Über die Schönheit der meisten Weddinger Straßen lässt sich sicher streiten – doch fast jede hat ihre interessanten Ecken. Bei der Tegeler Straße herrscht dagegen meist Einigkeit: Mit ihren vier sehr unterschiedlichen Abschnitten ist sie durchweg lebendig und abwechslungsreich – auch, was das Ladenangebot und die Gastronomie betrifft. Zeit für einen Rundgang.

Die Tegeler Straße ist ein alter Feldweg, der einst die 1827 bei der Parzellierung der Kämmererheide entstandenen Straßen Fennstraße und Triftstraße verband. Nach der Eingemeindung des Wedding nach Berlin im Jahr 1861 erhielt sie 1864 ihren heutigen Namen. Bebaut war sie damals noch kaum – nur an der Müllerstraße, wo einst Windmühlen standen, existierten ein paar kleine Vorstadthäuser mit langgezogenen Gärten. Der torfige Untergrund bereitete dem Wohnungsbau jedoch schon früh Probleme – eine Herausforderung, die bis heute besteht.


Unser Spaziergang beginnt an der Ecke Lynarstraße. Noch vor wenigen Jahren floss hier reger Durchgangsverkehr. In den frühen 1960er Jahren verkehrte hier die Straßenbahnlinie 25, die Trift- und Fennstraße verband – später nur noch der Bus A16 (heute Linie 142). Inzwischen wurde die Ampel an der Kreuzung Lynarstraße entfernt und die Kreuzung verkehrsberuhigt.


Der südliche Teil der Tegeler Straße ist heute auf besondere Weise unterbrochen. Früher überquerte lediglich die Ringbahn die Straße, doch seit 2006 spannt sich auch eine deutlich höhere Betonbrücke für den Fernverkehr über den Kiez. Sie führt über den Schifffahrtskanal nach Moabit und sinkt dort in den Tunnel unter dem Hauptbahnhof ab. Der Straßenverkehr wurde dadurch zunächst nicht beeinträchtigt.


Das änderte sich mit dem Bau der S-Bahn-Linie 15, die ebenfalls zum Hauptbahnhof führen soll. Ihre Trasse verläuft unterirdisch und taucht an der Tegeler Straße wieder auf, um dort auf eine eigene Brücke zu steigen – durch die Pfeiler der Fernbahnbrücke hindurch und weiter über den Kanal. Ein beeindruckendes Geflecht von Bahnstrecken, das von außen durchaus spektakulär wirkt.


Für die Tegeler Straße bedeutete das jedoch das Aus: Der südliche Abschnitt, angrenzend an das Bayer-Gelände, ist seit 2019 vom Rest der Straße abgeschnitten. Der Verkehr wird nun über Lynarstraße und Nordufer umgeleitet und mündet erst an der Fennstraße wieder in den regulären Verkehrsfluss – auf einer chaotischen Kreuzung. Die Reihe von Altbauten, die über Jahrzehnte allen Umbauten und Bahnbrücken trotzte, steht nun selbst vor dem Abriss. Eigentümer Bayer plant, das Werksgelände zu erweitern – auch auf Kosten der letzten Wohnhäuser. Ein Schritt, der in Zeiten der Wohnungsnot viele Weddinger ratlos zurücklässt.


Die Brachen entlang der Lynarstraße wurden inzwischen mit Neubauten geschlossen, die das Straßenbild der Tegeler Straße nicht unbedingt bereichern. Doch ein paar schöne Altbauten sind geblieben. Ein Knick in der Straße markiert den Übergang zu einem besonders charmanten Abschnitt: Vorgärten, Fassaden mit Geschichte, eine ruhige Atmosphäre.




An der Ecke Kiautschoustraße sind sowohl Wohnhäuser als auch das alte Schulhaus der Brüder-Grimm-Schule gut erhalten. Hier beginnt der vielfältigste Teil der Tegeler Straße. Vom früheren Einzelhandel ist nur noch der Angelladen Koss mit seinem Madenautomaten übrig. Stattdessen haben sich neue Nutzungen etabliert: Eine Handwerksbäckerei, ein Fahrradladen, Co-Working-Spaces, ein Bioladen und verschiedene Cafés und Restaurants haben die Erdgeschosse übernommen.


