Nein, ein idyllisches Heilbad wird der Gesundbrunnen in nächster Zeit wohl nicht mehr werden. Und, seien wir ehrlich, weder wird es die Müllerstraße je mit den Champs-Elysées aufnehmen können noch dürften irgendwann einmal die Goldenen Bären im Kino Alhambra verliehen werden. Wir verlangen ja schon nicht vom Wedding, dass wir hier alles auf dem Silbertablett bekommen. Trotzdem: ein kleines bisschen leichter könnte es uns dieser Wedding manchmal dann doch machen. Wir haben unsere Leser gefragt, was sie vermissen.
Bäcker und Fleischer

Das Einkaufsangebot im Wedding ist für sich genommen gar nicht so schlecht, wenn man nicht gerade Luxusgüter braucht. Die große Mehrheit der Weddinger muss aber ohnhein auf’s Geld achten und kleine Brötchen backen. Diejenigen, die trotzdem bereit sind, für Schrippen ohne Zusatzstoffe ein paar Cent mehr hinzulegen, haben dazu höchstens in der Bio-Bäckerei Bucco in der Ravenéstraße 1 (nahe Nettelbeckplatz) die Gelegenheit dazu. Neuerdings gibt es auch die Schwäbische Bäckerei, die noch selbst bäckt. In anderen Kiezen muss man auf Biomärkte oder Reformhäuser ausweichen. Auf dem Ökomarkt am Leopoldplatz gibt es dienstags und freitags einen Verkaufswagen mit Biobackwaren. Aber am Ende bleibt festzustellen: im Wedding fehlen Handwerksbäcker!
Bei Fleischern sieht es ähnlich aus. Mehr als Fleisch- und Wursttheken in den größeren Supermärkten sind im Wedding nicht mehr übriggeblieben – mit zwei Ausnahmen: die Neuland-Fleischerei Bünger in der Müllerstraße 156 gegenüber von Karstadt. Auch in der Schönwalder Straße 18, nahe der Panke, gibt es mit der Fleischerei Kahl noch einen richtigen Metzger. Auf dem Markt auf dem Leopoldplatz findet ihr einen Stand der Klostermetzgerei Zehdenick mit Fleisch und Wurst von artgerecht gehaltenen Tieren. Eine hervorragende Fleischerei ist auch die algerische Fleischerei Haroun in der Prinzenallee.
Kleider und Bücher

Der Wedding ist zwar mit Lesebühnen gut versorgt – große Buchläden zum Herumstöbern sind jedoch bei uns Fehlanzeige. Im Gesundbrunnen-Center oder bei Karstadt werden immerhin die Allerweltsbücher verkauft. Wer aber das Besondere sucht, muss schon auf Antiquariate oder kleine Kiezbuchhandlungen ausweichen. Oder den Ortsteil ganz verlassen.…
Mit Kleidern sieht es schon etwas besser aus. Zwar hat der C&A in der Müllerstraße vor Jahren geschlossen, aber immerhin gibt es im Gesundbrunnen-Center und in der Turmstraße neue Filialen ganz in der Nähe. Auch H&M hält sich tapfer in der Müllerstraße. Und wie lange es den Karstadt Leopoldplatz wohl noch gibt? Im Second Hand-Bereich gibt es mit der Zweigstelle in der Tegeler Straße, dem Frack du Lac in der Kameruner Straße und den Second Hemd-Filialen ein ausreichendes Angebot.
Zusammenfassend lässt sich sagen: für den kleinen Geldbeutel gibt es – der realen Kaufkraft entsprechend – ein flächendeckendes und großes Angebot an Billig-Bäckern, orientalischen Obst- und Gemüsemärkten, Discountern und Niedrigpreiskaufhäusern. Wer sich mehr leisten kann oder will, muss schon wissen, wo sich die wenigen Perlen im Ozean verstecken. Aber immerhin – es gibt sie!
aktualisiert März 2018