Mastodon

Bye, bye Supermarkt!

22. Juni 2015
12
Zsolt Szentirmai, David Farine und Ela Kagel beim Einzug in die Brunnenstraße 64 vor vier Jahren.
Zsolt Szen­tir­mai, David Fari­ne und Ela Kagel beim Ein­zug in die Brun­nen­stra­ße 64 vor vier Jahren.

Schla­mas­sel – der Begriff beschreibt am bes­ten die Situa­ti­on, in der sich der Super­markt in der Brun­nen­stra­ße 64 der­zeit befin­det. Ende Juni läuft der Miet­ver­trag aus. Eigent­lich woll­te die gefrag­te Krea­tiv- und Expe­ri­men­tier­zo­ne fürs digi­ta­le Leben im Juni ins Statt­bad Wed­ding umzie­hen. Weil das Bezirks­amt Mit­te das Statt­bad in der Gericht­stra­ße kürz­lich wegen Sicher­heits­män­geln gesperrt hat, ist auch die Zukunft des Super­markts unge­wiss. Bis­her konn­te kein Aus­weich­quar­tier gefun­den wer­den. Das Brun­nen­vier­tel ver­liert damit Ende Juni einen enga­gier­ten Akteur, vie­le neu­en Impul­se und der Super­markt den Raum für sei­ne Pro­jek­te. Am Don­ners­tag (25.6.) fin­det die Abschieds­par­ty statt.

„Wir wol­len wei­ter­ma­chen. Wir haben so vie­le Ideen“, sagt Ela Kagel. Zusam­men mit David Fari­ne und Zsolt Szen­tir­mai hat­te die Pro­du­zen­tin und Kura­to­rin vor vier Jah­ren den Super­markt eröff­net. Schon damals man­gel­te es nicht an 

Austausch beim Freitagsfrühstück.
Aus­tausch beim Freitagsfrühstück.
Ideen. Seit 2012 fan­den mehr als 300 Kon­fe­ren­zen, Work­shops, Com­mu­ni­ty-Tref­fen aller Art, Aus­stel­lun­gen und Ver­an­stal­tun­gen wie Hacka­thons, Sprints, DIY-Mas­ter­clas­ses und vie­les mehr statt. Aus der gan­zen Stadt und dar­über hin­aus kamen die Besu­cher, um sich mit The­men wie neue Arbeits­for­men und digi­ta­les Leben zu beschäf­ti­gen. Der Super­markt war vor allem ein Anzie­hungs­punkt für Start-Ups und Frei­be­ruf­ler. Dar­über hin­aus hat das Team ein Cowor­king-Stu­dio betrieben.

Im Wed­din­ger Kiez wirk­ten die For­ma­te neu und manch­mal etwas unge­wohnt. Aber auch das Vier­tel pro­fi­tier­te zuneh­mend vom Super­markt. Ela Kagel und ihr Team stell­ten Initia­ti­ven wie dem Nach­bar­schafts­netz­werk „bv kom­pakt“ oder Pro­jek­ten des Quar­tiers­ma­nage­ments ihren gro­ßen Saal auch kos­ten­los zur Ver­fü­gung und luden regel­mä­ßig zum Ken­nen­ler­nen-Früh­stück für Nach­barn und Kiez­pro­jekt ein.

Der Kiez zu Gast im Supermarkt: Diskussion zum ehemaligen Diesterweg-Standort.
Der Kiez zu Gast im Super­markt: Dis­kus­si­on zum ehe­ma­li­gen Diesterweg-Standort.