An der Sprengelstraße schlägt das Herz des Kiezes: Friseur, Blumenladen, eine inzwischen geschlossene Bäckerei und ein Brunchlokal (ebenfalls Geschichte) prägen die Ecke. Hier verläuft auch eine wichtige Fahrradroute – und manchmal hört man mehr Klingeln als Motorengeräusche. Kein anderes Viertel im Wedding wurde so stark gentrifiziert wie dieses. Das macht alteingesessene Bewohner:innen traurig, doch immerhin: Die Tegeler Straße ist lebendig geblieben – anders als viele andere frühere Geschäftsstraßen. Durch ihre Breite bietet sie zudem viel Platz für Außengastronomie – ein Grund dafür, warum es hier mehr Restaurants und Cafés gibt als in anderen Straßen des Kiezes.


An der nächsten Kreuzung endet die dichte Bebauung mit Altbauten. Die Triftstraße, die hier auf die Tegeler trifft, ist mittlerweile Fahrradstraße – und wird als sichere, schnelle Alternative zur stark befahrenen Luxemburger Straße gerne genutzt. Neue begrünte Sitzecken machen sie auch zu einem Aufenthaltsort, gerade an sonnigen Tagen. Dass es dabei gelegentlich zu Lärm- oder Nutzungskonflikten kommt, überrascht nicht.


Ein Copyshop weist darauf hin: Die Hochschule für Technik ist nicht weit. Auf dem letzten Abschnitt verläuft die Tegeler Straße durch eine weitgehend unbebaute Fläche. Nur ein Parkhaus – ein Relikt aus autozentrierten Zeiten – und der betreute Abenteuerspielplatz TELUX flankieren den Weg, bevor die Straße in die Verkehrsachse Luxemburger Straße übergeht.

