Kolumne Mehr als 10.000 Leihräder gibt es derzeit in Berlin. Neuerdings stehen sie auch in Teilen des Wedding in verschiedensten Farben und Ausführungen auf den Gehwegen. Noch haben wir Weddinger offenbar nicht verstanden, was mit den rollenden Dingern zu tun ist. Sie stehen überwiegend ungenutzt herum. Aber auch wenn wir noch unentschlossen oder unwissend sind, finden wir die bunten Leihräder toll und rufen heute den Anbietern zu: schickt uns mehr!
Ich stelle mir vor wie irgendwo in China ein geschäftstüchtiger Chinese in seinem schicken Eckbüro mit Panoramablick auf Peking oder Shanghai sitzt und über das ferne Berlin nachdenkt. Erst meditiert er ein wenig über dem Stadtplan, um dann plötzlich mit seinem geschäftstüchtigen Zeigefinger auf die Mitte der Stadt zu zeigen: da müssen Leihräder hin! Also schickt der geschäftstüchtige Chinese Leihräder, sehr viele Leihräder über den Ozean und platziert sie genau im Zentrum von Berlin. Am Vinetaplatz, in der Max-Urich-Straße, in der Togostraße und natürlich am Pekinger Platz. Aus der Perspektive des geschäftstüchtigen Chinesen sind diese Straßen tatsächlich genau in der Mitte der deutschen Hauptstadt.
Mir tut der Chinese in seinem schicken Büro ein bisschen leid. Denn würde er sehen, was ich sehe und würde er wissen, was ich weiß, hätte er seine Leihräder woanders platziert. In der Friedrichstraße vielleicht oder irgendwo im Friedrichshain oder in Prenzlauer Berg. Wahrscheinlich weiß er nichts von der Bezirksreform, die Wedding interessanterweise zu Mitte machte. Und er ahnt vermutlich auch nicht, dass wir Weddinger ganz andere Probleme und Wünsche haben.
Vielleicht sollte ich einen Brief nach Peking oder Shanghai schreiben. Ich könnte für den ersten Schwung Leihräder danken. Und vielleicht könnte ich für die zweite Lieferung noch einige Wünsche äußern. Es gibt meiner Meinung nach für dieses Marktsegment nämlich noch hübsche Ideen. So könnte der Chinese neben den normalen Leihrädern für Erwachsene noch Kinderleihräder in verschiedenen Größen schicken. Die könnten vor jeder Kita stehen. Vor den Schulen wären BMX-Leihräder toll, vor den Supermärkten Lastenräder. Im Humboldthain und in den Rehbergen könnten Einräder zum Ausleihen für viel Freude sorgen. Vor die Standesämter gehören natürlich Tandems. Auch Leih-Bierbikes wären vielleicht eine Idee. Sie könnten im Sommer mit Grillbikes kombiniert werden.
Ganz am Ende des Briefes wäre hoffentlich noch Platz für einen persönlichen Wunsch: Ich hätte nämlich so gern ein sonnengelbes Leihrad, in Weddingweiser-Gelb. Dafür könnte mein Lieblingsblog dann die Patenschaft übernehmen. Mit dem sonnengelben, internetfähigen Rad mit Weddingweiser-Logo fahre ich dann jeden Tag durchs Afrikanische Viertel und über den Leopoldplatz zu den Gerichtshöfen. Oder vom Soldiner Kiez in die Triftstraße. Und dann mache ich jeden Tag ein Selfie und schicke meinen Dank nach China.
PS: Vor einem Jahr haben wir das Thema noch ganz anders beschrieben. Jetzt sind sie uns zu viel, damals hatten wir Angst, keine abzubekommen. So kann es gehen …
Also, wenn ich bei uns aus dem Fenster schaue sehe ich drei Mieträder. Die stehen auf dem Bürgersteig. Ganz normal. Am Rand. Und ich sehe etwa 50 Autos. Die stehen am Straßenrand. Dicht an dicht. So dass man als Fußgänger kaum durch kommt, geschweige denn mit Kinderwagen oder Rollstuhl. Dann muss man ans Ende der Straße und hoffen, dass nicht wieder jemand sein Auto direkt auf der Ecke geparkt hat. Oder, die der Amazon Fahrer, der drei Häuser weiter wohnt, nicht gleich direkt auf dem Gehweg. Mitten drauf. Und die Mieträder sollen das Problem sein?
Sie sind sicherlich nicht DAS Problem. Aber in Teilen des Wedding, besonders im südlichen Teil, stehen wirklich enorm viele herum. Uns war es zumindest eine Erwähnung wert, dass es immer mehr werden. Und es sind ja auch schon weitere angekündigt worden. Leihräder sind eine gute Sache. Die Frage ist nur, warum sie nicht etwas besser dosiert werden.
Ich benutze diese Leihräder sehr häufig. Habe aber generell ein Problem mit den neu auf den Markt gestossenen Rädern von irgendwelchen StartUps, welche über nacht die Kieze damit zupflastern oder aber mit denen von LIDL Bike, welche herrenlos die Wege zupflasterm.
Für mich kommt deshalb nur nextbike in Frage. Weil sie sich von den Bezirken entsprechende Genehmigungen holen um Stationen aufbzubauen, welche sie dann, sofern diese leer sind, mit unbenutzten Rädern auffüllen. Also ihre Räder einsammeln und umverteilen.
NaJa – für diesen “Service” kassiert Nextbike ja auch jährlich 1,5 Mio. vom Senat.
Schlimm nur, dass sich die anderen Anbieter um den Zustand und den Abstellort der Räder einen Schei… kümmern und alles laufen lassen…
M.E. würden ein oder zwei Anbieter – vernünftig aufgestellt und ARBEITEND – locker ausreichen. Da kann man auf diese vollgummibereiften, bunten Blödmannsräder locker verzichten!
Der wichtigste Teil des Artikels steht im P.S.! Für alle, die sich nicht bis dahin durchgequält haben…
“Jetzt sind sie uns zu viel,..”
Diese bunten Dinger sind die PEST und dadurch, dass die Räder einfach in die Gegend gestellt werden – ohne Rücksicht darauf, ob man als Fußgänger (z.B. mit Kinderwagen, Rollator, Gehilfe) noch durchkommt – hasse ich sie noch mehr.
Darüber hinaus kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass Berlin zum reinsten Verkehrsübungsplatz für bis dato NICHT-fahrradfahrende Touristen wird. Die wackeln sich durch den Strassenverkehr oder über die Bürgersteige und haben keine Ahnung, wie es richtig geht.
Und diese bunten Billigräder befördern diesen Trend – GRAUSAM!!
Wunderbar Dominique!!