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Der Wedding und die Berlinale-Feinschmecker

22. Februar 2016
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Die Berlinale war im City Kino Wedding zu Gast. Foto: Hensel
Die Ber­li­na­le war im City Kino Wed­ding zu Gast. Foto: Hensel

Auf der Mül­lerstra­ße gibt es natür­lich Döner. Und die Gesprä­che dre­hen sich im Stadt­teil gern dar­um, wel­cher der bes­te, der ech­tes­te, der wah­re Döner ist. Der Wed­din­ger ist kuli­na­risch gese­hen schlicht und wür­de ver­mut­lich eher nicht Gaz­pa­cho vom Kür­bis mit Blau­bee­ren mit einem Hauch geräu­cher­ter Forel­le bestel­len. Daher mei­den die Fein­schme­cker der Stadt den Wed­ding. Hier gibt es zu wenig für sie. Am Frei­tag (19.2.) jedoch zeig­te der Wed­ding im Cent­re Fran­cais, dass er auch anspruchs­vol­len Gau­men einen schö­nen Abend berei­ten kann. „Ber­li­na­le goes Kiez“ hat­te Fein­schme­cker aus Ste­glitz, Neu­kölln und Detroit in einen Stadt­teil geführt, der für sie kein Begriff ist und den sie nur dank der U6 auf dem Stadt­plan haben fin­den können.

Die Kinobetreiberinnen Anne Lakeberg (links) und Wiebke Wonder begrüßten Filmemacher Detlev Buck (rechts). Foto: Hensel
Die Kino­be­trei­be­rin­nen Anne Lake­berg (links) und Wieb­ke Won­der begrüß­ten Fil­me­ma­cher Det­lev Buck (rechts). Foto: Hensel

Über­rascht kos­te­ten die Gäs­te von außer­halb, was sich Pas­tis-Chef­koch Vin­cent Gar­cia für das Kuli­na­ri­sche Kino genann­te Event im Rah­men der Ber­li­na­le aus­ge­dacht hat­te. Neben dem Gaz­pa­cho wur­de als zwei­ter Gang ein Zan­der­fi­let an Purée aus wei­ßen Boh­nen, Senf­gur­ken­sauce und gebra­te­nem Mini-Mais ser­viert. Als Des­sert wur­de Pekan­nuss-Tar­te mit Ahorn­si­rup gereicht. Dazu gab es guten Wein und gutes Was­ser. Was der Fein­schme­cker nicht merk­te: Das Team des Pas­tis hat­te an die­sem Tag eine Bewäh­rungs­pro­be zu bestehen. Ein voll besetz­tes Restau­rant mit 100 anspruchs­vol­len Gäs­ten ist sel­ten in der Mül­lerstra­ße 74, doch die Pas­tis-Crew zeig­te sich als guter und auf­merk­sa­mer Gastgeber.

Berlinale Goes Kiez: Im City Kino Wedding. Foto: Hensel
Ber­li­na­le Goes Kiez: Im City Kino Wed­ding. Foto: Hensel

An den Tischen wur­de geges­sen, getrun­ken und gere­det. Dabei ging es um die Ber­li­na­le, um tol­le Fil­me, um Schau­spie­ler und Regis­seu­re. An einem Tisch ver­such­te eine jun­ge Frau einem zufäl­lig zuge­los­ten Tisch­nach­barn aus dem eng­lisch­spra­chi­gen Raum zu erklä­ren, wo er sich gera­de befin­det. Wed­ding, armer Stadt­teil, Döner und so. Sein Blick blieb rat­los. Er hing wohl am Begriff „Wed­ding“ fest. Ehe er ver­stan­den hat, dass das nichts mit Hei­ra­ten zu tun hat, hat­te er bereits ein fri­sches Glas Weiß­wein und einen wei­te­ren Gang aus der Küche vor sich, wand­te sich der Tisch­nach­ba­rin auf der ande­ren Sei­te zu. Ist ja auch nicht so wich­tig, Haupt­sa­che, es schmeckt.

