Klimatologen der Technischen Universität Berlin nehmen derzeit das Wetter nördlich der Bernauer Straße ganz genau unter die Lupe. Sie installieren im Rahmen des Projektes „KiezKlima“ kleine Wetterstationen in Kindertagesstätten im Brunnenviertel. Die werden auf einer Wetterkarte im Internet veröffentlicht. So kann man beispielsweise erfahren, wie warm es gerade in der Graunstraße gerade ist. Auf der Wetterkarte sind mehr als 1000 Orte in Berlin verzeichnet. Die neuen Wetterstationen im Brunnenviertel sind jedoch keine Spielerei für Hobbyklimatologen, sie dienen der Forschung.
Mit wenigen Klicks holt sich Jan Epperlein die Wetterdaten der Kita Ramlerstraße auf den Bildschirm. Luftfeuchtigkeit, Temperatur und Luftdruck kann der stellvertretende Kitaleiter jederzeit im Internet abrufen. Für ihn und Kitaleiterin Ute Gracia sind jedoch andere Daten fast noch interessanter. Das kleine unscheinbare Gerät zeigt nämlich auch an, wie hoch der Geräuschpegel und die Kohlenstoffdioxid-Konzentration im Innenraum sind. Ist letztere zu hoch, leuchtet eine rote Lampe, die sagt: bitte lüften! „In einer Kita ist es manchmal sehr laut. Fast wie auf einem Flugplatz“, weiß Ute Gracia von früheren Messungen. Auf die neuen Daten aus ihrer Kita ist sie gespannt, würde am liebsten an noch viel mehr Orten im Gebäude messen.
Drei Jahre lang werden Wetterdaten beobachtet
Im Rahmen des Projektes „KiezKlima – Partizipative Entwicklung und Umsetzung von Klimaanpassungsmaßnahmen am Beispiel des Berliner Brunnenviertels als innovative Strategie in der Stadtteilentwicklung“ werden die Daten der Kindertagesstätte und die weiterer neuer Wetterstationen im Viertel drei Jahre lang gemessen. Die Daten werden im Rahmen des Forschungsprojektes erhoben, das sich mit dem Klimawandel in der Stadt beschäftigt. Dabei geht es darum, gemeinsam mit Bewohnern Maßnahmen zur Anpassung an das sich ändernde Klima mit immer mehr extremen Wetterlagen zu entwickeln.
„Die Frage ist, wo welche Klimaanpassungsmaßnahmen erforderlich sind, damit das Leben im Brunnenviertel auch weiterhin angenehm bleibt“, sagt Ilka Markus vom Projekt KiezKlima. Das Ziel des Projektes ist es, gemeinsam mit den Menschen Maßnahmen zu entwickeln, um dem Klimawandel zu begegnen. Das könnte zur Entsiegelung von Betonflächen, zu Fassaden- oder Dachbegrünung oder der Errichtung von Trinkwasserspendern führen. „Am Ende soll es einen Handlungsleitfaden für den Kiez geben. Erste Projekte sollen sofort umgesetzt werden“, sagt Ilka Markus. Die Empfehlungen dieses Leitfadens sollen auch auf andere Stadtquartiere in Deutschland übertragbar sein, denn das Pilotprojekt findet im Rahmen der Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel statt.
Bei Neubau auch ans Klima denken
„Die Menschen sollen für das Thema Klimaanpassung sensibilisiert werden“, sagt Ilka Markus. Das gilt aber nicht nur für die Kitakinder. So wie die Belange von Behinderten bei Um- oder Neubauten heutzutage grundsätzlich berücksichtigt werden, sollten auch klimatische Aspekte zukünftig immer eine Rolle spielen, so Ilka Markus.
Das Projekt KiezKlima, das von der L.I.S.T. GmbH durchgeführt wird, knüpft an die Struktur an, die mit dem Quartiersmanagement im Gebiet Brunnenstraße seit 2005 entstanden ist. Bei diesem Programm hat Bürgerbeteiligung ebenfalls einen zentralen Stellenwert. Um den Bürgern das Thema Klimawandel näher zu bringen, sind zukünftig unter anderem auch Kiezspaziergänge geplant, die sich mit dem Stadtklima beschäftigen.
www.kiezklima.de, Wetterkarte im Internet: www.netatmo.com/de-DE/weathermap
Text und Fotos: Dominique Hensel