Dass der Super­markt trotz des gro­ßen Zuspruchs das Vier­tel ver­lässt, hat meh­re­re Grün­de. „Unse­re drei­jäh­ri­ge EU-För­de­rung ist aus­ge­lau­fen, mit deren Hil­fe wir unser monat­li­ches Pro­gramm auf die Bei­ne gestellt und vie­le exter­ne Ver­an­stal­tun­gen mit unter­stützt haben“, erklärt Ela Kagel. Dazu kamen Pro­ble­me mit der Infra­struk­tur der ehe­ma­li­gen Ein­kaufs­markt-Räum­lich­kei­ten. „Wir hät­te das Pro­jekt voll­stän­dig kom­mer­zia­li­sie­ren oder uns ver­klei­nern müs­sen. Wir haben uns für die zwei­te Opti­on ent­schie­den“, sagt Ela Kagel. Des­halb soll­te der Arbeits- und Work­shop­be­reich ins Statt­bad Wed­ding zie­hen. „Ob und wann es nach der Schlie­ßung des Statt­bads für uns über­haupt mög­lich sein wird, die Räu­me zu bezie­hen, wis­sen wir nicht.“ Nach Alter­na­ti­ven im Wed­ding wird gesucht.

Am Don­ners­tag, den 25. Juni ab 19 Uhr fei­ert der Super­markt Abschied von der Brun­nen­stra­ße. Auf der Inter­net­sei­te www.supermarkt-berlin.net steht zur Per­spek­ti­ve des Pro­jekts: „Noch bis zum 30. Juni 2015 sind wir an unse­rem bis­he­ri­gen Stand­ort im Brun­nen­vier­tel zu fin­den, dann star­ten wir ein neu­es Aben­teu­er.“ Ein Aben­teu­er ins Unge­wis­se. Für den Kiez gibt es unter­des­sen ­­­­­­einen klei­nen Trost: Für die lee­ren Räum­lich­kei­ten mit der gro­ßen Fens­ter­front gibt es laut Ela Kagel bereits einen Nach­mie­ter. Die Brun­nen­viert­ler wird es freu­en: Es ist kein wei­te­res Spiel­ca­si­no oder Wettbüro.

Text und Fotos: Domi­ni­que Hensel

Dominique Hensel

Dominique Hensel lebt und schreibt im Wedding. Jeden zweiten Sonntag gibt sie hier den Newsüberblick für den Stadtteil. Die gelernte Journalistin schreibt für den Blog gern aktuelle Texte - am liebsten zu den Themen Stadtgärten, Kultur, Nachbarschaft und Soziales. Hyperlokal hat Dominique es auf jeden Fall am liebsten und beim Weddingweiser ist sie fast schon immer.

12 Comments

  1. Lie­ber pla­net Wedding,
    Dass wlan frei war und dass man sich auch dort hin­set­zen und arbei­ten konn­te, habe ich nicht bestrit­ten, dies kann man übri­gens auch in vie­len Ber­li­ner Cafés (sie­he z.B. St. Oberholz.
    Unter einem co-working Arbeits­platz ver­steht man in der Regel einen fes­ten Miet­ver­trag sei es auf Wochen- oder Monatsbasis.

    Und wie bereits gesagt, die­ses Pro­jekt war laut Infos aus dem Web nur zu 30 % ” üffent­lich ” 70% konn­te kom­mer­zi­ell betrie­ben werden.

    Viel­leicht war die Kon­kur­renz zu groß, bzw. es fehl­te das rich­ti­ge Marketing.

    Es ist nur scha­de dass die Inves­ti­tio­nen in Höhe von 300.000 € sich in Schall und Rauch auflösen

    • Mag sein. Aber im St. Ober­holz, wo ich auch ab und zu bin, muss man schon zah­len fürs Cowor­king. Die bie­ten das ja auch gegen Cash an. Im Café ist es kos­ten­los, aber der Kaf­fee ist dafür super­teu­er. Es gibt zwar Strom, aber kei­ne rich­ten Schreib­ti­sche und ver­nünf­ti­ge Stüh­le. Das war im Super­markt schon deut­lich anders. Das war mehr so ein Treff­punkt. Aber das mit den För­der­mit­teln stimmt natür­lich. Das ist echt bescheuert.

