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Biologisch abbaubare Becher und mehr:
Kann ein Strandbad nachhaltig sein?

Wo Menschen baden, werden die Natur beeinträchtigt, Tiere gestört, Pflanzen zertrampelt. Über den Versuch, das Badevergnügen mit der Natur zu versöhnen.
4. September 2021
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Das Strand­bad Plöt­zen­see hat sich auf den Weg gemacht, weni­ger (und hof­fent­lich irgend­wann fast gar kei­nen) Müll mehr zu pro­du­zie­ren. Doch das rie­si­ge Gelän­de bie­tet noch mehr Poten­zi­al, auch tat­säch­lich ein Ort für Arten­viel­falt zu sein. Wir haben uns mit Flo­ri­an Men­ke, einem der Betrei­ber, unter­hal­ten, der uns erklärt hat, wie ein so gro­ßer Betrieb ein Vor­bild für Umwelt­schutz im Wed­ding wer­den könnte. 

In wel­chem Zustand war das Gelän­de, als ihr das Strand­bad 2019 über­nom­men habt? 

FM: Zunächst ein­mal haben wir hier Unmen­gen von Müll vor­ge­fun­den! Das war für unser klei­nes Team nicht allein zu bewäl­ti­gen. Aber dank der Unter­stüt­zung unzäh­li­ger Wed­din­ge­rin­nen und Wed­din­ger haben wir kurz vor der Eröff­nung im Juni 2019 Müll und Unrat gesam­melt. 20 Con­tai­ner sind damals zusam­men­ge­kom­men! Für die Hel­fer vor Ort war das auch eine tol­le Gele­gen­heit, uns ken­nen­zu­ler­nen und das Strand­bad wie­der als Teil des Wed­ding “zurück­zu­er­obern”.

Wie bekommt man den neu ent­ste­hen­den Müll heu­te in den Griff? 

FM: Wir haben dafür ein Team aus vier Mit­ar­bei­tern, die sich dar­um küm­mern, den Müll vom Strand und aus dem Park abzu­fah­ren. Auf dem Gelän­de gibt es sage und schrei­be 50 Müll­ei­mer, die täg­lich geleert wer­den müssen. . 

Aber muss denn so viel Müll über­haupt entstehen? 

FM: Wir ver­su­chen schon, auf Plas­tik­be­cher zu ver­zich­ten. Dafür haben wir Becher aus Mais­gra­nu­lat, die kom­pos­tiert wer­den kön­nen, ange­schafft. Alle Geträn­ke in der Strand­bar wer­den in die­se Recy­cling-Becher gefüllt. Gemein­sam mit den Gas­tro­no­mie­päch­tern arbei­ten wir an einer Low Was­te-Stra­te­gie und es gelingt allen immer öfter, Ver­pa­ckun­gen auf Natur­pro­duk­te umzu­stel­len. Auch bei den Kas­sen­bons gehen wir neue Wege. Sie wer­den auf soge­nann­te Green Bills umgestellt.

Auf der rie­si­gen Flä­che gibt es ja noch mehr, was man für die Natur tun kann. Kann man dazu etwas erfahren? 

FM: Wir haben auch tie­ri­sche Bewoh­ner des Gelän­des. Neben den Schwä­nen wohnt hier zum Bei­spiel auch eine Fuchs­fa­mi­lie. Wir haben bereits im Früh­jahr den Ein­gang zum Fuchs­bau für Bade­gäs­te ver­sperrt, damit die Jung­füch­se in Ruhe auf­ge­zo­gen wer­den kön­nen. Auf dem hin­te­ren Wie­sen­ge­län­de haben wir von Anfang an meh­re­re hun­dert Qua­drat­me­ter rena­tu­riert. Dort haben sich wie­der hei­mi­sche Wild­blu­men ange­sie­delt. Baum­stäm­me bie­ten Lebens­raum für Insek­ten. Und nicht zuletzt ach­ten wir gemein­sam mit einem befreun­de­ten Künst­ler­kol­lek­tiv dar­auf, dass wir Bau­ma­te­ri­al mehr­fach ver­wen­den. Im Rah­men von Upcy­cling neh­men wir uns alles vor, was noch irgend­wie ver­wert­bar ist. 

Das gegen­über­lie­gen­de See­ufer ist ja offi­zi­ell nicht zum Betre­ten und Baden frei­ge­ge­ben. Wie steht ihr dazu? 

FM: Das Baden im Plöt­zen­see ist offi­zi­ell nur außer­halb des Land­schafts­schutz­ge­biets, also von unse­rem Strand aus, erlaubt. Wir wis­sen aber auch, dass sich nicht jeder und jede Baden­de ein Tages­ti­cket bei uns leis­ten kann und will. Es gibt meh­re­re Wild­ba­de­stel­len, die an hei­ßen Tagen auch ent­spre­chend fre­quen­tiert wer­den. Unse­re Ret­tungs­schwim­mer haben zum Glück den gan­zen See im Blick, und es ist schon oft vor­ge­kom­men, dass sie auch Baden­de geret­tet haben, die nicht von unse­rem Strand aus in den See gegan­gen sind. Wich­tig ist uns, dass die abbrö­ckeln­den Ufer der ande­ren See­sei­te nicht zer­tram­pelt wer­den, weil dadurch die Stand­fes­tig­keit des Ufers gefähr­det ist. Auch Tie­re und Pflan­zen haben dann kei­nen Lebens­raum mehr. Daher mein Appell: Wer vom Strand­bad aus in den See schwimmt, respek­tiert den Schutz der Plöt­zen­see­land­schaft immer noch am besten. 

Gibt es etwas, was ihr den Wed­din­gern immer schon mal sagen wolltet?

Was die wenigs­ten wis­sen: Die Ein­nah­men aus dem Ein­tritts­gel­dern rei­chen nicht, um die Per­so­nal­kos­ten der Ret­tungs­schwim­mer zu decken. Ohne Gas­tro­no­mie oder sons­ti­gen Ein­nah­men kön­nen wir nicht über­le­ben. Wenn wir alle Kos­ten auf den Ein­tritt umle­gen müs­sen, wür­de der Ein­tritt 10–15 € pro Per­son kosten.

Vie­len Dank für das Gespräch!

Web­site des Strandbads

weddingweiserredaktion

Die ehrenamtliche Redaktion besteht aus mehreren Mitgliedern. Wir als Weddingerinnen oder Weddinger schreiben für unseren Kiez.

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  1. Tol­les Pro­jekt, tol­le enga­gier­te Leu­te. Ich bin stolz und glück­lich mit mei­ner Fahr­rad Ser­vice Sta­ti­on Plöt­zen­see ein Teil davon zu sein. Es wird echt eine Men­ge getan von allen Pro­jek­ten auf dem Gelän­de und den Betrei­bern, um das Strand­bad Plöt­zen­see zu einem ech­ten Wohl­fühlort für alle Bevöl­ke­rungs­grup­pen im Wed­ding zu erhal­ten und wei­ter zu ent­wi­ckeln. Das Strand­bad ist in guten Hän­den.. Sport, Kul­tur, Frei­zeit, Kunst, Ein­bin­dung ver­schie­dens­ter Grup­pen aus unse­rem Stadt­teil. Wirk­lich ein tol­les sozio­kul­tu­rel­les Pro­jekt und nicht nur eine Bade­an­stalt. Mehr sol­ches pri­vat wirt­schaft­li­ches Enga­ge­ment mit viel Herz­blut wür­de Ber­lin sehr gut tun.

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