Frank Henkel, Direktkandidat für die CDU, war noch vor einem halben Jahr das Gesicht der Berliner CDU. Im Vorgespräch mit dem Weddingweiser will der ehemalige Senator und ehemalige Bürgermeister als Stehaufmännchen rüberkommen. Dabei ist zu spüren: Frank Henkel ist durch und durch Berliner und mit festen Blick auf die Berliner Politik rechnet er vor, dass er in vier Jahren erst 58 Jahre jung sein wird. Hofft er auf eine politische Rückkehr in Berlin? Auch in diesem Interview, um das der Weddingweiser wegen der Bundestagswahl bat, löst sich Henkel nicht völlig von der Berliner Landespolitik. (Hier zu den Interviews mit Özcan Mutlu von den Grünen vom 22. März, mit Eva Högl von der SPD am 3. April und Stephan Rauhut von den Linken am 8. Mai.)
Weddingweiser: Herr Henkel, Sie haben in Berlin viel politische Verantwortung getragen. Auf welche erreichten Erfolge sind Sie im Rückblick am meisten stolz?
Frank Henkel: Auf eine Menge. Aber besonders stolz bin ich, dass es mir gelungen ist als Landes- und Fraktionsvorsitzender der CDU unsere Partei 2011 nach 10 Jahren Opposition wieder in die Regierungsverantwortung gebracht zu haben.
Damit verbunden waren die Umsetzung inhaltlicher Punkte wie zum Beispiel die Trendwende in der Frage der Besoldung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im öffentlichen Dienst. Mit unserer Wirtschaftssenatorin Cornelia Yzer haben wir ein höheres Wirtschaftswachstum als im Bundesdurchschnitt erreicht. Die Arbeitslosigkeit ist so gering wie seit der Wiedervereinigung nicht mehr. Wir haben in den fünf Jahren von 2011 bis 2016 fast drei Milliarden Euro Schulden getilgt. Wir haben an den Grundschulen das jahrgangsübergreifende Lernen Jül als Zwang abgeschafft und die Freiwilligkeit durchgesetzt.
In meinem eigenen Ressort Inneres konnte ich bei der Polizei 1000 und bei der Feuerwehr 200 zusätzliche Stellen schaffen sowie den Verfassungsschutz stärken.
Wir konnten in Berlin viele Inhalte der Union umsetzen. Darauf bin ich stolz.
Weddingweiser: Wir glauben, dass unter den Weddingern die steigenden Mieten das Thema Nummer 1 sind. Was wollen Sie im Bundestag bei diesem Thema tun?
Frank Henkel: Ich sehe das Thema Mieten auch bundespolitisch, aber nicht nur. Auf Landesebene müssen wir viel machen. Berlin ist eine Mieterstadt. Die Fehlentwicklungen durch Rot-Rot der Jahre 2001 bis 2011 müssen korrigiert werden. Jahrelang wurde von Rot-Rot der Mangel an Wohnungen geleugnet.
Wichtig ist, dass künftig auch in der Innenstadt bezahlbare Wohnungen vorhanden sind. Dazu muss die öffentliche Wohnungswirtschaft zu stärkerem Engagement gebracht werden. Zukauf durch landeseigene Wohnungsunternehmen reicht nicht aus, sie müssen neu bauen.
Für Berlin ist deshalb eine Forderung der Berliner Union ein „Masterplan Wohnen“. In dem es auch um das mittlere Segment, um das Wohnen für Familien geht. Bei allem was Rot-Rot-Grün in Berlin diskutiert, fehlt der Blick auf die Familien. Wie können Familien, auch als Alterssicherung, durch eine Zusammenarbeit mit der landeseigenen Förderbank IBB bei der Eigentumsbildung unterstützt werden? Es erschreckt mich, dass ich stattdessen über Pläne für Enteignungen lese. Berlin wächst und braucht dringend Wohnungen, die durch Rot-Rot-Grün in der Koalitionsvereinbarung dargestellten Maßnahmen sind dabei wenig hilfreich.
Weddingweiser: Wie kann Wohnungsbau-Genossenschaften geholfen werden?
Frank Henkel: Wir brauchen in Berlin eine klare Regelung zur Vergabe von Grundstücken an Genossenschaften. Aber auch das Thema steuerliche Entlastung von Genossenschaften sollte intensiver betrachtet werden.
Weddingweiser: Welche Themen werden Sie im Bundestag angehen?
Frank Henkel: Die Union hat für den Bundestagswahlkampf klare Schwerpunkte: Innere Sicherheit, wirtschaftliche Stärke, Innovationskraft und gesellschaftlicher Zusammenhalt. Es wird sich niemand wundern, dass für mich – aufgrund meiner politischen Erfahrung aus den letzten Jahren – das Thema Sicherheit ganz oben steht. Wir als Partei, als Berliner CDU und als CDU in Mitte, wollen Angela Merkels Politik kraftvoll unterstützen. Auch dafür trete ich an. Die CDU und ich stehen für Stabilität, Wohlstand, Sicherheit und Wachstum.
Hintergrundinformationen
Frank Henkel ist zur Zeit Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses. Im Wahlkampf 2016 zur Berlin-Wahl war er noch der Spitzenkandidat der CDU. Nun verweigerte ihm seine Partei zur Bundestagswahl einen sicheren Listenplatz. Er ist auch nicht mehr im Landesvorstand der Berliner CDU. Selbst auf Kreisebene ist nun ein anderer Vorsitzender.
Frank Henkel wurde 1963 in Berlin geboren. Seit 1986 ist er Mitglied der CDU. 2008 wurde er Parteivorsitzender der Berliner CDU. 2011 führte der die CDU als kleinerer Partner in eine so genannte Große Koalition.
Bei der Bundestagswahl 2013 trat Philipp Lengsfeld für die CDU an und nahm 23,9 Prozent der Wähler für sich ein. Aktuell ist der Wahlkreis 75 durch Eva Högl (SPD), Philipp Lengsfeld (CDU) und Özcan Mutlu (Grüne) vertreten; die beiden letztgenannten zogen über die Liste in den Bundestag ein.
Termin für die Bundestagswahl 2017 ist der 24. September. Der Wahlkreis 75 ist identisch mit dem Bezirk Mitte.
Wahlergebnisse 2013: Eva Högl für SPD 28,2 Prozent, Philipp Lengsfeld für CDU 23,9 Prozent, Özcan Mutlu für Grüne 18,4 Prozent und Klaus Lederer für Linke 16,7 Prozent.
Wahlergebnisse 2005: Jörg-Otto Spiller für SPD 41,9 Prozent, Volker Liepelt für CDU 23,2 Prozent, Wolfgang Wieland für Grüne 13,9 Prozent und Tobias Schulze für Linke 13,8 Prozent.
Wahlergebnisse 2009: Eva Högl für SPD 26 Prozent, Christian Burholt für CDU 22 Prozent, Wolfgang Wieland für Grüne 21,5 Prozent und Klaus Lederer für Linke 19,1 Prozent.
Weitere Interviews: Den Wahlkreis 75 direkt gewinnen wollen auch Özcan Mutlu, Gespräch mit Özcan Mutlu am 22. März, Eva Högl, Gespräch mit Eva Högl am 3. April. und Stephan, Gespräch mit Stephan Rauhut am 8. Mai.
Interview und Fotos: Andrei Schnell