Mehr als 20 Jahre lang hat das Brunnenviertel auf den Neubau einer Sporthalle an der Vineta-Grundschule gewartet. Jetzt ist jetzt fertig, doch viele Sportlerinnen und Sportler warten vergebens auf einen Schlüssel. Wie die Hallenzeiten vergeben werden, erklärt KiezSportLotsin Susanne Bürger.
Blick in die neue Sporthalle
Im Juni 2020 war Baubeginn für die neue Dreifelder-Sporthalle, nun ist sie bis auf die Außenanlagen fertig. Die Bauabnahme Mitte Oktober hatte gezeigt, ein paar Kleinigkeiten mussten noch nachgebessert werden. Doch noch vor dem Winter ist die Halle an der Putbusser Straße/Ecke Lortzingstraße tatsächlich eröffnet worden. Das sportliche Brunnenviertel war im Vorfeld aufgeregt.
Die Vineta-Grundschule fieberte der Inbesitznahme ihrer großen, modernen Sporthalle entgegen. Sport kann endlich den Raum einnehmen, den die Schulkinder nach der Bewegungslosigkeit der Corona-Lockdowns herbeisehnen. Die Fläche lässt sich durch Trennvorhänge in drei Felder aufteilen, es können also mehrere Angebote gleichzeitig stattfinden. Ob vielfältige Sport-AGs oder Bewegungsangebote des Schulhorts am Nachmittag: An Ideen wird es nicht mangeln, die Sporthalle im Schulalltag mit Leben zu füllen. Die bisherige Turnhalle – eine Kleinstsporthalle mit 9,4 mal 17,4 Metern – will die Schule am liebsten in eine Mensa umbauen lassen. Derzeit essen die Schüler ihr Mittagessen im benachbarten Olof-Palme-Zentrum. Die neue Sporthalle schafft für die Schule viele neue Perspektiven.
Das Sportamt des Bezirks Mitte ist zuständig für die Vergabe von Nutzungszeiten öffentlicher Sporthallen für die Zeit nach Schulschluss, also ab 16 Uhr sowie an Wochenenden. Damit hat das Amt ein anderes Problem: Mehr als 20 Sportvereine haben fristgerecht zum 1. Mai dieses Jahres Anträge für die Nutzung der neuen Vineta-Sporthalle gestellt. Jeder von ihnen kann gute Gründe nennen, hier seinem Sport nachgehen zu wollen. Das Sportamt hat die schwierige Aufgabe, zu entscheiden, welche Vereine nach welchen Kriterien den Zuschlag erhalten.
Grundlagen für die Entscheidung des Sportamts sind die SPAN (Sportanlagen-Nutzungsvorschriften) sowie die Vergaberichtlinien des Bezirks Mitte. Darin steht zum Beispiel sinngemäß:
- Förderungswürdige Sportorganisationen (also gemeinnützige Sportvereine) aus dem Bezirk Mitte haben Vorrang.
- Bestehende Vereine kommen vor Neugründungen.
- Die höhere Auslastung hat gegenüber der geringeren Priorität (zum Beispiel Fußball vor Tennis), bestimmte Sportarten dürfen aber nicht verdrängt werden.
- Spiel- und Leistungsklassen sowie der Einzugsbereich des Vereins spielen eine Rolle.
- Die SPAN berücksichtigen auch Kitas, Dienstsport von Behörden (zum Beispiel Feuerwehren), Volkshochschulen und Einrichtungen der Jugendarbeit.
- Alle anderen sind „Sonstige Nutzende“, die in der Vergabe ganz zum Schluss kommen, zum Beispiel Kiezsportgruppen ohne Verein.
Noch ein Blick in die neue Halle
Weshalb es einen derartigen Ansturm auf die Zeiten in der neuen Vineta-Sporthalle gibt? Sporthallen im Bezirk Mitte sind Mangelware. Die vom Bezirk Mitte beauftragte Sportentwicklungsplanung kam 2020 zu dem Ergebnis, dass dem Vereinssport elf Sporthallen fehlen. Durch den Neubau von Schulen (zum Beispiel an der Reinickendorfer Straße) entstehen auch neue Sporthallen. Wegen kurzfristiger oder langfristiger Schäden müssen aber immer wieder Hallen gesperrt werden.
Ende September standen sieben Sporthallen nicht zur Verfügung. Betroffen waren zwei Hallen der Gustav-Falke-Grundschule, in denen die Heizungsanlage bis mindestens Ende Oktober saniert wird. Langfristige Fälle werden die Sporthallen der Anna-Lindh-Grundschule im Wedding oder in der Levetzowstraße in Moabit sein (Schimmelbefall). Der Ausfall von Sporthallen lässt sich nicht lösen, ohne dass andere Vereine in ihren Hallen auf Nutzungszeiten verzichten. Eine ständige Mangelverwaltung.
Die neue Sporthalle im Brunnenviertel kann hier erst einmal zur Entlastung beitragen: Das Sportamt Mitte wird die neue Vineta-Sporthalle zuerst den Vereinen zur Verfügung stellen, die von längeren Sporthallensperrungen betroffen sind.
Die Volleyballabteilung des TSV Berlin-Wedding hat Hoffnung, gleich nach der Öffnung die neue Halle nutzen zu dürfen. Ihre Heimhalle in der Putbusser Straße 12 war im September 2018 durch einen Wasserschaden unbenutzbar geworden. Seitdem tingeln die Gruppen durch verschiedene Sporthallen des Bezirks, etwa in Moabit. Durch die schlechten Trainingsbedingungen sowie die langen Sportverbotszeiten wegen Corona hat der Verein Mitglieder verloren. „Für uns ist die neue Vineta-Sporthalle geradezu überlebenswichtig“, sagt Abteilungsleiter Andreas Mondroch. Der Verein hat die Rückkehr in die neue Halle im Brunnenviertel fest eingeplant. Sicherlich hoffen auch Kiezvereine wie die Weddinger Wiesel (Basketball) und Rot-Weiß Viktoria Mitte auf Hallenzeiten.
Die reguläre Neuvergabe der Vineta-Sporthalle folgt wohl erst im kommenden Jahr. Bis dahin müssen Vereine und andere Sportgruppen weiter bangen, ob sie zu den Auserwählten gehören.
20. Juni 2020. Foto: Hensel 29. August 2020. Foto: Hensel 11. Oktober 2020. Foto: Hensel 9. Januar 2021. Foto: Hensel 5. November 2021. Foto: Hensel
Wer sich die Sportentwicklungsplanung für den Bezirk Mitte anschauen möchte, wird beim Schul- und Sportamt fündig: Sportentwicklungsplan Mitte
Text: Susanne Bürger, Fotos aktuell: Sulamith Sallmann, Fotos Bauverlauf: Dominique Hensel
Der Text erschien zuerst im Kiezmagazin im Brunnenviertel, Ausgabe 4/2021. Wir danken der Bürgerredaktion für die Übernahme!