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Stromsperre für Arme

27. Juni 2017
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Jeden Werk­tag wird 70 Ber­li­ner Haus­hal­ten der Strom abge­stellt. Das sind, so ist es der Ant­wort des Senats auf eine Anfra­ge der Die Lin­ke-Frak­ti­on zu ent­neh­men, 15 Pro­zent mehr als im Vor­jahr. Die 17.800 betrof­fe­nen Haus­hal­te muss­ten im Schnitt 32 Tage ohne Strom, also ohne Herd, Kühl­schrank, Tele­fon, Inter­net und teil­wei­se auch war­mes Was­ser aus­kom­men. In Mit­te sind mehr Haus­hal­te betrof­fen als anderswo.
Obwohl die Mit­te-Stadt­tei­le mit ins­ge­samt 8,44 Pro­zent Zuwachs noch glimpf­lich davon kom­men, wächst die Zahl der Strom­sper­ren seit 2014 kon­ti­nu­ier­lich, was Wed­ding, Tier­gar­ten, Moa­bit, Gesund­brunn­nen oder Alt-Mit­te dann doch vom Ber­lin-Trend unter­schei­det. Denn da waren es näm­lich zumin­dest 2015 weni­ger Strom­sper­ren als 2014.

Mit ins­ge­samt 2.249 Sper­ren liegt Mit­te im Ran­king noch vor Mar­zahn-Hel­lers­dorf (2.015) und Lich­ten­berg (1.779) unan­ge­foch­ten auf Platz 1. Wie aber kommt es zu einer Strom­sper­rung? Bezahlt ein Kun­de sei­ne Strom­rech­nung nicht, wird zunächst eine Mah­nung aus­ge­stellt. Dar­auf soll­te der Kun­de reagie­ren, denn oft las­sen sich die Ver­sor­ger auf Raten­zah­lun­gen ein.

Wem die Strom­schul­den über den Kopf wach­sen, dem bie­ten Job­cen­ter oder das Sozi­al­amt Hil­fe an. Nach Anga­ben von Vat­ten­fall wer­den Sperr­an­dro­hun­gen und nach­fol­gen­de Sperr­an­kün­di­gun­gen der Strom­ver­sor­gung seit 2016 aus­schließ­lich durch die Strom­lie­fe­ran­ten ver­sen­det (in Ber­lin über 400 Unternehmen).

Nach Beauf­tra­gung hat der Ver­teil­netz­be­trei­ber Strom­netz Ber­lin GmbH ent­spre­chend der Vor­ga­be der Bun­des­netz­agen­tur nur fünf Tage Zeit, eine Sper­rung durch­zu­füh­ren, so dass eine schrift­li­che Vor­ankün­di­gung durch den Ver­tei­lungs­netz­be­trei­ber obso­let wurde.

Unhaltbarer Zustand

In der Ver­gan­gen­heit wur­den Strom­sper­ren in der Regel 20 Tage vor­her ange­kün­digt. Strom­netz Ber­lin hat­te die­se län­ge­re Frist genutzt, um frei­wil­lig und von sich aus noch­mals eine schrift­li­che Sperr­an­dro­hung zu versenden.

Für Harald Wolf (Die Lin­ke), ehe­ma­li­ger Sena­tor für Wirt­schaft und ener­gie­wirt­schaft­li­cher Spre­cher der Die Lin­ke-Frak­ti­on im Abge­ord­ne­ten­haus, ein unhalt­ba­rer Zustand. „Die Lin­ke“, so Wolf, „for­dert ein Ver­bot von Strom­sper­ren, zumin­dest jedoch, dass die­se nur nach behörd­li­cher Geneh­mi­gung erfol­gen dürfen.“

Nur auf die­se Wei­se kön­ne sicher­ge­stellt wer­den, dass Haus­hal­te mit Kin­dern, Schwan­ge­ren und auf die Strom­ver­sor­gung ange­wie­se­nen Kran­ken nicht der Strom abge­schal­tet wird. Dann könn­ten auch Sozi­al­be­hör­den und Jugend­äm­ter recht­zei­tig aktiv wer­den. Not­wen­dig wäre auch eine Stär­kung der unab­hän­gi­gen Energieschuldenberatung.

Fakt ist auch: Strom­sper­ren sind auch ein Indi­ka­tor für Armut, denn zumeist sind Hartz IV-Haus­hal­te von ihnen betrof­fen. Harald Wolf ver­weist in die­sem Zusam­men­hang auch auf die Ener­gie­prei­se: „Der im Hartz IV-Regel­satz vor­ge­se­he­ne Anteil für Strom und Woh­nungs­in­stand­hal­tung von 34,50 Euro reicht nicht aus, um die Kos­ten zu decken.“ Ener­gie­ar­mut sei eine stil­le Kata­stro­phe für Mil­lio­nen Menschen.

Autor: Ulf Tei­chert, Ber­li­ner Abendblatt

Die­ser Bei­trag ist zuerst bei unse­rem Koope­ra­ti­ons­part­ner “Ber­li­ner Abend­blatt” erschienen.

Gastautor

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2 Comments

  1. Da gibt es ein­fa­che Mög­lich­kei­ten zum Bei­spiel die Befrei­ung von der EEG Umla­ge oder eine kom­plet­te Sen­kung der EEG Umla­ge auf 0 und die Strom­steu­er gehört auch ange­schafft wenn dies nicht funk­tio­niert dann ver­pflich­tet einen Sozi­al­ta­rif für Strom der nicht teu­rer als 0,15€ pro kWh sein darf und eine maxi­ma­le Grund­ge­bühr von 6,00€ dann gäbe es das Pro­blem mit Strom sper­ren nicht mehr.

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