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Namensgeber für unsere Straßen:
Nach wem sind diese Straßen eigentlich benannt? (Teil 2)

12. Juli 2020

Foto: Samuel Orsenne bearbeitet: WeddingweiserUnse­re Serie: Im Afri­ka­ni­schen, im Eng­li­schen oder im Brüs­se­ler Vier­tel, aber auch im Brun­nen­vier­tel oder im Sol­di­ner Kiez sind vie­le Stra­ßen nach Län­dern, Orten oder mit Bezug auf Kriegs­schau­plät­ze benannt. Da kann man schon eine klei­ne Welt­rei­se machen. So man­cher Stra­ßen­na­me im Wed­ding und Gesund­brun­nen klingt merk­wür­dig. Nicht weni­ge sind nach Per­so­nen benannt. Wer dahin­ter steckt, dürf­te aller­dings kaum jemand wis­sen. Wir erklä­ren euch kurz, mit wem wir es da zu tun haben.

Als vor dem 1. Welt­krieg Stra­ßen zu benen­nen waren, ent­schied man sich erneut für Per­sön­lich­kei­ten, die in Ber­lin beson­de­re Erfin­dun­gen getä­tigt oder sich um Kunst und Wis­sen­schaft ver­dient gemacht hat­ten. Zwi­schen Naue­ner Platz und Bad­stra­ße wur­den vier Stra­ßen nach Schrift­stel­lern benannt, ohne jeden Bezug zum Wedding.

Schriftstellerviertel

Straßenschild Martin-Opitz-StraßeMar­tin-Opitz-Stra­ße seit 1906

Der Schrift­stel­ler, Jurist und Phi­lo­lo­ge Mar­tin Opitz von Bober­feld, * 1597 in Schle­si­en, + 1639 Dan­zig absol­vier­te ein Jura­stu­di­um in Frank­furt (Oder). Dort gab er bereits eine Samm­lung latei­ni­scher Gedich­te her­aus. Nach Sta­tio­nen in Süd­deutsch­land und in Öster­reich-Ungarn nahm Opitz 1634 kurz in Ber­lin Auf­ent­halt. 163738 wur­de er vom pol­ni­schen König zum König­li­chen His­to­rio­gra­phen ernannt.  Von den Zeit­ge­nos­sen als Dich­ter bewun­dert, lag sei­ne Bedeu­tung für die deut­sche Lite­ra­tur mehr auf dem Feld der Lite­ra­tur­theo­rie und der Erhal­tung einer deutsch­spra­chi­gen Poe­sie in den Wir­ren des Drei­ßig­jäh­ri­gen Krie­ges, des­sen Ende – er starb 1639 an der Pest – er nicht mehr erle­ben konn­te. 1690 erschie­nen in Bres­lau pos­tum drei Bän­de sei­ner Werke.

Gott­sched­stra­ße seit 1906

Der Schrift­stel­ler Johann Chris­toph Gott­sched, , * 1700 Judit­ten­kir­chen b. Königs­berg, + 1766 Leip­zig, begann 1714 ein Stu­di­um in Königs­berg. Seit 1734 war Gott­sched ordent­li­cher Pro­fes­sor in Leip­zig. In den Jah­ren von 1734 bis 1766 hat­te er fünf­mal das Amt des Rek­tors der Uni­ver­si­tät Leip­zig inne. Beson­de­re Ver­diens­te erwarb er sich um die Fest­le­gung der deut­schen Schrift­spra­che. 1730 war sein Buch “Ver­such einer cri­ti­schen Dicht­kunst vor die Deut­schen” erschienen.

