Schlamassel – der Begriff beschreibt am besten die Situation, in der sich der Supermarkt in der Brunnenstraße 64 derzeit befindet. Ende Juni läuft der Mietvertrag aus. Eigentlich wollte die gefragte Kreativ- und Experimentierzone fürs digitale Leben im Juni ins Stattbad Wedding umziehen. Weil das Bezirksamt Mitte das Stattbad in der Gerichtstraße kürzlich wegen Sicherheitsmängeln gesperrt hat, ist auch die Zukunft des Supermarkts ungewiss. Bisher konnte kein Ausweichquartier gefunden werden. Das Brunnenviertel verliert damit Ende Juni einen engagierten Akteur, viele neuen Impulse und der Supermarkt den Raum für seine Projekte. Am Donnerstag (25.6.) findet die Abschiedsparty statt.
„Wir wollen weitermachen. Wir haben so viele Ideen“, sagt Ela Kagel. Zusammen mit David Farine und Zsolt Szentirmai hatte die Produzentin und Kuratorin vor vier Jahren den Supermarkt eröffnet. Schon damals mangelte es nicht an
Ideen. Seit 2012 fanden mehr als 300 Konferenzen, Workshops, Community-Treffen aller Art, Ausstellungen und Veranstaltungen wie Hackathons, Sprints, DIY-Masterclasses und vieles mehr statt. Aus der ganzen Stadt und darüber hinaus kamen die Besucher, um sich mit Themen wie neue Arbeitsformen und digitales Leben zu beschäftigen. Der Supermarkt war vor allem ein Anziehungspunkt für Start-Ups und Freiberufler. Darüber hinaus hat das Team ein Coworking-Studio betrieben.Im Weddinger Kiez wirkten die Formate neu und manchmal etwas ungewohnt. Aber auch das Viertel profitierte zunehmend vom Supermarkt. Ela Kagel und ihr Team stellten Initiativen wie dem Nachbarschaftsnetzwerk „bv kompakt“ oder Projekten des Quartiersmanagements ihren großen Saal auch kostenlos zur Verfügung und luden regelmäßig zum Kennenlernen-Frühstück für Nachbarn und Kiezprojekt ein.
Dass der Supermarkt trotz des großen Zuspruchs das Viertel verlässt, hat mehrere Gründe. „Unsere dreijährige EU-Förderung ist ausgelaufen, mit deren Hilfe wir unser monatliches Programm auf die Beine gestellt und viele externe Veranstaltungen mit unterstützt haben“, erklärt Ela Kagel. Dazu kamen Probleme mit der Infrastruktur der ehemaligen Einkaufsmarkt-Räumlichkeiten. „Wir hätte das Projekt vollständig kommerzialisieren oder uns verkleinern müssen. Wir haben uns für die zweite Option entschieden“, sagt Ela Kagel. Deshalb sollte der Arbeits- und Workshopbereich ins Stattbad Wedding ziehen. „Ob und wann es nach der Schließung des Stattbads für uns überhaupt möglich sein wird, die Räume zu beziehen, wissen wir nicht.“ Nach Alternativen im Wedding wird gesucht.
Am Donnerstag, den 25. Juni ab 19 Uhr feiert der Supermarkt Abschied von der Brunnenstraße. Auf der Internetseite www.supermarkt-berlin.net steht zur Perspektive des Projekts: „Noch bis zum 30. Juni 2015 sind wir an unserem bisherigen Standort im Brunnenviertel zu finden, dann starten wir ein neues Abenteuer.“ Ein Abenteuer ins Ungewisse. Für den Kiez gibt es unterdessen einen kleinen Trost: Für die leeren Räumlichkeiten mit der großen Fensterfront gibt es laut Ela Kagel bereits einen Nachmieter. Die Brunnenviertler wird es freuen: Es ist kein weiteres Spielcasino oder Wettbüro.
Text und Fotos: Dominique Hensel
[…] und Gesundbrunnen weiter ab: die Brunnenstraße verlor die Postfiliale und zwei Supermärkte, das Kreativzentrum „Supermarkt“ ist Geschichte. Jetzt ärgern sich die Anwohner über die Eröffnung eines weiteren Wettbüros […]
Vielleicht wäre dieses Modell besser gewesen:
http://www.impacthub.net/
http://www.impacthubberlin.net/
Lieber planet Wedding,
Dass wlan frei war und dass man sich auch dort hinsetzen und arbeiten konnte, habe ich nicht bestritten, dies kann man übrigens auch in vielen Berliner Cafés (siehe z.B. St. Oberholz.
