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Gegen Leerstand und Verfall:
Ein Jahr Initiative Parkcafé Rehberge

So lange setzt sich bereits die Initiative Parkcafé Rehberge für eine Wiederbelebung des leerstehenden Gebäudes an der Catcherwiese ein. In diesem Jahr steht eine Entscheidung an.
2. Februar 2022

Sie ist jung, schnell gewach­sen und hat schon rich­tig viel erreicht: die Initia­ti­ve Park­ca­fé Reh­ber­ge. Mitt­ler­wei­le haben die enga­gier­ten Weddinger:innen ihr Nut­zungs­kon­zept für eine Wie­der­eröff­nung das Cafés an der Cat­cher­wie­se beim Bezirk ein­ge­reicht. Bis April haben die Akti­ven jetzt Zeit, eine Finan­zie­rung für die Gebäu­de­sa­nie­rung und den Betrieb auf die Bei­ne zu stel­len. Heu­te vor einem Jahr ent­stand das Bünd­nis enga­gier­ter Weddinger:innen. Hier stellt sich die Ini­ta­ti­ve selbst vor. 

Alles begann vor etwa einem Jahr mit einem Arti­kel im Wed­ding­wei­ser über das leer­ste­hen­de Gebäu­de im Volks­park Reh­ber­ge und eine geplan­te Ver­ga­be des Nut­zungs­rechts vom Bezirks­amt Mit­te. Schnell wur­de eine E‑Mail-Adres­se erstellt, es folg­te ein Auf­ruf zum Mit­ma­chen, der dann erneut im Wed­ding­wei­ser lan­de­te: In einem kur­zen Text stell­te sich eine Grup­pe von Weddinger*innen vor, um Mitstreiter*innen für ein bevor­ste­hen­des Inter­es­sen­be­kun­dungs­ver­fah­ren (IBV) zu finden.

„Ich fin­de eure Idee und den Ort groß­ar­tig und wäre ger­ne ein Teil davon”

Die Reso­nanz war rie­sig – inner­halb weni­ger Tage mel­de­ten sich an die ange­ge­be­ne E‑Mail-Adresse knapp hun­dert Men­schen. Uns erreich­ten Nach­rich­ten wie: „Ich habe zwar zwei lin­ke Hän­de und bin in selbst­aus­beu­te­ri­scher Selb­stän­di­ger mit wenig Zeit, dafür habe ich aber ziem­lich viel Erfah­rung mit Büro­kra­tie. Und ste­he gern hin­term Tre­sen“ und „Vie­len Dank für eure Initia­ti­ve, die bei mir offe­ne Türen ein­rennt! Erst neu­lich bin ich wie­der am vor sich hin gam­meln­den Park­ca­fé vor­bei­ge­kom­men und habe mir gedacht: Da könn­te so etwas Tol­les ent­ste­hen!“. Im Febru­ar fand dann unser ers­tes vir­tu­el­les Ken­nen­ler­nen statt und Ideen wur­den aus­ge­tauscht. Die Initia­ti­ve Park­ca­fé Reh­ber­ge war entstanden.

Als loser Hau­fen von Park­ca­fé-Lieb­ha­be­rin­nen war die Grup­pen­fin­dung ein span­nen­der und her­aus­for­dern­der Pro­zess. Wir brin­gen ganz unter­schied­li­che Erfah­run­gen und eben­so viel­fäl­ti­ge Erwar­tun­gen an die­sen gemein­sa­men Ort mit. Eini­ge von uns kön­nen sich bei­spiels­wei­se noch an die ehe­ma­li­ge Gast­stät­te erin­nern und seh­nen sich nach einer neu­en gas­tro­no­mi­schen Ein­rich­tung im Park. Für ande­re ist die Initia­ti­ve eher ein gene­ra­ti­ons­über­grei­fen­des sozia­les Pro­jekt für die Nach­bar­schaft. Anfangs konn­ten wir uns nur vir­tu­ell zum gro­ßen Ple­num tref­fen. Das führ­te zu teil­wei­se sehr lan­gen Dis­kus­sio­nen, um allen Ideen Raum zu geben. Trotz­dem ent­stand inner­halb der Grup­pe schnell ein star­kes Gemein­schafts­ge­fühl. Frü­her oder spä­ter kam schließ­lich jeder von uns beim Spa­zier­gang in den Reh­ber­gen am ehe­ma­li­gen Park­ca­fé vor­bei, dadurch wur­de unse­re gemein­sa­me Idee greif­bar. Außer­dem haben wir ein­an­der immer öfter zufäl­lig auf der Stra­ße getrof­fen – und ehr­lich gesagt jen­seits des Bild­schirms meis­tens erst auf den zwei­ten Blick erkannt.