      • Lie­ber Pla­net Wedding,
        .…Das war mehr so ein Treffpunkt. „„

        Ein Treff­punkt für 300.000 Euro 🙂

        Von außen betrach­tet, hat es wohl am Mar­ke­ting gefehlt. 

        Eigent­lich scha­de, denn wenn man sich die ande­re Brun­nen­str. und die Factory:
        http://factoryberlin.com/anniversary/

        anschaut, wäre dies doch ein Steil­vor­la­ge gewesen.

        Aber viel­leicht ist der Super­markt zu früh gegrün­det worden??

        P.S.

        Was St. Ober­holz betrifft, dies war und ist ein ech­ter Treff­punkt!!! Und was die Prei­se betrifft, der Rosen­tha­ler Platz gehört zur bes­se­ren Immo­bi­li­en­la­ge als die Brunnenstr.

  2. @planetwedding

    Was ver­ste­hen Sie unter:
    ” Sie woll­ten den Super­markt nicht so stark kom­mer­zi­ell ausrichten?”

    Im Web fin­de ich einen Hin­weis auf eine För­der­sum­me von 300.000 €???
    Das ist eine beacht­li­che Sum­me oder sind das nur klei­ne Fische ???

    • Wenn ich Ela Kagel rich­tig ver­stan­den habe, ging es dar­um, im Kiez ver­an­kert zu sein und für die­sen auch einen Mehr­wert anbie­ten zu wol­len. Zum Bei­spiel in Form von Ver­net­zung oder kos­ten­lo­ser Raum­nut­zung, denn an Räu­men fehlt es den Initia­ti­ven und Ver­ei­nen im Brun­nen­vier­tel seit Jah­ren. Genau dafür waren ja mei­nes Wis­sens auch die För­der­mit­tel. Kom­mer­zi­ell aus­rich­ten hät­te bedeu­tet: kein kos­ten­frei­es Cowor­king für Alle im Super­markt mehr, kei­ne Über­las­sung des Rau­mes an Non­pro­fit-Orga­ni­sa­tio­nen, kei­ne kos­ten­frei­en Ver­an­stal­tungs­for­ma­te. Dann wäre der Super­markt ein Raum­schiff im Kiez, das nur teu­re Work­shops für gro­ße Unter­neh­men anbie­ten wür­de. Das hät­te auch sei­ne Berech­ti­gung gehabt, aber die Kiez hät­te gar nichts davon außer einer beleuch­te­ten Fensterfront.

      • Lie­ber Pla­net Wedding

        laut Fund­sa­che im Web durf­te das Pro­jekt bis zu 70% kom­mer­zi­ell betrie­ben wer­den. und der Rest non-profit

        Und die cowor­king spaces waren doch nicht kos­ten­los oder??

        • Es gab Co-Working-Stu­di­os an der Ecke Dem­mi­ner, für die man zah­len muss­te. Im Super­markt selbst gabe es auch eini­ge kos­ten­lo­se Cowor­king-Plät­ze mit Schreib­tisch und echt beque­men Stüh­len und free W‑LAN. Da habe ich öfter geses­sen und Wed­ding­wei­ser-Bei­trä­ge geschrieben … 😉

    • Sie woll­ten den Super­markt nicht so stark kom­mer­zi­ell aus­rich­ten. Ob das über­haupt geklappt hät­te, weiß ja auch kei­ner. Aber wir wer­den es erfah­ren, denn der Nach­mie­ter ist wohl ein ähn­li­ches Pro­jekt – nur viel kommerzieller.

Schreibe einen Kommentar zu Die Brunnenstraße wird zur Spielstraße | Weddingweiser Antworten abbrechen

Your email address will not be published.

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

MastodonWeddingweiser auf Mastodon
@[email protected]

Wedding, der Newsletter. 1 x pro Woche



Unterstützen

nachoben

Auch interessant?