Ein üppiger Garten mitten in Berlin mit Sonnenblumen, Zucchini, Kohlköpfen, mehrere Gärtner:innen sind in die Pflege vertieft. Andere unterhalten sich am Beetrand. Das Bild könnte im Wedding aufgenommen worden sein, aber auch in Neukölln, Kreuzberg, Mitte oder Marzahn. Es ziert ein ganz besonderes Papier, das Ende Januar vom Berliner Senat beschlossen wurde: das Berliner Gemeinschaftsgarten-Programm.
Ungefähr 200 Gemeinschaftsgärten gibt es in Berlin. Im Wedding gibt es unter anderem das Himmelbeet, den Prinzengarten, die Roten Beete, die Wilde 17, das Diesterbeet und viele weitere kleinere Initiativen. Alle sind sehr verschieden organisiert, doch überall werden sie von engagierten Menschen getragen, für die zur Lebensqualität in der Stadt auch das Stadtgrün gehört und die über das Gärtnern auch Gemeinschaft erleben möchten.
Auf ein solches Programm haben viele Gartenaktivist:innen seit Jahren hingearbeitet. Immerhin haben andere Städte bereits seit vielen Jahren Programme zur Unterstützung der Gemeinschaftsgärten. So wird beispielsweise Paris immer wieder als Vorbild genannt. Im vergangenen Jahr waren Vertreter:innen auch von Weddinger Gärten in Paris zu Gast, um das dortige System kennenzulernen und Anregungen mitzunehmen (Zu Besuch in fremden Gärten). „Es ist das erste Mal, dass es ein Bekenntnis des Landes Berlin gibt, Gemeinschaftsgärten zu unterstützen“, sagt Kerstin Stelmacher vom Netzwerk urbane Gärten Berlin. Ein gutes Papier sei es geworden, bei dessen Entstehung die Zivilgesellschaft „so weitgehend wie möglich“ einbezogen worden sei. Kerstin Stelmacher ist selbst bei der Gründung mehrerer Berliner Gärten beteiligt gewesen, als Quartiersmanagerin im Brunnenviertel unterstützte sie die Gründung des Mauergartens.
Das Berliner Gemeinschaftsgarten-Programm sieht sie zunächst positiv und Kerstin Stelmacher lobt vor allem auch Toni Karge, der für die Senatsverwaltung für Umwelt und Klimaschutz seit einiger Zeit für die urbanen Gärten zuständig ist. Toni Karge kennen einige Weddinger:innen, er war früher im Himmelbeet aktiv und kennt die Nöte und Bedürfnisse der Gemeinschaftsgärten aus erster Hand. Dass das Programm unter Beteiligung der Gemeinschaftsgärten entstanden ist, führt Stelmacher auch auf ihn zurück. Die Inhalte in dem neuen Programm orientieren sich an genau diesen Frage, die viele Aktive umtreiben. „Es gibt zwei zentrale Punkte: bestehende Gärten sichern und die Entstehung neuer Gärten unterstützen“, formuliert Kerstin Stelmacher das, was sie von dem Programm erwartet und was dort auch eingeschrieben ist. In Berlin sei vor allem der wachsende Druck nach Flächenverwertung ein Problem, Gärten werden zugunsten von anderen Nutzungen verdrängt oder müssen das befürchten. Im Wedding war das zuletzt beim Prinzengarten im Soldiner Kiez der Fall, wobei der Garten dann doch vorübergehend gesichert werden konnte (Prinzengarten auf sicherem Boden – für zwei Jahre).
„Das Programm zu beschließen ist ein erster Schritt, wir müssen jetzt schnell in eine Umsetzung kommen“, sagt Kerstin Stelmacher. In dem angedachten Begleitgremium wolle sie gern mitarbeiten solange es tatsächlich zu Ergebnissen führt. Vor allem sollten laut der Gartenaktivistin die Bezirke einbezogen werden, denn ihnen gehören die meisten Flächen, auf denen sich die Gärten befinden. „Wenn die Bezirke das nicht umsetzen wollen, dann bleibt es ein schönes Wunschpapier“, sagt Kerstin Stelmacher. Sie hofft, dass ein Bezirk jetzt voran gehe und versucht, das Programm mit Leben zu füllen. Auch Mitte könnte der Pionier sein.
Auf der Seite ist das komplette Berliner Gemeinschaftsgarten-Programm zu finden (siehe Download): www.berlin.de/gemeinschaftsgaertnern/programm/
Der Text entstand in Zusammenarbeit mit der Weddinger Allgemeinen Zeitung (–> E‑Paper), der gedruckten Zeitung für den Wedding. Geschrieben wurde er von Dominique Hensel. Wir danken dem RAZ-Verlag!