Ein Stück Wedding für alle

Es dau­er­te nicht lan­ge, bis wir uns für eine ers­te Kund­ge­bung ent­schie­den, um unser Anlie­gen end­lich auf die Stra­ße und in den Park zu tra­gen. Wir luden Poli­ti­ke­rin­nen und Initia­ti­ven ein und konn­ten ein bun­tes Pro­gramm an Wort- und Musik­bei­trä­gen zusam­men­stel­len. Mit Fly­ern und Pla­ka­ten auf acht Spra­chen stell­ten wir uns und unse­re Visi­on vor und bewar­ben die Auf­takt­ver­an­stal­tung. An einem Sonn­tag­nach­mit­tag im spä­ten März schließ­lich kamen wir das ers­te Mal als gesam­te Initia­ti­ve zusam­men und tra­fen Inter­es­sier­te, Ein­ge­la­de­ne und fla­nie­ren­de Park­be­su­che­rin­nen vor dem leer­ste­hen­den Gebäu­de an der Cat­cher­wie­se. Dabei konn­ten wir unse­rer Idee öffent­lich­keits­wirk­sam Aus­druck ver­lei­hen und beka­men viel Zuspruch von allen Sei­ten. Sogar der Bezirks­bür­ger­meis­ter kam vor­bei und twit­ter­te anschlie­ßend: „Gro­ßer Andrang bei der Kund­ge­bung der Initia­ti­ve Park­ca­fé Reh­ber­ge. Das macht Hoff­nung für das IBV, das wir star­ten, sobald Klar­heit über den Sanie­rungs­be­darf der Ver­sor­gungs­lei­tun­gen zum Café besteht. Neben den vor­han­de­nen tol­len Nut­zungs­ideen braucht es lei­der auch viel Geld.

Inner­halb der Initia­ti­ve haben wir schon früh Arbeits­grup­pen gebil­det. Jede AG hat einen eige­nen Auf­ga­ben­be­reich, der im Sin­ne der Sozio­kra­tie selbst­stän­dig defi­niert wird. Dezen­tral arbei­ten wir an The­men wie Gas­tro­no­mie, Bau, Finan­zen, Ver­net­zung, Jugend­ar­beit oder Selbst­ver­ständ­nis. In einem Koor­di­nie­rungs­kreis, einer Grup­pe von Dele­gier­ten jeder AG, tref­fen wir Ent­schei­dun­gen und koor­di­nie­ren unse­ren Pro­zess. Jeden Monat kom­men wir dar­über hin­aus im Gro­ßen Ple­num zusam­men und stim­men über Grund­sätz­li­ches ab. Dabei ent­schei­den wir nicht nach Mehr­hei­ten – viel­mehr legen wir Wert dar­auf, dass kei­ne ein­zel­ne Per­son einen schwer­wie­gen­den Ein­wand gegen­über der Ent­schei­dung hat. Damit ist die Ent­schei­dung gut genug für den Moment, es darf und soll bei Bedarf aber flei­ßig nach­jus­tiert werden.

Von Anfang an waren wir eine gro­ße und viel­fäl­ti­ge Grup­pe von Men­schen, die das ehe­ma­li­ge Park­ca­fé wie­der mit Leben fül­len möch­ten. Das ist und bleibt unser gemein­sa­mes Ziel.