Sche­rer­stra­ße seit 1906,

Der Ger­ma­nist und Schrift­stel­ler Wil­helm Sche­rer, * 1841 Öster­reich, + 1886 Ber­lin, stu­dier­te 1858 Phi­lo­lo­gie an der Uni­ver­si­tät Wien. 1864 habi­li­tier­te er sich in Wien und wur­de dort auch ordent­li­cher Pro­fes­sor. 1872 ging er an die Uni­ver­si­tät nach Straß­burg, und 1877 wur­de er auf den neu­en­Lehr­stuhl für neue­re deut­sche Lite­ra­tur an die Ber­li­ner Uni­ver­si­tät beru­fen. Er wur­de Mit­glied der König­li­chen Preu­ßi­schen Aka­de­mie der Wis­sen­schaft und Vize­prä­si­dent der Goe­the-Gesell­schaft. 1880–1883 kam sei­ne „Geschich­te der deut­schen Lite­ra­tur“ her­aus, die in der Fach­welt ihrer Soli­di­tät der Unter­su­chun­gen wegen gro­ße Auf­merk­sam­keit erreg­te. Sche­rer war 1874 einer der Grün­der der peri­odisch wei­ter­ge­führ­ten Samm­lung „Quel­len und For­schun­gen zur Sprach- und Kul­tur­ge­schich­te der ger­ma­ni­schen Völker“.

Born­emann­stra­ße seit 1910

Der Schrift­stel­ler Johann Wil­helm Jakob Born­emann, * 1766 Gar­de­le­gen, + 1851 Ber­lin schrieb „Platt­deut­sche Gedich­te”. Sein Lied „Im Wald und auf der Hei­de“ ist noch heu­te bekannt und gehört zum Schatz der deut­schen Volks­lie­der. Born­emann woll­te ursprüng­lich Theo­lo­ge wer­den, schlug aber die Ver­wal­tungs­lauf­bahn ein, wo er es bis zum Gene­ral­di­rek­tor der Preu­ßi­schen Staats­lot­te­rie brachte.


Vielseitig talentierte Menschen

Gro­pi­us­stra­ße seit 1891

Den Gro­pi­us­bau kennt man – denn die­ser wur­de von die­sem 1824 gebo­re­nen Archi­tek­ten Mar­tin Gro­pi­us als Kunst­ge­wer­be­mu­se­um ent­wor­fen. Eigent­lich soll­te Gro­pi­us die väter­li­che Fabrik über­neh­men. Des­halb absol­vier­te er eine gewerb­li­che Aus­bil­dung, wech­sel­te aber ins Bau­fach, wo er 1855 erfolg­reich die Bau­meis­ter­prü­fung ableg­te und danach an der Bau­aka­de­mie. lehr­te. Gro­pi­us war Mit­glied des Senats der Aka­de­mie der Küns­te und lei­te­te alle Kunst­schu­len in Preu­ßen. 1880 starb er in Berlin.

Orth­stra­ße seit 1902

Der Archi­tekt August Fried­rich Wil­helm Orth, * 1828 , + 1901 Ber­lin, leg­te 1858 sei­ne Bau­meis­ter­prü­fung ab. 1872–1877 war er Vor­stands­mit­glied des Archi­tek­ten-Ver­eins und wur­de 1878 Mit­glied der Aka­de­mie der Küns­te. Orth zähl­te zu den Mit­be­grün­dern der Ver­ei­ni­gung Ber­li­ner Archi­tek­ten und wur­de spä­ter ihr Vor­sit­zen­der.  Zu sei­nen Leis­tun­gen zäh­len zwei Paten­te zur Ver­bes­se­rung der Akus­tik und zum Gewöl­be­bau. Er ent­warf und erbau­te u. a. die Wed­din­ger Dan­kes­kir­che (zer­stört), die Wed­din­ger Him­mel­fahrts­kir­che (zer­stört) und die Zions­kir­che. An der Brun­nen­stra­ße errich­te­te er den Ber­li­ner Vieh­markt. Die Orth­stra­ße ist heu­te eine der kür­zes­ten Stra­ßen Ber­lin und ver­läuft hin­ter dem Amts­ge­richt an der Panke.

