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Sensationeller Fund im Volkspark:
Der weiße Stier ist zurück im Humboldthain

27. April 2022
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Das ist ein beson­de­rer Foto­ter­min im Hum­boldt­hain: Im Mit­tel­punkt ste­hen die Archäo­lo­gin Clau­dia M. Meh­lisch und Diet­mar Arnold vom Ver­ein Ber­li­ner Unter­wel­ten. Vie­le Kame­ras sind auf sie gerich­tet. Klick, klick, klick – die Medi­en der Haupt­stadt machen ihre Auf­nah­men, Fern­se­hen und Radio fan­gen O‑Töne ein, denn im Volks­park ist eine klei­ne Sen­sa­ti­on fest­zu­hal­ten. Der Ver­ein prä­sen­tier­te Mit­te April den wei­ßen Stier vom Hum­boldt­hain, eine wei­ße Mar­mor­skulp­tur des Bild­hau­ers Ernst Moritz Gey­ger. Die Sta­tue war 1901 auf­ge­stellt wor­den, am Ende des Zwei­ten Welt­kriegs aber verschwunden.

Dietmar Arnold vom Berliner Unterwelten e.V. steht auf einem Teil der ausgegrabenen Stierskulptur. Foto: Schnell
Diet­mar Arnold vom Ber­li­ner Unter­wel­ten e.V. steht auf einem Teil der aus­ge­gra­be­nen Stier­skulp­tur. Foto: Schnell

„Für mich gab es kei­nen Zwei­fel, dass die Res­te der Skulp­tur noch irgend­wo sein müss­ten, und so ging ich – ange­sta­chelt durch einen kürz­lich im Wed­din­ger Brun­nen-Maga­zin erschie­ne­nen Bei­trag – auf die Spu­ren­su­che“, sagt Diet­mar Arnold. Das Maga­zin hat­te er im Dezem­ber 2021 in die Hän­de bekom­men. Mit Hil­fe his­to­ri­scher Auf­nah­men konn­te Arnold den unge­fäh­ren Stand­ort bestim­men. Mit­te Febru­ar erfolg­ten geo­phy­si­ka­li­sche Erkun­dun­gen und die Beauf­tra­gung von Archäo­lo­gin Clau­dia M. Meh­lisch. Mit ihren Helfer:innen leg­te sie die Sta­tue frei.

„In die­sem Gebiet war 1945 die Haupt­kampf­li­nie. In den letz­ten Kriegs­ta­gen schlug dann ein Artil­le­rie­ge­schoss in der Nähe ein und warf den Stier um, der dadurch zer­brach“, erklärt Diet­mar Arnold. 1948 sei bei Auf­räum­ar­bei­ten die Grund­plat­te vom Sockel gesto­ßen und der Stier um ein paar Meter ver­legt wor­den, damit er voll­stän­dig im Erd­reich ver­schwin­den konn­te. Dabei sei ver­mut­lich der Kopf abge­bro­chen. Den­noch, so schätzt es die Archäo­lo­gin ein, ist die Skul­tur in rela­tiv gutem Zustand: „Der Mar­mor ist nicht porös, es gibt ver­mut­lich kei­ne Säu­re­schä­den. Das ist erstaun­lich nach 70 Jah­ren in der Erde“. Die Ber­gung sei aber anspruchs­voll: „Man kann ihn nicht ein­fach mit dem Kran an die Schlau­fe neh­men, denn es besteht die Gefahr, dass er wei­ter zer­bricht“. Des­halb geht man lang­sam und behut­sam vor.

„Der Stier ist ein Kunst­werk, das zu Ber­lin gehört und zum Hum­boldt­hain“, sagt die Archäo­lo­gin. Auch Diet­mar Arnold sieht das so: „Ich wün­sche mir, dass der wei­ße Stier als altes Wahr­zei­chen im Hum­boldt­hain bleibt, an sei­nen Stamm­platz zurück­kehrt und wie­der zum belieb­ten Treff­punkt für die Wed­din­ger Bevöl­ke­rung wird“. Die Kos­ten von min­des­tens 10.000 Euro für die Ber­gung tra­gen die Ber­li­ner Unterwelten.

Archäologin Claudia M. Mehlisch an der Ausgrabungsstelle im Humboldthain. Foto: Schnell
Archäo­lo­gin Clau­dia M. Meh­lisch an der Aus­gra­bungs­stel­le im Hum­boldt­hain. Foto: Schnell
Postkarte vom weißen Stier im Humboldthain
Colo­rier­te Post­kar­te vom wei­ßen Stier im Hum­boldt­hain. Foto: Archiv Moni­ka Puhlemann
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Der Text stammt aus der Wed­din­ger All­ge­mei­nen Zei­tung (–> E‑Paper), der gedruck­ten Zei­tung für den Wed­ding. Geschrie­ben wur­de er von Domi­ni­que Hen­sel. Wir dan­ken dem RAZ-Verlag!

Dominique Hensel

Dominique Hensel lebt und schreibt im Wedding. Jeden zweiten Sonntag gibt sie hier den Newsüberblick für den Stadtteil. Die gelernte Journalistin schreibt für den Blog gern aktuelle Texte - am liebsten zu den Themen Stadtgärten, Kultur, Nachbarschaft und Soziales. Hyperlokal hat Dominique es auf jeden Fall am liebsten und beim Weddingweiser ist sie fast schon immer.

4 Comments

  1. Ich wür­de mich freu­en, wenn die bestehen­den Denk­mä­ler im Wed­ding, wie zum Bei­spiel die Rathen­au-Schrau­be im Reh­ber­ge­park auch Spon­so­ren fin­den wür­den, damit da mal wie­der Was­ser fließt. Aber sie soll­ten nicht aus der Ber­li­ner Unter­welt kom­men. 😉 Gemeint war doch der Ver­ein „Ber­li­ner Unter­wel­ten e.V.“ oder?

    • Der Name des Ver­eins ist ein­fach zu ver­lo­ckend, um nicht Ber­li­ner Unter­welt zu sagen 😉

      Wir hier am Bahn­hof Gesund­brun­nen haben wirk­lich Glück. Der Ber­li­ner Unter­wel­ten e.V. enga­giert sich wirk­lich sehr für die Gegend, die sie als ihr Zuhau­se emp­fin­den. Der Ver­ein hat jah­re­lang die Früh­lings­be­pflan­zung für den Rosen­gar­ten bezahlt und auch das archäo­lo­gi­sche Fens­ter am Stand­ort der zer­stör­ten Kir­che im Hum­boldt­hain ein­ge­rich­tet und selbst finan­ziert. Es stimmt, einen sol­chen enga­gier­ten Akteur könn­te jeder Stadt­teil gebrauchen!

  2. Ich lebe seit 1966 im Wed­ding und lie­be “mei­nen” Hum­bold­hain. Er war Frei­zeit­be­reich mit mei­nen Kin­dern und Enkeln.
    Dan­ke für die neue Attraktion.

  3. Ich habe mich schon sehr gefreut als ich in der Abend­schau den Bericht von der Ent­de­ckung des Stiers sah und bin gespannt, wie er gebor­gen und restau­riert aus­se­hen wird. Dan­ke an die Ber­li­ner Unter­wel­ten, dass sie sich für den Stier einsetzen.

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