Unter einem co-working Arbeitsplatz versteht man in der Regel einen festen Mietvertrag sei es auf Wochen- oder Monatsbasis.
Und wie bereits gesagt, dieses Projekt war laut Infos aus dem Web nur zu 30 % ” üffentlich ” 70% konnte kommerziell betrieben werden.
Vielleicht war die Konkurrenz zu groß, bzw. es fehlte das richtige Marketing.
Es ist nur schade dass die Investitionen in Höhe von 300.000 € sich in Schall und Rauch auflösen
Mag sein. Aber im St. Oberholz, wo ich auch ab und zu bin, muss man schon zahlen fürs Coworking. Die bieten das ja auch gegen Cash an. Im Café ist es kostenlos, aber der Kaffee ist dafür superteuer. Es gibt zwar Strom, aber keine richten Schreibtische und vernünftige Stühle. Das war im Supermarkt schon deutlich anders. Das war mehr so ein Treffpunkt. Aber das mit den Fördermitteln stimmt natürlich. Das ist echt bescheuert.
Lieber Planet Wedding,
.…Das war mehr so ein Treffpunkt. „„
Ein Treffpunkt für 300.000 Euro 🙂
Von außen betrachtet, hat es wohl am Marketing gefehlt.
Eigentlich schade, denn wenn man sich die andere Brunnenstr. und die Factory:
http://factoryberlin.com/anniversary/
anschaut, wäre dies doch ein Steilvorlage gewesen.
Aber vielleicht ist der Supermarkt zu früh gegründet worden??
P.S.
Was St. Oberholz betrifft, dies war und ist ein echter Treffpunkt!!! Und was die Preise betrifft, der Rosenthaler Platz gehört zur besseren Immobilienlage als die Brunnenstr.
@planetwedding
Was verstehen Sie unter:
” Sie wollten den Supermarkt nicht so stark kommerziell ausrichten?”
Im Web finde ich einen Hinweis auf eine Fördersumme von 300.000 €???
Das ist eine beachtliche Summe oder sind das nur kleine Fische ???
Wenn ich Ela Kagel richtig verstanden habe, ging es darum, im Kiez verankert zu sein und für diesen auch einen Mehrwert anbieten zu wollen. Zum Beispiel in Form von Vernetzung oder kostenloser Raumnutzung, denn an Räumen fehlt es den Initiativen und Vereinen im Brunnenviertel seit Jahren. Genau dafür waren ja meines Wissens auch die Fördermittel. Kommerziell ausrichten hätte bedeutet: kein kostenfreies Coworking für Alle im Supermarkt mehr, keine Überlassung des Raumes an Nonprofit-Organisationen, keine kostenfreien Veranstaltungsformate. Dann wäre der Supermarkt ein Raumschiff im Kiez, das nur teure Workshops für große Unternehmen anbieten würde. Das hätte auch seine Berechtigung gehabt, aber die Kiez hätte gar nichts davon außer einer beleuchteten Fensterfront.
Lieber Planet Wedding
laut Fundsache im Web durfte das Projekt bis zu 70% kommerziell betrieben werden. und der Rest non-profit
Und die coworking spaces waren doch nicht kostenlos oder??
Es gab Co-Working-Studios an der Ecke Demminer, für die man zahlen musste. Im Supermarkt selbst gabe es auch einige kostenlose Coworking-Plätze mit Schreibtisch und echt bequemen Stühlen und free W‑LAN. Da habe ich öfter gesessen und Weddingweiser-Beiträge geschrieben … 😉
Schade:
Woran liegt es?
Kein richtiges Business Modell?
Sie wollten den Supermarkt nicht so stark kommerziell ausrichten. Ob das überhaupt geklappt hätte, weiß ja auch keiner. Aber wir werden es erfahren, denn der Nachmieter ist wohl ein ähnliches Projekt – nur viel kommerzieller.
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