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Eine Opernsängerin im Wedding

15. Juni 2018
Margo Weiskam begleitet zwei Gesangsschülerinam Klavier. Foto: M. Weiskam
Mar­go Weis­kam beglei­tet zwei Gesangs­schü­ler am Kla­vier. Foto: M. Weiskam

Seit ihrer Kind­heit ver­folg­te Mar­go Weis­kam ihre Kar­rie­re auf der Opern­büh­ne. Solan­ge bis sie sich im ver­gan­ge­nen Jahr auf­grund einer Krank­heit selbst­stän­dig mach­te. Nun ist die ehe­ma­li­ge Opern­sän­ge­rin Gesangs­leh­re­rin im Wed­ding. Sie unter­rich­tet auch Senio­ren. Wir haben sie besucht.

Carolin Huter beim Gesangsunterricht. Foto: Annika Keilen
Caro­lin Huter beim Gesangs­un­ter­richt. Foto: Anni­ka Keilen

Mit einem brei­ten Lächeln war­tet Mar­go Weis­kam vor der Tür des Alters­hei­mes Gold­herz im Wed­ding in der Max­stra­ße 2–4. Durch enge Gän­ge führt sie ihre Gesangs­schü­ler bis ans Ende des Gebäu­des und schließt ihren Unter­richts­raum auf. Die Stun­de beginnt mit Atem­übun­gen und dem Ein­sin­gen. Im zwei­ten Teil wer­den klas­si­sche Stü­cke geübt. Die Leh­re­rin beglei­tet mit dem Kla­vier und ermu­tigt ihre Schü­ler sich an beson­ders schwie­ri­gen Stel­len Töne und Räu­me vor­zu­stel­len. Bei der Gesangs­tech­nik käme es aber nicht nur auf die Vor­stel­lungs­kraft an, son­dern auch auf die Kör­per­ar­beit. Schließ­lich sei die Stüt­ze bezie­hungs­wei­se die Zwerch­fell­at­mung für das Sin­gen ein Bestand­teil der auf den gan­zen Kör­per wirkt. Vor allem aber als Büh­nen­dar­stel­ler sei der Ein­satz des Kör­pers essentiell.

Gera­de in die­sem Punkt spricht die Gesangs­leh­re­rin aus lang­jäh­ri­ger Erfah­rung. Sie selbst stand 21 Jah­re auf der Büh­ne, als Solis­tin. In Zei­ten ihres Fest­enga­ge­ments per­form­te sie zwi­schen drei und sechs Mal die Woche. Die gro­ße Her­aus­for­de­rung bei einem sol­chen Pen­sum sei es dem Zuschau­er trotz der vie­len Auf­trit­te immer wie­der ein ein­zig­ar­ti­ges Erleb­nis zu bie­ten. Das gelin­ge eben nicht durch Rou­ti­ne, son­dern vor allem durch die dar­stel­le­ri­sche Leis­tung, die in jeder Vor­stel­lung neu erfun­den wer­den müs­se. Rund sie­ben Jah­re arbei­te­te sie in Fest­an­stel­lung, doch „man hat­te eigent­lich kein Pri­vat­le­ben“. Die rest­li­che Zeit war sie als Mez­zo­so­pran frei­be­ruf­lich tätig.

Die Gesangslehrerin Margo Weiskam in der Oper Foto: M. Weiskam
Mar­go Weis­kam im Opern­saal Foto: M. Weiskam

Obwohl der Beruf sehr vie­le Anstren­gun­gen mit sich bringt die durch die kul­tur­po­li­ti­schen Spar­maß­nah­men nicht gera­de gewür­digt wer­den, ver­misst Weis­kam ihre Zeit auf der Büh­ne zutiefst. „Lei­der schränk­te mein Asth­ma mei­nen Gesang gegen Ende mei­ner Kar­rie­re zu sehr ein. Ich wuss­te ein­fach nie wann ein Staub­korn kommt, und das wäre mir auf der Büh­ne unend­lich pein­lich gewe­sen.“ Der Büh­ne den Rücken zu keh­ren war für sie ein trau­ri­ger Schritt, den sie aber den­noch als berei­chern­den Neu­an­fang sieht. Frü­her hät­te sie nur neben­bei Unter­richt gege­ben, nun kön­ne sie ihre Erfah­rung in ihrem Beruf als Gesangs­leh­re­rin ver­stärkt weitergeben.

Als sie vor allem als Opern­sän­ge­rin tätig war, konn­te sie die weni­gen Schü­ler noch in ihrem eige­nen zuhau­se im Wed­ding emp­fan­gen. Doch mit dem Fokus auf den Gesangs­un­ter­richt und der stei­gen­den Schü­ler­zahl such­te sie ihrer Nach­bar­schaft zulie­be hän­de­rin­gend nach einem Unter­richts­raum. Eine Lösung bot sich ihr im Alters­heim Gold­herz. Für die Nut­zung des Rau­mes gibt Weis­kam den älte­ren Herr­schaf­ten, den „Gol­dies“ wie sie sie nennt, zwei­mal im Monat Gesangs­un­ter­richt. Ihr zufol­ge hät­te jeder das Poten­ti­al sich stimm­tech­nisch wei­ter­zu­ent­wi­ckeln, egal in wel­chem Alter. Trotz­dem dach­te sie anfangs, dass die Gol­dies ledig­lich zum prak­ti­schen Sin­gen kämen. Doch als sie frag­te, ob sie die Gesangs­grup­pe auch bei der Tech­nik unter­stüt­zen soll­te, stimm­ten alle zu.

Margo Weiskam begleitet ihre Gesangsschülerin Carolin Huter am Klavier. Foto: Annika Keilen
Mar­go Weis­kam mit Gesangs­schü­le­rin Caro­lin Huter. Foto: Anni­ka Keilen

Die schöns­ten Momen­te zei­gen sich für die Gesangs­leh­re­rin jedoch nicht in der Ver­bes­se­rung der Stim­me, son­dern vor allem in der Lebens­freu­de. Sie „freue sich wahn­sin­nig, wenn die Schü­ler pfei­fend den Raum ver­las­sen. Schließ­lich ist sin­gen für Kör­per, Geist und See­le ein­fach fan­tas­tisch.“ Auf die Fra­ge ob jeder sin­gen kön­ne ant­wor­tet die Gesangs­leh­re­rin mit einem Schmun­zeln: „Viel­leicht kann nicht jeder sin­gen, aber jeder soll­te sin­gen dür­fen. Sin­gen ist etwas Völkerverbindendes.“

 


Kon­takt Mar­go Weis­kam: per Tele­fon unter  (0152 521 52 557), per E‑Mail unter [email protected] 

Autorenfoto Annika Keilen

 

Anni­ka Kei­len hat beim Gesangs­un­ter­richt zuge­hört und zuge­schaut. Im Nach­hin­ein blieb die ein oder ande­re Melo­die im Kopf, die die Zei­len die­ses Arti­kels begleitete.

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