Am Leopoldplatz ist mit dem Himmelbeet seit 2013 eine grüner und sehr lebendiger Ort mitten im Wedding gewachsen. Auf 1700 Quadratmetern wird in der Ruheplatzstraße 12 nicht nur gepflanzt, gegossen und geerntet. Über die vielfältigen Nutzungen und die Entstehung des Gemeinschaftsgartens wollten am Sonntag (17.6.) beim Langen Tag der Stadtnatur viele Menschen aus der ganzen Stadt ganz viel wissen. Dabei ging es auch um die ungewisse Zukunft des Projekts.
Urbane Gärten früher und heute
Der Titel „Urbane Gärten und Stadtentwicklung: Ein Rundgang durch Beet und Baulücke“ gab die Richtung der Führung durch den Garten vor. Toni Karge vom Himmelbeet-Team, selbst Stadtplaner und Stadtforscher, führte die fast 30 Teilnehmer an den fast 300 Hochbeeten vorbei durch den Garten. Vor allem aber nahm er sie mit in die Welt der Stadtplaner. Er skizzierte die Geschichte der urbanen Gärten seit dem Mittelalter und vor allem seit der Zeit der Industrialisierung. Er schlug einen Bogen von den Gärten, die bei einer Belagerung der Stadt als Lebensmittellieferanten gute Dienste leisteten, bis zu den Erholungsflächen für Fabrikarbeiter.
Nach diesem interessanten Ausflug in die Vergangenheit kam er zurück in die Gegenwart: „Wir sind in einer Phase des neuen Stadtwachstums. Berlin wächst wieder, die Freiflächen werden weniger, es besteht großer Druck auf den Wohnungsmarkt“, fasst er die Lage zusammen. Wohnraum wird benötigt und Infrastruktur (Schulen, Kitas, Sportflächen …) ebenfalls, weshalb Freiflächen stetig weniger würden.
Berliner wächst – wo bleiben die Grünflächen?
Die Teilnehmer der Führung durften sich an der Frage versuchen: Was tun? Und wie können die Grünflächen (Brachen, Parks, Grünanlagen, Gartenprojekte) trotzdem erhalten bleiben? Die Diskussion im Garten zeigte, dass es durchaus Ideen gibt: höher bauen, an den Stadträndern bauen, die Stadt verdichten. „Die eine Antwort gibt es nicht“, sagte Toni Karge. Vielmehr gebe es viele Rädchen, an denen man drehen müsse. Ein von ihm vorgestelltes Rezept ist die Multicodierung vom Flächen, die Mehrfachnutzungen sinnvoll vereint.
Himmelbeet: Mehr als ein Garten
Toni Karge beschrieb anschließend das Himmelbeet sehr engagiert als genauso eine multicodierte Fläche. In den 300 Hochbeeten können gegärtnert werden, am Beet entstünden Möglichkeiten des Austauschs, es gebe Platz für nachhaltige Idee wie das verpackungsarme Café im Garten. Darüber sei der Garten ein Ort für Veranstaltungen, aber auch Dienstleister. So hat das Himmelbeet beispielsweise in der Gropiusstadt für das städtische Wohnungsbauunternehmen Degewo einen Garten aufgebaut. Das Himmelbeet gebe verschiedenen Gruppen am Leopoldplatz Raum – für eine Fahrradwerkstatt, das Backen im Lehmbackofen, für das Schnuppergärtnern von Kitas und für vieles mehr. „Das Himmelbeet ist ein selbstverwalteter Möglichkeitsraum“, fasste Toni Karge zusammen.
Zukunft des Gartens: ungewiss
Während der Blick bei der Führung ganz grundsätzlich über urbanen Räumen wanderte, ging es zum Schluss um die Zukunft des Himmelbeets selbst. Der Gemeinschaftsgarten nutzt die Fläche des Bezirks Mitte seit 2013 – als Zwischennutzung. Die Fläche ist als sogenannte Vorhaltefläche für Sport ausgewiesen. Als sich dann aber der Verein Amandla EduFootball meldete, der mit der Oliver-Kahn-Stiftung auf der Fläche ein Fußball-Bildungszentrum errichten wollte, stimmte der Bezirk Mitte zu. Baubeginn sollte bereits in diesem Herbst sein. Seitdem ist unklar, was aus dem Himmelbeet wird. Zwei Ersatzflächen wurden angeboten, eine gemeinsame Nutzung der Fläche für Fußball und Gärtnern wurde ebenfalls ins Gespräch gebracht. Die Bezirksverordnetenversammlung hatte sich im Mai 2016 einstimmig für die Doppelnutzung und somit für den Erhalt des Himmelbeets ausgesprochen. Geschehen sei bisher jedoch nichts, was dem Himmelbeet Sicherheit verspricht. „Wir haben aktuell einen Vertrag bis 31. Oktober. Wir wissen nicht, wie es weiter geht“, sagte Toni Karge.
Ob dies die letzte Saison des Himmelbeets in der Ruheplatzstraße ist, konnte Toni Karge den Besuchern am Sonntag nicht sagen. Sowohl die SPD-Abgeordnete Maja Lasic, die als Unterstützerin und Begleiterin der Tour gekommen war, als auch die fast 30 Besucher aus der ganzen Stadt teilten die Hoffnung des Gemeinschaftsgarten-Projekts: Vielleicht verzögert sich der Baubeginn, vielleicht kann das Himmelbeet noch eine weitere Saison bleiben, vielleicht … gibt es noch eine gute Wendung.
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–> Zum Thema urbane Gärten und Stadtentwicklung ist noch ein Kommentar erschienen.
Dominique Hensel begleitet die Entwicklung im Gemeinschaftsgarten Himmelbeet von Beginn an und hofft, dass es noch zu einer Lösung kommt und der Garten am Standort oder zumindest in der näheren Umgebung erhalten bleiben kann.