Schön­stedt­stra­ße seit 1902

Der Jurist und Poli­ti­ker Karl Hein­rich von Schön­stedt, * 1833, + 1924 Ber­lin, war beim Appel­la­ti­ons­ge­richt in Hamm, spä­ter bei der Staats­an­walt­schaft in Essen beschäf­tigt. Zwi­schen 1894 und 1905 war er preu­ßi­scher Staats- und Jus­tiz­mi­nis­ter. 1895 wur­de er Mit­glied des Her­ren­hau­ses und Kron­syn­di­kus auf Lebens­zeit. 1911 erhielt er den erb­li­chen Adels­ti­tel verliehen.

Bas­ti­an­stra­ße seit 1906

Der Eth­no­lo­ge Adolf Bas­ti­an, * 1826 Bre­men, + 1905 Tri­ni­dad war stu­dier­ter Medi­zi­ner und unter­nahm von 1851 bis 1859 aus­ge­dehn­te For­schungs­rei­sen nach Aus­tra­li­en, Ozea­ni­en, Nord‑, Süd- und Mit­tel­ame­ri­ka, Süd- und Süd­ost­asi­en, Vor­der­asi­en, Ägyp­ten, Süd- und West­afri­ka. 1860 gab er „Der Mensch in der Geschich­te“ her­aus. Seit 1868 war er Direk­tor des von ihm gegrün­de­ten Ber­li­ner Muse­ums für Völ­ker­kun­de. 1873 über­nahm er die Lei­tung der Afri­ka­ni­schen Gesell­schaft in Deutsch­land. Bas­ti­an gilt als der Begrün­der der moder­nen Völkerkunde.

Span­heim­stra­ße seit 1910

Der Diplo­mat und Poli­ti­ker Eze­chi­el Reichs­frei­herr von Span­heim,* 1629 Genf, + 1710 Lon­don stu­dier­te ab 1642 an der Uni­ver­si­tät Lei­den. 1680 wech­sel­te er in kur­bran­den­bur­gi­sche Diens­te und wirk­te als Gesand­ter am fran­zö­si­schen Hof. Ab 1689 war er Lei­ter der fran­zö­si­schen Kolo­nien im Kur­fürs­ten­tum Bran­den­burg. Bis 1697 hielt sich Span­heim in Ber­lin auf. Er war gemein­sam mit Leib­niz Begrün­der der Aka­de­mie der Wis­sen­schaf­ten in Berlin.

Euler­stra­ße seit 1910

Der Schwei­zer Mathe­ma­ti­ker und Phyas­iker Leon­hard Euler, * 1707, + 1783 St. Peters­burg, stamm­te aus einer Base­ler Gelehr­ten­fa­mi­lie. 1727 traf er in St. Peters­burg ein. Hier lehr­te und forsch­te Euler und erhielt 1730 eine Pro­fes­sur für Phy­sik.  Nach Ber­lin geru­fen, war er von 1741 bis 1766 als Direk­tor der mathe­ma­ti­schen Klas­se der Aka­de­mie der Wis­sen­schaf­ten tätig. Euler publi­zier­te sowohl auf mathe­ma­ti­schem als auch auf mecha­ni­schem, musik­theo­re­ti­schem und astro­no­mi­schem Gebiet. 1766 kehr­te Euler nach St. Peters­burg zurück. Er galt als der bedeu­tends­te Mathe­ma­ti­ker des 18. Jahr­hun­derts, bekannt für die Euler­sche Zahl.


Künstler

Graun­stra­ße seit 1894

Der Kom­po­nist Carl Hein­rich Graun, 1704 – 1759, war bis 1720 Schü­ler an der Kreuz­schu­le Dres­den. 1725 trat er in Braun­schweig als Opern­te­nor auf, ab 1735 war Graun bei Fried­rich dem Gro­ßen enga­giert und wirk­te ab 1740 als Hof­ka­pell­meis­ter in Ber­lin. 1742 wur­de das Opern­haus Unter den Lin­den mit sei­ner Oper „Cesa­re e Cleo­pa­tra“ eröff­net. Graun ver­fass­te 34 Opern, dar­un­ter „Mon­te­zu­ma“.

