Im Gegensatz zu Eskalationen wie sie jüngst in Georgien und Polen zu erleben waren, wird die queere Community in unserer Stadt vor allem am Christopher Street Day weitestgehend gehört, unterstützt und vor allem eines: akzeptiert. Dass es im alltäglichen gesellschaftlichen Leben noch immer diskriminierende Strukturen und wenig Raum für Queers gibt, zeigt sich dennoch auch im Wedding. Mit der Café-Bar Curly soll sich nun etwas im Antonkiez bewegen.
Coz it ain’t straight!
Nachdem die Moritz Bar der Brüder Lukas und Kilian 2019 im Wedding schloss, konnten wir Anfang 2020 und seit dem Ende des ersten Lockdowns wieder aufatmen. Denn nicht nur gastronomisch, sondern auch kulturell ging es im Curly wieder bunt zu. Als Café, Bar und Veranstaltungsort hatte das Lokal in der Adolfstraße 17 seine Pforten geöffnet. Es wird wohl niemanden überraschen, dass diese nach einem ausgelassenen Sommer mit aufregenden Dragshows und kulinarischen Highlights im November wieder schließen mussten – und das letztendlich bis zum diesjährigen Sommerbeginn. Seither scheint das Curly wieder von Mittwoch bis Sonntag in voller Pracht und begrüßt Kaffee-Liebhabende, Bargänger und Freund:innen der veganen Küche mit offenen Armen. Obwohl das Motto “coz it ain’t straight!” vermuten lässt, dass es sich hier um ein Szene-Treffpunkt handeln könnte; Im Curly sind alle Gäste willkommen, die sich deutlich gegen Diskriminierung und offen gegenüber der LGBTQ+ Community zeigen.
Fusion aus Café- und Barbetrieb
Auch das Speiseangebot lässt sich definitiv sehen. Hier gibt es neben selbstgemachten Kuchen und hausgefertigten Hummus mit getoasteten Brot etwas Einmaliges im Kiez: vegane Strudel-Kreationen mit Apfel, Spinat oder Kraut gefüllt. Naschkatzen und alle, die es eher pikant und deftig mögen, können in der wechselnden Tageskarte fündig werden. Außerdem etabliert sich gerade ein sonntäglicher Vegan-Pancake-Brunch, der bald auch ganz regelmäßig stattfinden wird. Wen es eher zu späterer Stunde in den Antonkiez zieht, der kann sich auf außergewöhnliche Long-Drinks wie den Pookie, die Tuntenbrause oder Pink Gloria freuen. Da macht das Leben wieder Gin – ohne viel vorweg nehmen zu wollen.
Unterstützung bleibt aus
Die Inhaber:innen Paul und Sabine kennen sich im Berliner Gastro-Business schon blendend aus. Seit 2007 betreiben die beiden das Silverfuture in Neuköln und möchten mit der Curly Bar nun auch dem Wedding wieder einen queeren safe space bieten: fern von Heteronormativität, unabhängig von Geschlecht und Nationalität lebt damit der Grundgedanke der Moritz Bar in deren früheren Räumlichkeiten weiter. Und solch ein Raum scheint dringend benötigt zu werden. “Dieses Feedback bekommen wir auch täglich von unseren Gäst:innen, die sich sehr freuen, das wir wieder zurück sind.”, erzählt Paul.
Doch kleine, alternative Plätze haben es auch unabhängig von Corona besonders schwer. Doch gerade jetzt braucht es Unterstützung und Kompromisse von offizieller Seite. Um den Betrieb Corona-konform aufrecht zu erhalten, wurde eine Sonderfläche für die Außengastronomie beantragt. “Leider haben wir von Seiten der grünen Bezirksverwaltung keinerlei Unterstützung erhalten. Auch das Ordnungsamt argumentiert mit Verkehrssicherheit, doch jedes Mal, wenn ich mit meinem Moped durch Mitte nach Hause fahre, wundere ich mich, wieso die Hotels und Restaurants sich im Innenstadtbereich auf den gesamten Bürgersteigen ausbreiten dürfen, kleine Bars im Wedding jedoch ständig kontrolliert werden”, so Paul über die frustrierende Lage. Dennoch versuchen die Betreibenden weiterhin das CURLY für alle Queers im Wedding am Leben zu erhalten – auch um die Existenzgrundlage vieler innerhalb der Community zu sichern.
support your queer Artist
Währen des zweiten Lockdowns haben viele queere Künstler:innen und Kunsthandwerker:innen berichtet, wie schwer sie es haben. Um dagegen anzugehen, gibt es im CURLY nun einen POP UP Store, in dem diese kostenlos Ihre Produkte präsentieren und verkaufen können. Kunst, Sextoys, Fashion, aber auch Film-Screenings, Workshops und Beratungsangebote finden hier einen sicheren Platz zur Verwirklichung. “Auf diese Ausschreibung haben sich mittlerweile viele Menschen gemeldet, die etwas bei uns veranstalten oder anbieten wollen.” Die Notwendigkeit ist da, genauso wie das Interesse von Kund:innen und Gästen.
Für einen Besuch im Curly gibt es also definitiv viele Gründe. Wer möchte, kommt für einen Café, bleibt für die Kunst und lässt den Abend mit einem Getränk ausklingen.
Curly – Coz it aint straight!
Adolfstraße 17, 13347 Berlin
Di-Sa ab 18 Uhr (Stand Mai 2022)
Alle kommenden Veranstaltungen findet ihr auf der Facebookseite der Curly Bar.