges­sen. Künf­tig wer­den ver­mut­lich nur noch eine Erin­ne­rungs­ta­fel und eine Bron­ze dar­an erin­nern, wofür die­ser Ort ein­mal über die Gren­zen des Gesund­brun­nens hin­aus berühmt war. Immer­hin ist der beto­nier­te Bahn­hofs­vor­platz nach dem eins­ti­gen Her­tha-Star Han­ne Sobek benannt.

Nach dem plötz­li­chen Tod des Her­tha-Prä­si­den­ten Kay Bern­stein im Janu­ar war bereits an vie­len Stel­len sicht­bar, wie tief der Ver­ein noch immer im Kiez ver­wur­zelt ist. Nun kommt mit die­sem Abriss ein wei­te­res trau­ri­ges Kapi­tel dazu. Doch das ändert nichts, denn Gesund­brun­nen bleibt auf ewig sei­ner ‚alten Dame‘ ver­bun­den. HaHo­He <3

Samuel Orsenne

Samuel ist ein Großstadtmensch, der im Wedding sein Zuhause gefunden hat. Mit seiner Familie lebt er im Kiez rund um die Bellermannstraße. Neben der Arbeit als IT-Fachmann engagiert er sich im Quartiersrat und natürlich beim Weddingweiser und betreut u.a. Marktstände, Technik und die Verwaltung der Weddingweiser UG.

10 Comments Leave a Reply

  1. Ich bin scho­ckiert und fin­de das einen bar­ba­ri­schen Akt. Die Grün­de, die­ses geschichts­träch­ti­ge Gebäu­de abzu­rei­ßen, sind mehr als faden­schei­nig (Bett­wan­zen, Was­ser­schä­den). Ich habe mich so gefreut, dass mal ein altes Haus so lie­be­voll saniert wur­de und dann reißt man das schöns­te Gebäu­de inmit­ten die­ser häss­li­chen Blö­cke ab, nur, um einen wei­te­ren häss­li­chen Block hin­zu­stel­len, mit dem man noch mehr Geld ver­die­nen kann. Null Respekt vor Archi­tek­tur, null Respekt vor Geschich­te, offen­ba­re Trick­se­rei, rei­ne Geldgier.
    Was mich noch zutiefst ärgert ist die Tat­sa­che, dass hier der Denk­mal­schutz auf­ge­ho­ben wur­de. Der Denk­mal­schutz blo­ckiert an allen Ecken und Enden ver­nünf­ti­ges Bau­en wie z. B. am oran­gen Dies­ter­weg-Bau, aber wo er dann mal ange­bracht wäre, um ein altes Gebäu­de vor der Inves­to­ren­gier zu schüt­zen, da hebt man ihn auf. In mei­nen Augen ein Ver­sa­gen der Stadt­pla­nung auf gan­zer Linie.

  2. Ich bin gebo­re­ne Wed­din­ge­rin und fin­de es erschre­ckend was aus mei­nem Wed­ding gewor­den ist. Der Wed­ding war schon immer ein Arbei­ter­be­zirk und hat­te auch den Bei­na­men “der rote Wedding”.
    Im Her­tha Domi­zil haben wir damals mei­ne Kon­fir­ma­ti­on und Jah­re spä­ter mei­ne Eltern ihre Sil­ber­hoch­zeit gefei­ert. Und nun das Aus! Es ist ja nicht nur ein Stück vom alten Wed­ding weg­ra­diert, son­dern auch ein Stück­chen von Hertha.
    Mein Jott Wed­ding, wie has­te dir faändert!
    Es gibt ja kaum ein Fleck­chen im Wed­ding, der nicht ver­än­dert, umbe­nannt oder ver­schan­delt wurde.

  3. Nach der Sanie­rung, der ein jah­re­lan­ger Leer­stand nebst Van­da­lis­mus vor­aus­ging, blieb ledig­lich die äuße­re Hül­le erhal­ten, die kaum mehr Remi­nis­zen­zen an die Ver­gan­gen­heit zuließ. Der Abriß ist kein Ver­lust, eher Stö­rung der Totenruhe.

  4. Ich bin zwar kein rie­sen Her­tha-Fan, aber die­ser Abriss tut mir tief im Her­zen weh.: Wie kann man so mit der Geschich­te umge­hen? Die­ses Häus­chen gab der ansons­ten öden Ecke ein biss­chen Charme. Die weni­gen Momen­te ruhm­rei­chen Ber­li­ner Fuss­balls bru­tal ent­sorgt. Ber­lin ver­dient zurecht nie wie­der einen Deut­schen Fußballmeister.

  5. Hal­lo

    die glor­rei­chen Zei­ten sind bei Her­tha schon lan­ge vor­bei… von daher passt doch der Abriss.
    Man was hat­te ich für eine schö­ne Zeit von 1969 bis 1978 mit Her­tha 2x drit­ter 1x vize und das ein­zi­ge DFB Fina­le gegen Köln in Han­no­ver zuer­le­ben HAHOHE

    Gruß

    • Tja da has­te glatt Her­thas 2. Pokal­fi­na­le 1979 gg Düs­sel­dorf verpasst !!
      Ansons­ten ist der Abriss eine rie­sen Respekt­lo­sig­keit und gro­ßer Mist
      das sowas über­haupt geneh­migt wird.

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