Hallo in die Runde
na klar ist das Unsinn – von mir aus auch Satire – anstatt wir uns mal uff’n alkoholfreies Bier treffen springen alle gleich im 3eck und merken gar nicht, wie sehr die Poller und die Verdängung des Autos uns alle schon hier und auf den ganzen Erdenrund gespaltet hat …..
geruhsames WE noch und schon mal frohe Sitzhasen-Ostern :))))
PS Lacht mal Alle wieder ein wenig und schaut dabei in den Spiegel
Muss es eigentlich so häufig um die „Gastronomie“ gehen? Dem Sprengelkiez täten ein paar kulturelle Angebote wie ein Kino oder Buchladen sehr gut. Das vermisse ich hier sehr, zumal ich immer weniger Lust habe, mich in den chaotischen Nahverkehr zu begeben. Die Buslinie 142 – früher mein Lieblingsbus – kann ich auch nicht mehr empfehlen. Die BusfahrerInnen fahren oft sehr rücksichtslos, viel zu schnell und ruckartig. Und last not least: Der Neubau Ecke Tegeler-Lynarstraße ist gar nicht so schlecht gelungen…. auch wenn es sich um Eigentumswohnungen handelt. Was die Verkehrsberuhigung im Sprengelkiez angeht, kann man von Beruhigung leider nicht sprechen. Für Fußganger ist die oft rücksichtslose und verkehrsunsichere Fahrerei von RadlerInnen schlimmer geworden. Jetzt pochen diese auf Ihre „Rechte“ und brettern durch den Kiez – schlimmer als die Autos, wobei das ja schon lange bekannt ist, aber die Mentalität ist hier leider nicht so entspannt wie in eingien anderen Ländern.
„Jetzt pochen diese auf Ihre „Rechte“ und brettern durch den Kiez – schlimmer als die Autos, (…)“
Diesen Unsinn, diesen Populismus kann ich einfach nicht unkommentiert lassen. Der Modalfilter in der Lynarstraße hat die Straße sehr viel verkehrssicherer gemacht. Ich als Radfahrer rege mich auch über andere Radfahrende auf. Aber der Autoverkehr auf der Lynarstraße war vor dem Einbau des Modalfilters eine ganz andere Nummer, es war LEBENSGEFÄHRLICH!
Ich bin nur Radfahrer, sondern auch Autofahrer. Und für die nun entstandene Verkehrssicherheit bin ich gern bereit einen etwas längeren Weg zu fahren um in oder aus dem Kiez herauszufahren.
Das was die Grünen, in Person von Herrn Schriner, hier im Sprengelkiez und auch anderswo hinsichtlich der Verkehrssicherheit tun, ist vollkommen richtig.
Mit Populismus hat das nichts zu tun. Hier - und das ist die Realität - fahren RadfahrerInnen permanent auf den Bürgersteigen - das hat auch nichts mit Engstirnigkeit oder Kleinlichkeit zu tun, sondern ist vor allem auch für ältere Leute oder Kinder und alle anderen sehr unangenehm und auch gefährlich. Besonders die Essensfahrer brettern mit ihren E-Rädern über die Bürgersteige. Heute habe ich gelesen, dass in Pankow die Tage gegen "Ramboradler" gesetzlich vorgegangen werden soll. Das ist richtig und es ist falsche Liberalität Fußgänger zu gefährden. Aber jede-r denkt an sich und dass schon nichts passieren wird. Das finde ich sehr unsozial. So - und nun noch einen entspannten Sonntag Abend.
Ein romantischer Spaziergang mit Hintergrund.. Die Bilder vom Angelhaus Koss sind inzwischen selbst schon historisch, denn das Gebäude wird seit Jahren renoviert, weil es auf einer „Torfblase“ steht. Das Gebiet um die Tegler Straße war vor der Bebauung Torfabbaugebiet. Vielleicht droht das dort noch weiteren Häusern.
Vielen Dank für dieses Straßenporträt. Als die Tegeler Straße abgeschnitten und verkehrsarm wurde, war ich sicher, sie würde sich mit ihren (bestehenden und künftigen) Lokalen zu einer beliebten Gastromeile wie z.B. die Oderberger Straße beim Mauerpark entwickeln. Noch dazu wo doch viele Studenten hier wohnen. Mit wenig Autoverkehr, viel Grün und interessanten Lokalen, von denen es ja ein paar gibt. Aber warum entwickelt sich das nicht in diese Richtung, sondern läuft eher umgekehrt? Hat jemand eine Erklärung oder eine Idee?
Hallo Ewald König
es liegt am zugepollerten Kiez ...da kann keiner mehr durch fahren und Studenten haben kein Geld, das meiste geht für Miete drauf der Rest reicht gerade noch für ein veganes Würstschen
nachdenklichen Sonntag noch
Unsinn. Was hat das damit zu tun? An der Tegeler Straße gibt es Poller nur an einer Kreuzung.
Sie wollen sagen, die Studenten der Technischen Fachhochschule wohnen überwiegend im Sprengelkiez und essen regelmäßig vegane Würstchen, die sie aber gar nicht bezahlen können?
Oder was wollen Sie sagen?
Wissen Sie, dass ein Auto durchschnittlich 2,5 Parkplätze benötigt, dass ein Parkplatz gesetzlich vorgeschrieben 25qm Fläche einnimmt – und wer die 62,5 qm Parkplatzfläche je Auto bezahlt?
Wer braucht den meisten Platz? Und wer zahlt für seinen Platz Miete?
1. Das Auto,
2. der Fahrer dieses Autos?
3. Oder ein Auto-loser Bewohner dieses Kiezes?
So, so, Sie zahlen von Ihren Steuergeldern also Parkplätze für Automobile. Damit wollen Sie vermutlich sagen, Sie gehören zu jener Minderheit, die man als Nettosteuerzahler/beitragszahler bezeichnet und scharenweise das Land verläßt. Schön, daß Sie geblieben sind.
Genau genommen je Auto: 62,5 qm Parkplatzfläche x 5 (Geschosse einschl. Dachausbau im Sprengelkiez).
@ Wie groß ist Ihre Wohnung?
Ein wieviel Mehrfaches Ihrer Wohnung benötigt Ihr Auto?