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Kommentar zur Lebensmittelverschwendung

23. Oktober 2018

Mei­nung Es war einer die­ser Aben­de, an denen alles mit einem unver­fäng­li­chen Gespräch zwi­schen Frem­den begann und mit einer lee­ren Wein­fla­sche ende­te. Irgend­wann dreh­te sich das Gespräch um die Ver­schmut­zung der Mee­re, Kli­ma­wan­del und das eige­ne Kon­sum­ver­hal­ten. Hit­zig wur­den Maß­nah­men debat­tiert, für die jedoch immer ein Gegen­ar­gu­ment in irgend­ei­nem Teil der Wert­schöp­fungs­ket­te lau­er­te. Fast zynisch schau­ten wir alle auf die lee­re Fla­sche Wein, bis sich eine der Betei­lig­ten ver­ab­schie­de­te: „Das, was momen­tan pas­siert, ist schreck­lich, aber was kann ich tun?“

Da war es wie­der: Die­ses Gefühl der Ohn­macht, das uns nach Kata­stro­phen­be­rich­ten genau­so ein­holt wie der stei­gen­de Mee­res­spie­gel. Doch seit 2012, lie­be Kon­su­men­ten, soll­te das Gefühl zumin­dest in Sachen Lebens­mit­tel­ver­schwen­dung ein Ende haben. Denn das Bun­des­land­wirt­schafts­mi­nis­te­ri­um grün­de­te die Initia­ti­ve Zu gut für die Ton­ne!. Mit Zah­len, Wis­sens­test und Rat­ge­bern wen­det es sich an eine Ziel­grup­pe: den End­ver­brau­cher. Haupt­grün­de für unnö­ti­ges Weg­schmei­ßen sei­en laut einer Stu­die der Uni Stutt­gart die man­geln­de Wert­schät­zung der ver­gleichs­wei­se güns­ti­gen Lebens­mit­tel, aber auch die Fehl­pla­nung beim Ein­kauf und Kochen. Ein wich­ti­ger Schritt in Punk­to Bewusst­seins­wan­del – und ja, mir ist jetzt auch bewusst, dass ich öfter in den Kühl­schrank schau­en soll­te, damit ich weiß, wel­che Lebens­mit­tel noch vor­rä­tig sind. Trotz­dem lan­det bei uns heu­te noch ein Drit­tel aller Lebens­mit­tel im Müll, die Hälf­te davon wäre ver­meid­bar. Es sind jähr­lich 55 Kilo Lebens­mit­tel pro Kopf, die im Abfall lan­den. Und allein dadurch wer­den jähr­lich fast 48 Mio. Ton­nen Treib­haus­ga­se umsonst aus­ge­schüt­tet, ermit­tel­te der WWF.

Ange­sichts des Kli­ma­wan­dels stel­le ich mir die Fra­ge, ob die Honig­po­li­tik, die sich ledig­lich an den End­ver­brau­cher rich­tet, reicht. Kann man sich wirk­lich nur mit Initia­ti­ven begnü­gen? Was ist mit der Indus­trie, was ist mit der Wirt­schaft? Auch Han­del und Gas­tro­no­mieb­trie­be ver­ur­sa­chen zusam­men einen fast so gro­ßen Abfall­berg wie Ver­brau­cher. Und auch wäh­rend der Pro­duk­ti­on ent­ste­hen – wenn auch wesent­lich gerin­ger – Ver­lus­te. Aus der Wirt­schaft kom­men bis­lang nur weni­ge Ansät­ze der Ver­hal­tens­än­de­rung, aber sie sind schließ­lich auch frei­wil­lig. So ver­kauft die Super­markt­ket­te Pen­ny bei­spiels­wei­se auch Kar­tof­feln mit Del­len. Außer­dem haben eini­ge Start­ups aus der Mise­re ein Geschäfts­mo­dell ent­wi­ckelt: Ein Bei­spiel ist die App Too good To go, in der Ver­brau­cher über­schüs­si­ge Spei­sen der Gas­tro­no­me ver­güns­tigt erwer­ben kön­nen. Zudem gibt es Ideen wie Foodsha­ring. Bei die­ser wer­den nach Laden­schluss Lebens­mit­tel, die sonst weg­ge­schmis­sen wür­den, abge­nom­men. Auch die Tafel nimmt aus­sor­tier­tes Essen an, doch lei­der macht dies nur 2,4 Pro­zent aller über­schüs­si­gen Lebens­mit­tel aus.

Mei­ner Mei­nung nach ist die ein­zi­ge Instanz, die tat­säch­lich etwas bewir­ken kann, die Poli­tik. Zu schön wäre eine natio­na­le Stra­te­gie und ein kon­kre­ter Maß­nah­men­plan. Viel­leicht auch ein Gesetz, wie es schon eines in Frank­reich gibt: Im Nach­bar­land wer­den gro­ße Super­märk­te dazu ver­pflich­tet, alle über­schüs­si­gen Lebens­mit­tel an Hilfs­or­ga­ni­sa­tio­nen zu ver­schen­ken. Bei Ent­sor­gung von ess­ba­ren Lebens­mit­teln dro­hen har­te Stra­fen. Immer nur zu war­ten, bis aus Wirt­schaft oder Gesell­schaft der #Ein­fall­ge­gen­Ab­fall kommt, ist ein biss­chen zu lasch. Aber lei­der hat die Koali­ti­on ja gera­de grö­ße­re inter­ne Pro­ble­me zu regeln, als Sach­po­li­tik zu betrei­ben. Da kann man den Wäh­lern lie­ber ein biss­chen Honig um den Mund schmie­ren, sie mit Prei­sen für Enga­ge­ment und Ideen beloh­nen und dabei zuse­hen, wie auch die nächs­ten Jah­re noch ein Drit­tel aller Lebens­mit­tel weg­ge­schmis­sen wer­den, wäh­rend auf der gan­zen Welt rund 800 Mil­lio­nen Men­schen hungern.

Text/Fotos: Anni­ka Keilen

Ganz kon­kret kann man mit Hil­fe einer App auch im Wed­ding Lebens­mit­tel in Cafés und Bäcke­rei­en retten

 

Autorenfoto Annika Keilen

 

Die Idee, Lebens­mit­tel vor dem Müll zu ret­ten, liegt der Autorin Anni­ka Kei­len sehr am Her­zen. In die­sem Feld selbst ehren­amt­lich enga­giert, sieht sie die Men­ge an Lebens­mit­teln, für die es oft nur die Ton­ne als Abneh­mer gibt.

 

 

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