Das ist ein besonderer Fototermin im Humboldthain: Im Mittelpunkt stehen die Archäologin Claudia M. Mehlisch und Dietmar Arnold vom Verein Berliner Unterwelten. Viele Kameras sind auf sie gerichtet. Klick, klick, klick – die Medien der Hauptstadt machen ihre Aufnahmen, Fernsehen und Radio fangen O‑Töne ein, denn im Volkspark ist eine kleine Sensation festzuhalten. Der Verein präsentierte Mitte April den weißen Stier vom Humboldthain, eine weiße Marmorskulptur des Bildhauers Ernst Moritz Geyger. Die Statue war 1901 aufgestellt worden, am Ende des Zweiten Weltkriegs aber verschwunden.
„Für mich gab es keinen Zweifel, dass die Reste der Skulptur noch irgendwo sein müssten, und so ging ich – angestachelt durch einen kürzlich im Weddinger Brunnen-Magazin erschienenen Beitrag – auf die Spurensuche“, sagt Dietmar Arnold. Das Magazin hatte er im Dezember 2021 in die Hände bekommen. Mit Hilfe historischer Aufnahmen konnte Arnold den ungefähren Standort bestimmen. Mitte Februar erfolgten geophysikalische Erkundungen und die Beauftragung von Archäologin Claudia M. Mehlisch. Mit ihren Helfer:innen legte sie die Statue frei.
„In diesem Gebiet war 1945 die Hauptkampflinie. In den letzten Kriegstagen schlug dann ein Artilleriegeschoss in der Nähe ein und warf den Stier um, der dadurch zerbrach“, erklärt Dietmar Arnold. 1948 sei bei Aufräumarbeiten die Grundplatte vom Sockel gestoßen und der Stier um ein paar Meter verlegt worden, damit er vollständig im Erdreich verschwinden konnte. Dabei sei vermutlich der Kopf abgebrochen. Dennoch, so schätzt es die Archäologin ein, ist die Skultur in relativ gutem Zustand: „Der Marmor ist nicht porös, es gibt vermutlich keine Säureschäden. Das ist erstaunlich nach 70 Jahren in der Erde“. Die Bergung sei aber anspruchsvoll: „Man kann ihn nicht einfach mit dem Kran an die Schlaufe nehmen, denn es besteht die Gefahr, dass er weiter zerbricht“. Deshalb geht man langsam und behutsam vor.
„Der Stier ist ein Kunstwerk, das zu Berlin gehört und zum Humboldthain“, sagt die Archäologin. Auch Dietmar Arnold sieht das so: „Ich wünsche mir, dass der weiße Stier als altes Wahrzeichen im Humboldthain bleibt, an seinen Stammplatz zurückkehrt und wieder zum beliebten Treffpunkt für die Weddinger Bevölkerung wird“. Die Kosten von mindestens 10.000 Euro für die Bergung tragen die Berliner Unterwelten.
Der Text stammt aus der Weddinger Allgemeinen Zeitung (–> E‑Paper), der gedruckten Zeitung für den Wedding. Geschrieben wurde er von Dominique Hensel. Wir danken dem RAZ-Verlag!
Ich würde mich freuen, wenn die bestehenden Denkmäler im Wedding, wie zum Beispiel die Rathenau-Schraube im Rehbergepark auch Sponsoren finden würden, damit da mal wieder Wasser fließt. Aber sie sollten nicht aus der Berliner Unterwelt kommen. 😉 Gemeint war doch der Verein „Berliner Unterwelten e.V.“ oder?
Der Name des Vereins ist einfach zu verlockend, um nicht Berliner Unterwelt zu sagen 😉
Wir hier am Bahnhof Gesundbrunnen haben wirklich Glück. Der Berliner Unterwelten e.V. engagiert sich wirklich sehr für die Gegend, die sie als ihr Zuhause empfinden. Der Verein hat jahrelang die Frühlingsbepflanzung für den Rosengarten bezahlt und auch das archäologische Fenster am Standort der zerstörten Kirche im Humboldthain eingerichtet und selbst finanziert. Es stimmt, einen solchen engagierten Akteur könnte jeder Stadtteil gebrauchen!
Ich lebe seit 1966 im Wedding und liebe “meinen” Humboldhain. Er war Freizeitbereich mit meinen Kindern und Enkeln.
Danke für die neue Attraktion.
Ich habe mich schon sehr gefreut als ich in der Abendschau den Bericht von der Entdeckung des Stiers sah und bin gespannt, wie er geborgen und restauriert aussehen wird. Danke an die Berliner Unterwelten, dass sie sich für den Stier einsetzen.