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Mehr als ein Garten: Das ist Stadtnatur!

20. Juni 2018
Führung im Himmelbeet: Toni Karge erklärt den Zuhörern das Projekt. Foto: Hensel
Füh­rung im Him­mel­beet: Toni Kar­ge erklärt den Zuhö­rern das Pro­jekt. Foto: Hensel

Am Leo­pold­platz ist mit dem Him­mel­beet seit 2013 eine grü­ner und sehr leben­di­ger Ort mit­ten im Wed­ding gewach­sen. Auf 1700 Qua­drat­me­tern wird in der Ruhe­platz­stra­ße 12 nicht nur gepflanzt, gegos­sen und geern­tet. Über die viel­fäl­ti­gen Nut­zun­gen und die Ent­ste­hung des Gemein­schafts­gar­tens woll­ten am Sonn­tag (17.6.) beim Lan­gen Tag der Stadt­na­tur vie­le Men­schen aus der gan­zen Stadt ganz viel wis­sen. Dabei ging es auch um die unge­wis­se Zukunft des Projekts.

Urbane Gärten früher und heute

Schild mit den Öffnungszeiten des Gemeinschaftsgarten Himmelbeet. Foto: Hensel
Schild mit den Öff­nungs­zei­ten. Foto: Hensel

Der Titel „Urba­ne Gär­ten und Stadt­ent­wick­lung: Ein Rund­gang durch Beet und Bau­lü­cke“ gab die Rich­tung der Füh­rung durch den Gar­ten vor. Toni Kar­ge vom Him­mel­beet-Team, selbst Stadt­pla­ner und Stadt­for­scher, führ­te die fast 30 Teil­neh­mer an den fast 300 Hoch­bee­ten vor­bei durch den Gar­ten. Vor allem aber nahm er sie mit in die Welt der Stadt­pla­ner. Er skiz­zier­te die Geschich­te der urba­nen Gär­ten seit dem Mit­tel­al­ter und vor allem seit der Zeit der Indus­tria­li­sie­rung. Er schlug einen Bogen von den Gär­ten, die bei einer Bela­ge­rung der Stadt als Lebens­mit­tel­lie­fe­ran­ten gute Diens­te leis­te­ten, bis zu den Erho­lungs­flä­chen für Fabrikarbeiter.

Nach die­sem inter­es­san­ten Aus­flug in die Ver­gan­gen­heit kam er zurück in die Gegen­wart: „Wir sind in einer Pha­se des neu­en Stadt­wachs­tums. Ber­lin wächst wie­der, die Frei­flä­chen wer­den weni­ger, es besteht gro­ßer Druck auf den Woh­nungs­markt“, fasst er die Lage zusam­men. Wohn­raum wird benö­tigt und Infra­struk­tur (Schu­len, Kitas, Sport­flä­chen …) eben­falls, wes­halb Frei­flä­chen ste­tig weni­ger würden.

Berliner wächst – wo bleiben die Grünflächen?

Beet im Gemeinschaftsgarten Himmelbeet in der Ruheplatzstraße 12. Foto: Hensel
Beet im Gemein­schafts­gar­ten. Foto: Hensel

Die Teil­neh­mer der Füh­rung durf­ten sich an der Fra­ge ver­su­chen: Was tun? Und wie kön­nen die Grün­flä­chen (Bra­chen, Parks, Grün­an­la­gen, Gar­ten­pro­jek­te) trotz­dem erhal­ten blei­ben? Die Dis­kus­si­on im Gar­ten zeig­te, dass es durch­aus Ideen gibt: höher bau­en, an den Stadt­rän­dern bau­en, die Stadt ver­dich­ten. „Die eine Ant­wort gibt es nicht“, sag­te Toni Kar­ge. Viel­mehr gebe es vie­le Räd­chen, an denen man dre­hen müs­se. Ein von ihm vor­ge­stell­tes Rezept ist die Mul­ti­co­die­rung vom Flä­chen, die Mehr­fach­nut­zun­gen sinn­voll vereint.

