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Selbstversuch beim offenen Lachtreff:
Selten so gelacht

16. März 2024
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Ein wenig Überwindung kostet es schon, zu einem Lachtreff zu gehen. Aber man kommt fröhlicher wieder raus als man reingegangen ist und lernt am Ende eine Menge gut gelaunter Leute kennen. Über einen Selbstversuch.

Lachyoga in der Waschküche mit Stephanie Esser (Mitte). Von den elf Teilnehmer:innen wollten jedoch nur zwei mit aufs Foto. Foto: privat
Lachyoga in der Waschküche mit Stephanie Esser (Mitte). Von den elf Teilnehmer:innen wollten jedoch nur zwei mit aufs Foto. Foto: privat

Draußen ist winterlich dunkel. In einem leeren, weiß gekachelten Raum treffen sich um halb sieben abends zehn Menschen gereiften Alters und eine Lehrerin mit Flip-Chart. Das hört sich nach Fortbildung oder nach Volkshochschul-Kurs an - ist aber erheblich lustiger. Stephanie Esser, die den Lachtreff in der Feldstraße an diesem Abend zum zweiten Mal anbietet, schafft es mit einer kindlichen Fröhlichkeit die zuerst zurückhaltend herumstehenden Frauen (und einen Mann) aus der Reserve zu locken.

Sie fängt mit Händeklatschen an. Klatschen, in die Hände klatschen. Da können alle mitmachen. Ja, aber auch das kann man lustvoller gestalten, meint Stephanie. Nicht klatschen wie am Konzertabend, sondern so, wie es die Kinder tun - mit er ganzen Handfläche, bringt uns die Kursleiterin bei. So kommt Freude auf. Und Lachen, lachen kann doch auch jede und jeder. Wenn man es sich traut, vor anderen Menschen, die man nicht kennt laut los zu lachen. Wir fangen deshalb mit einem einfachen „Ha“ an und steigern uns dann schnell über „Ha Ha“ zum herzhaften „Ha Ha Ha!“ Na also, geht doch! Aber zu früh gefreut. Lachen lernen ist eine ernste Angelegenheit. Stephanie schaut auf ihr strukturiertes Flip-Chart. Dort steht jetzt die Deklination des Gelernten in die fünf Lachvokale auf dem Programm: Ha Ha, He He, Hi Hi und so weiter. Und alle noch ein Mal: Ha Ha, He He….Ich fühle mich ein wenig wie in dem Loriot-Sketch „Das Jodeldiplom“. Gleich werden wir wohl das zweite Lach-Futur bei Sonnenaufgang beigebracht bekommen.

So steif wird es aber zum Glück nicht. Stephanie bringt uns in Bewegung. Alle laufen im Raum umher, schauen sich an und natürlich - lachen sich an. Und weiter mit Berührung: Finger ausstrecken, Finger berühren, sich anschauen und: lachen! Langsam klingt es nicht mehr so blechern, manchmal kommt auch mal ein Jauchzen dazwischen oder ein albernes Kichern. Und immer wichtig: Blickkontakt! Wie soll man sonst wissen, ob jemand mit einem lacht oder über einen? Ich begegne dankbaren Blicken, fröhlichen aber auch immer noch skeptischen und zögerlichen. Liegt das an mir? Wie hört sich denn mein Lachen an? Wie schaue ich denn? Doch bevor mich allzu viele Selbstzweifel plagen werden wir schon wieder durcheinander gewirbelt und mit neuen Gründen für`s Lachen versorgt. So geht das fast eine Stunde und am Ende haben alle mal mit allen gelacht und alle Körperteile sind einmal durchbewegt worden (keine Bange, keine Yoga-Übungen), nur der Kopf, der wird dadurch für eine Zeit lang ausgeschaltet. 

Doch wie alles Glück ist auch diese Freude endlich. Kaum hat Stephanie die letzte Übung von ihrem Flip-Chart abgelesen, werden alle wieder ruhig und reserviert. In dem weiß gekachelten Raum hält sich die Fröhlichkeit nicht lange. Wir helfen uns gegenseitig in unsere Wintermäntel und einige rauchen draußen noch eine Zigarette zusammen. Die Gesichter sind entspannt, doch schnell landen wir wieder bei schweren Themen von Politik und Alltag. Natürlich, denke ich, von ein Mal Jogging im Park wird man auch kein Marathonläufer. Dass unsere  Lachmuskeln regelmäßiges Training brauchen, hat uns Stephanie mit auf den Weg gegeben. Und jetzt haben wir gelernt, wie wir uns selber jederzeit einen Grund fürs Lachen verschaffen können.  Der Lachtreff in der  „Waschküche“ ist der einzige Ort im Wedding, wo man das regelmäßig trainieren kann. Wenn es nicht kostenlos wäre, würde ich jetzt nach dem Probetraining eine Zehnerkarte für das Studio buchen.

Lachyoga in der Waschküche

Offener Lachtreff - Lachyoga für alle mit Stephanie Esser
Jeden Mittwoch, 18.30–19.15 Uhr (außer Schulferien und Feiertage)
Nachbarschaftsraum Waschküche, Feldstraße 10

Kostenfrei und ohne Anmeldung - keine Vorkenntnisse nötig
Infos zu Anfahrt und Barrierefreiheit: https://waschkueche-brunnenviertel.de/kontakt

Blick in die Waschküche, wo der Lachtreff stattfindet. Foto: Rolf Fischer
Blick in einen Teil der Waschküche, in der der Lachtreff stattfindet. Foto: Rolf Fischer

Rolf Fischer

Ich lebe gerne im Wedding und schreibe über das, was mir gefällt. Manchmal gehe ich auch durch die Türen, die in diesem Teil der Stadt meistens offen stehen.

2 Comments

  1. Lieber Rolf,
    vielen Dank für deinen Erfahrungsbericht. Es gibt im Kreativhaus Fischerinsel in Mitte tatsächlich noch einen zweiten Lachtreff im Bezirk. (Ja, ich weiß, nicht Wedding.). Der kostet 5 € pro Abend, die 10er Karte kostet 50 €. Der findet auch mittwochs statt. allerdings von 19 – 20 Uhr.
    Einen Überblick über alle Gruppen in Berlin bietet die Initiative „Hauptstadt lacht“ (https://www.hauptstadt-lacht.de/) . Da steht auch: Der erste Sonntag im Mai ist Weltlachtag 🙂

  2. Herrlich das Lachyoga, dazu meine aktuelle Ausstellung in der Waschküche, zauberhaft, tolle Menschen dort kennen gelernt. Jeden Mittwoch 16-18 Uhr Nachbarschaftscafe und meine Bilder und Gedichte und die Bilder meines Enkels können betrachtet werden. Viel Spass beim Lachen, Schauen und Lesen. LG cita_art_
    #enkel 🔽
    http://time-berlin.beepworld.de

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