Lortzing­stra­ße seit 1895

Der Kom­po­nist Gus­tav Albert Lortzing, * 1801 , + 1851, brach­te 1826 bis 1833 ers­te Wer­ke zur Auf­füh­rung. Er war auch als Sän­ger und Schau­spie­ler in Düs­sel­dorf, Köln und Leip­zig enga­giert. Spä­ter wirk­te Lortzing als Kapell­meis­ter am Leip­zi­ger Hof­thea­ter und im Thea­ter an der Wien. 1850 wur­de er Kapell­meis­ter am Fried­rich-Wil­helm­städ­ti­schen Thea­ter in Ber­lin. Er schrieb zum Teil die Libret­ti sei­ner Opern selbst. Sei­ne Wer­ke wur­den auch wegen ihrer volks­tüm­li­chen Art sehr bekannt. Er gilt für die ers­te Hälf­te des 19. Jahr­hun­derts als der bekann­tes­te Ver­tre­ter der hei­ter-volks­tüm­li­chen deut­schen Spiel­oper. Zu sei­nen Wer­ken gehö­ren die Opern „Zar und Zim­mer­mann“ (1837), „Hans Sachs“ (1840), „Der Wild­schütz“ (1842), die Mär­chen­oper „Undi­ne“ (1845) und „Der Waf­fen­schmied“ (1846).

Gleim­stra­ße seit 1892

Johann Wil­helm Lud­wig Gleim, 1719 – 1813, besuch­te die Schu­le in Wer­ni­ge­ro­de und stu­dier­te Jura und Phi­los­phie in Hal­le. 1740 war er als Haus­leh­rer in Pots­dam tätig. Als Sekre­tär des Prin­zen Wil­helm Hein­rich von Bran­den­burg-Schwedt nahm Gleim am Schle­si­schen Krieg teil. In Ber­lin fand Gleim einen Kreis gleich­ge­sinn­ter Dich­ter und Phi­lo­so­phen. 1747 wur­de Gleim Sekre­tär des Dom­ka­pi­tels in Hal­ber­stadt. 1756 erhielt er das Kano­ni­kat des Stifts Wal­beck bei Helm­stedt, sodass er finan­zi­ell gesi­chert sei­nen Traum vom Leben als Dich­ter und För­de­rer der Kunst rea­li­sie­ren konn­te. 1756 erschien sein ers­tes Buch mit Fabeln. Der als Papa Gleim ver­ehr­te Dich­ter ver­öf­fent­lich­te in der Fol­ge­zeit vie­le Lie­der und Gedicht­samm­lun­gen und war als lite­ra­ri­scher Ver­mitt­ler tätig.

Ram­ler­stra­ße seit 1892

Der 1725 gebo­re­ne Auf­klä­rer Karl Wil­helm Ram­ler, 1725 – 1798 , kam 1745 erst­mals nach Ber­lin, wo er auch Lud­wig Gleim ken­nen­lern­te, der ihm eine Haus­leh­rer­stel­le in Wer­neu­chen ver­schaff­te. 1747 kam er wie­der nach Ber­lin zurück und lehr­te ab 1748 Phi­lo­so­phie an der Kadet­ten­schu­le, Neue Fried­rich­stra­ße. Ab 1786 ordent­li­ches Mit­glied der Aka­de­mie der Küns­te und Mecha­ni­schen Wis­sen­schaf­ten, spä­ter auch Mit­glied der Aka­de­mie der Wis­sen­schaf­ten, wur­de Ram­ler 1790 einer der Direk­to­ren der König­li­chen Schauspiele.

Im drit­ten Teil geht es Mili­tärs und beson­de­re Persönlichkeiten. 

weddingweiserredaktion

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