Himmelbeet: Mehr als ein Garten

Lehmbackofen im Himmelbeet. Foto: Hensel
Lehm­back­ofen im Him­mel­beet. Foto: Hensel

Toni Kar­ge beschrieb anschlie­ßend das Him­mel­beet sehr enga­giert als genau­so eine mul­ti­co­dier­te Flä­che. In den 300 Hoch­bee­ten kön­nen gegärt­nert wer­den, am Beet ent­stün­den Mög­lich­kei­ten des Aus­tauschs, es gebe Platz für nach­hal­ti­ge Idee wie das ver­pa­ckungs­ar­me Café im Gar­ten. Dar­über sei der Gar­ten ein Ort für Ver­an­stal­tun­gen, aber auch Dienst­leis­ter. So hat das Him­mel­beet bei­spiels­wei­se in der Gro­pi­us­stadt für das städ­ti­sche Woh­nungs­bau­un­ter­neh­men Dege­wo einen Gar­ten auf­ge­baut. Das Him­mel­beet gebe ver­schie­de­nen Grup­pen am Leo­pold­platz Raum – für eine Fahr­rad­werk­statt, das Backen im Lehm­back­ofen, für das Schnup­per­gärt­nern von Kitas und für vie­les mehr. „Das Him­mel­beet ist ein selbst­ver­wal­te­ter Mög­lich­keits­raum“, fass­te Toni Kar­ge zusammen.

Zukunft des Gartens: ungewiss

Besucher im Himmelbeet. Foto: Hensel
Besu­cher schau­en in den Gar­ten. Foto: Hensel

Wäh­rend der Blick bei der Füh­rung ganz grund­sätz­lich über urba­nen Räu­men wan­der­te, ging es zum Schluss um die Zukunft des Him­mel­beets selbst. Der Gemein­schafts­gar­ten nutzt die Flä­che des Bezirks Mit­te seit 2013 – als Zwi­schen­nut­zung. Die Flä­che ist als soge­nann­te Vor­hal­te­flä­che für Sport aus­ge­wie­sen. Als sich dann aber der Ver­ein Amandla EduFoot­ball mel­de­te, der mit der Oli­ver-Kahn-Stif­tung auf der Flä­che ein Fuß­ball-Bil­dungs­zen­trum errich­ten woll­te, stimm­te der Bezirk Mit­te zu. Bau­be­ginn soll­te bereits in die­sem Herbst sein. Seit­dem ist unklar, was aus dem Him­mel­beet wird. Zwei Ersatz­flä­chen wur­den ange­bo­ten, eine gemein­sa­me Nut­zung der Flä­che für Fuß­ball und Gärt­nern wur­de eben­falls ins Gespräch gebracht. Die Bezirks­ver­ord­ne­ten­ver­samm­lung hat­te sich im Mai 2016 ein­stim­mig für die Dop­pel­nut­zung und somit für den Erhalt des Him­mel­beets aus­ge­spro­chen. Gesche­hen sei bis­her jedoch nichts, was dem Him­mel­beet Sicher­heit ver­spricht. „Wir haben aktu­ell einen Ver­trag bis 31. Okto­ber. Wir wis­sen nicht, wie es wei­ter geht“, sag­te Toni Karge.

Ob dies die letz­te Sai­son des Him­mel­beets in der Ruhe­platz­stra­ße ist, konn­te Toni Kar­ge den Besu­chern am Sonn­tag nicht sagen. Sowohl die SPD-Abge­ord­ne­te Maja Lasic, die als Unter­stüt­ze­rin und Beglei­te­rin der Tour gekom­men war, als auch die fast 30 Besu­cher aus der gan­zen Stadt teil­ten die Hoff­nung des Gemein­schafts­gar­ten-Pro­jekts: Viel­leicht ver­zö­gert sich der Bau­be­ginn, viel­leicht kann das Him­mel­beet noch eine wei­te­re Sai­son blei­ben, viel­leicht … gibt es noch eine gute Wendung.

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–> Zum The­ma urba­ne Gär­ten und Stadt­ent­wick­lung ist noch ein Kom­men­tar erschienen.

Domi­ni­que Hen­sel  beglei­tet die Ent­wick­lung im Gemein­schafts­gar­ten Him­mel­beet von Beginn an und hofft, dass es noch zu einer Lösung kommt und der Gar­ten am Stand­ort oder zumin­dest in der nähe­ren Umge­bung erhal­ten blei­ben kann. 

Dominique Hensel

Dominique Hensel lebt und schreibt im Wedding. Jeden zweiten Sonntag gibt sie hier den Newsüberblick für den Stadtteil. Die gelernte Journalistin schreibt für den Blog gern aktuelle Texte - am liebsten zu den Themen Stadtgärten, Kultur, Nachbarschaft und Soziales. Hyperlokal hat Dominique es auf jeden Fall am liebsten und beim Weddingweiser ist sie fast schon immer.

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