Samstagabend, Sommerstimmung im Soldiner Kiez: Ein laues Lüftchen weht durch die Prinzenallee. In der Abendsonne leuchtet der rote Backstein der Stephanuskirche. Die Tür des Gotteshauses steht offen und aus dem Inneren hallt … AC/DC? Schnell wird klar: Das ist nicht einfach irgendeine Kirche. Zumindest nicht mehr.
Drinnen ist es kühl. Ein roter Teppich führt zwischen den Bänken geradewegs auf den Altar zu. Dort steht kein Pfarrer, sondern gleich mehrere Musiker teilen sich die Fläche. „The Roots of Rock Band“ werden heute Abend das Kirchenschiff bespielen. Die Proben werden aufmerksam von ein paar Kindern aus der Nachbarschaft verfolgt, die durch den langen Gang tanzen. Es ist ganz schön was los bei St. Stephanus.
Verantwortlich dafür ist Dr. Claudia Niemann. Die Chemikerin hat sich vorgenommen, die Kirche zu einem Kulturort zu machen. Bei einer Weiterbildung zum Thema Urbane Mission verschlug es sie zum ersten Mal in den Soldiner Kiez. „Ich habe gesehen, dass vor der Kirche keine Veranstaltungshinweise oder Ähnliches aushingen. Also dachte ich: Dann mach’ ich da was“, so Niemann, die nach vielen Jahren im Ausland auch noch Theologie studiert und eine Ausbildung zur Predigerin absolviert hat. Und als wäre das nicht schon genug, ist sie Inhaberin einer kleinen christlichen Musikagentur.
Das bedeutet aber keineswegs, dass die Kulturkirche nur religiösen Bands vorenthalten ist: „Hier darf alles gespielt werden. Außer satanischen Rituale“, sagt Niemann und lacht. Außerdem soll das Gebäude Raum für Tanzgruppen und Ausstellungen von Künstlern aus der Nachbarschaft bieten.
Ein besonderes Herzensprojekt der Herrin des Hauses ist der Aufbau eines interreligiösen Chores. „Ich bin selbst begeisterte Sängerin“, erzählt sie und schaut hinauf zu dem imposanten schmiedeeisernen Kronleuchter. Er ist der größte seiner Art in ganz Europa. Auch sonst bietet die Stephanuskirche ein ganz besonderes Flair, das überraschend gut zu den rockigen Klängen passt, die die Band gerade probt. 2013 fand der letzte Gottesdienst statt. Aber bei diesem Sound – und dieser Frau – bestehen keine Zweifel, dass sich die Reihen hier bald wieder füllen werden.
nächsten Kultur-Termine in der Stephanuskirche
- Sonntag, 27.9., 18 Uhr: Ray Blue & Friends (Saxophon Jazz Variations
- Freitag, 2.10., 20 Uhr: Golden Six Plus (Saxophon-Ensemble, Choräle, Jazz)
- Samstag, 3.10., 20 Uhr: Hofbluesband („Blues an’ Ballads“)
- Freitag, 9.10., 20 Uhr: Noél Robinson (Praise and Worship Concert, in Zusammenarbeit mit Gospelchören aus Berlin)
- Freitag, 16.10. 20 Uhr: Gunars Kalnins (Sänger, Pianist, Lettland) mit Lili Sommerfeld
Der Eintritt ist bei allen Veranstaltungen frei, um Spenden wird gebeten. Mehr Informationen gibt es im Internet unter www.gospelggmbh.de.
Dieser Text wurde uns vom Kiezmagazin Soldiner zur Verfügung gestellt, in dessen neuester Ausgabe “Kultur & mehr” er veröffentlicht wurde. Geschrieben wurde er von Alexandra Resch, die auch das Foto gemacht hat.
[…] „Wir wollen einen letzten Abend in der Kirche verbringen. Eingeladen sind aber nicht nur Christen – das Programm richtet sich an den ganzen Kiez“, sagt der Veranstalter, der auch der Evangelischen Kirchengemeinde an der Panke danken möchte. Die Gemeinde führt seit 2013 keine Gottesdienste mehr in der Prinzenallee durch und hat das imposante Gebäude für kulturelle Veranstaltungen zur Verfügung gestellt (Die Stephanuskirche in der Prinzenallee rockt). […]
Bitte gebt noch ein Datum ein: 16.10. Gunars Kalnins – wunderbarer Sänger, Pianist, Arrangeur aus Lettland, mit seinem 1. Berlin Konzert. Das wird klasse, er ist unser Chorleiter bei “Ways”. Backgroundsängerin ist Lili Sommerfeld, Chorleiterin und Sängerin beim “Berliner Soulchor.”
na dann versucht doch mal an die offenheit der moscheen zu appelieren!! vielleicht sind die auch tollerant und lassen veranstaltungen zu!!!
Ich finde, es ist es gute Idee, Kirchen im Allgemeinen für Kulturgut freizugeben. Das muss ja jetzt nicht immer etwas Musikalisches sein. Austellungen zum Beispiel wären auch noch eine gute Option. Ich denke, dass gerade Kirchen eine gute Eventlocation sind, nicht nur wegen der Akustik, sondern auch wegen dem Ambiente.
Es ist eine besondere Atmosphäre in diesen Gebäuden. Außerhalb jedem Glaubens eine Stätte der kulturellen Begegnung. So könnte ich mir ebenfalls vorstellen, dass auch Muslime dort einfach mal ihre Kultur der Musik vorstellen, oder auch solche Veranstaltungen mal in einer Mouschee anbieten. Das wäre ein guter Schritt in die Richtung der Begegnung.
Leider ist die Dauer dieser kulturellen Nutzung nicht unbegrenzt. Doch wie lange die Zwischennutzung dauert, weiß noch niemand. Wir sollten die Daumen drücken!