Wir wol­len einen nicht-kom­mer­zi­el­len Ort schaf­fen mit einem inklu­si­ven gas­tro­no­mi­schen Ange­bot, Raum für unter­schied­lichs­te Ver­an­stal­tun­gen und einem selbst­ver­wal­te­ten Jugend­treff. Alles unter einem Dach, getra­gen durch eine gemein­nüt­zi­ge Genos­sen­schaft. Dabei haben wir uns ein eige­nes Selbst­ver­ständ­nis gege­ben, auf Wer­te geei­nigt und eine kla­re Visi­on ent­wor­fen, wie wir die­ses Ziel umset­zen wollen.

Nach der frü­hen Anfangs­eu­pho­rie und eini­ger media­ler Reso­nanz über unse­re Initia­ti­ve kam es nach unse­rer Kund­ge­bung erst ein­mal nicht zum ange­kün­dig­ten Inter­es­sen­be­kun­dungs­ver­fah­ren. Ohne kon­kre­ten Zeit­plan fühl­ten wir uns im Som­mer ein wenig aus­ge­bremst. Die dar­auf­fol­gen­den Mona­te nutz­ten wir aber den­noch: etwa, um Expert*innen um ers­te finan­zi­el­le Ein­schät­zun­gen zu bemü­hen. Und wir konn­ten unser Netz­werk inner­halb der Nach­bar­schaft und auch dar­über hin­aus ausbauen.

Selbstgebackener Kuchen vor dem ehemaligen Parkcafé

Im Som­mer tra­fen wir uns außer­dem regel­mä­ßig in klei­ne­ren und grö­ße­ren Grup­pen zu Dis­kus­sio­nen und der AG-Arbeit vor dem Gebäu­de. Eini­ge Wochen lang luden wir an Sonn­tag­nach­mit­ta­gen Inter­es­sier­te und Vor­über­ge­hen­de zu Kaf­fee und Kuchen ein, um ein neu­es Park­ca­fé zumin­dest teil­wei­se und tem­po­rär erfahr­bar zu machen. „Wir haben uns den Ort ein­fach schon mal schön gemacht“, erin­nert sich ein Mit­glied. Um unse­rem Anlie­gen Nach­druck zu ver­lei­hen rie­fen wir im Spät­som­mer schließ­lich zu einer zwei­ten Kund­ge­bung auf. Erneut gab es viel Zuspruch, sowohl im Park in Form von Rede­bei­trä­gen als auch in den sozia­len Medi­en, wo wir eben­falls aktiv sind. Im Okto­ber wur­de schließ­lich das offi­zi­el­le Inter­es­sen­be­kun­dungs­ver­fah­ren ange­kün­digt – end­lich gab es einen fes­ten Ter­min auf den wir hin­ar­bei­ten konnten.

Die Herbst­wo­chen nutz­ten wir dann inten­siv für die Ver­schrift­li­chung unser Ideen und Visio­nen und der Aus­ein­an­der­set­zung mit her­aus­for­dern­den Fra­gen: Wie viel Geld müs­sen wir ein­neh­men, um nicht plei­te zu gehen? Brau­chen wir bezahl­tes Per­so­nal und wenn ja, für wel­che kon­kre­ten Auf­ga­ben? Wie sanie­ren wir eigent­lich die Toi­let­ten? Ein geteil­tes Doku­ment in unse­rer Cloud erleb­te vie­le Momen­te der Ände­run­gen, Ände­run­gen nach­ver­fol­gen und Ände­run­gen anneh­men. Die gesam­te Exper­ti­se der AGs und indi­vi­du­el­le Anmer­kun­gen wuchs zu einem gemein­sa­men Nut­zungs­kon­zept. Und genau die­ses Nut­zungs­kon­zept für das Park­ca­fé Reh­ber­ge reich­ten wir beim Bezirks­amt ein.

Kurz vor Weih­nach­ten haben wir uns wie­der ein­mal vor dem Park­ca­fé getrof­fen – mit Ker­zen, Glüh­punsch, selbst­ge­ba­cke­nen Lecke­rei­en und Decken. In die­sem Win­ter muss­ten uns noch die Füße frie­ren – in nicht all­zu fer­ner Zukunft gibt es im Park­ca­fé aber hof­fent­lich eine Heizung!

Text/Fotos: Initia­ti­ve Park­ca­fé Rehberge

Initia­ti­ve Park­ca­fé Reh­ber­ge, Face­book­sei­te, Insta­gram­sei­te

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