Berlinale-Gepräch mit Pastis-Chefkoch Vincent Garcia (von links), Filmemacher Jonathan Staav, Koch Michael Stadtländer und Thomas Struck vom Kulinarischen Kino. Foto: Hensel
Ber­li­na­le-Gepräch mit Pas­tis-Chef­koch Vin­cent Gar­cia (von links), Fil­me­ma­cher Jona­than Staav, Koch Micha­el Stadt­län­der und Tho­mas Struck vom Kuli­na­ri­schen Kino. Foto: Hensel

An ande­ren Tischen dreh­te sich das Gespräch um den Film, denn ja, beim Kuli­na­ri­schen Kino kommt ent­ge­gen der Wort­rei­hen­fol­ge erst das Kino und dann das Kuli­na­ri­sche. Für den Ape­re­tif, den cine­as­ti­schen Teil war das City Kino Wed­ding zustän­dig, vor sei­ner Tür hat­te das Kuli­na­ri­sche Kino sei­nen Flie­gen­den Roten Tep­pich aus­ge­rollt. Wäh­rend das Publi­kum nicht wag­te, ihn zu betre­ten und vor­sich­tig drum her­um in den Kino­saal schlich, gin­gen die Ehren­gäs­te des Tages selbst­ver­ständ­lich über den roten Lauf­steg. Zu Gast war der Fil­me­ma­cher Det­lev Buck, der sei­nen 1990 gedreh­ten Kurz­film „Schwarz­bunt Mär­chen“ mit­ge­bracht hat­te. Die Kino­be­trei­be­rin­nen Anne Lake­berg und Wieb­ke Won­der posier­ten mit Det­lev Buck vor dem leuch­ten­den Ber­li­na­le-Bären. Dazu gesell­te sich die Crew des Films „The Sing­ham­p­ton Pro­ject“, der als Haupt­film des Abends im für sich sehens­wer­ten schö­nen City Kino gezeigt wurde.

Der Tisch im Pastis ist gedeckt. Foto: Hensel
Der Tisch im Pas­tis ist gedeckt. Foto: Hensel

Spä­tes­tes beim Ahorn­si­rup wur­de dem letz­ten Fein­schme­cker klar, wie das hier mit der Ver­bin­dung von Film und Menu gemeint war. Denn der Prot­ago­nist von „The Sing­ham­p­ton Pro­ject“, der Koch Micha­el Stadt­län­der, kommt wie der Sirup aus Kana­da. Er gilt dort als Pio­nier der regio­na­len und sai­so­na­len Küche. Im Film doku­men­tier­te Jona­than Staav wie der Koch Micha­el Stadt­län­der zusam­men mit dem Künst­ler Jean Paul Ganem auf sei­ner Farm ein Gar­ten- und Food­fes­ti­val kre­ierte: einen Gar­ten anleg­te, selbst Gemü­se pflanz­te und selbst ern­te­te und am Ende mit einem Menü mit Zuta­ten nur aus dem eige­nen Gar­ten 400 Men­schen unter frei­em Him­mel bekochte.

Volles Haus im Pastis in der Müllerstraße zur Berlinale. Foto: Hensel
Vol­les Haus im Pas­tis in der Mül­lerstra­ße zur Ber­li­na­le. Foto: Hensel

Regio­nal und sai­so­nal sind auch in Ber­lin kei­ne unbe­kann­ten Wor­te. Viel Sym­pa­thie schwang dar­um auch bei den Tisch­ge­sprä­chen für den Film und für den rede­ge­wand­ten und char­man­ten Koch aus Kana­da mit. Eini­ge Ber­li­na­le-Besu­cher nah­men sich, beflü­gelt von einem schö­nen Ber­li­na­le-Abend, das aktu­el­le Pro­gramm des City Kinos mit. Auch das Restau­rant Pas­tis wur­de an die­sem Abend viel gelobt. Viel­leicht wird sich der eine oder ande­re Fein­schme­cker die Adres­se mer­ken: Pas­tis, Mül­lerstra­ße 74, Wedding.

Text und Fotos: Domi­ni­que Hensel

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