Isolation ist natürlich das falsche Wort, wenn alle immer zu Hause sind. Länger schon hatte ich, mal so für die nähere Zukunft, Ausschau nach einer möglichst nahen Bürofläche gehalten. Eigentlich nur einer Dachkammer oder einem sonst irgendwie nutzlosen Raum, der nicht viel kostet, aber zum Schreiben taugt. Wenig Illusionen machte ich mir darüber, dass es so etwas überhaupt noch gibt, nicht in Laufweite und nicht bezahlbar für mich, also suchte ich nicht mit Nachdruck. Jetzt denke ich nur: Hätteste ruhig mal genauer gucken können. Wer schreibt, braucht in der Regel dafür Ruhe und Isolation, an den Kopf geworfene Kuscheltiere von ungeduldigen Kindern sind da eher nicht mitgemeint.
Einmal die Woche laufe ich zum Eschenbräu, um ein Fass für den Livestream zu holen. Vor allem die geselligen Orte leer zu sehen, hat etwas Gespenstisches, eine neue Lieferung Mitnahmefässer ist gerade gekommen. Durchhalten und weitermachen, na klar, gute Laune nicht vermiesen lassen. Ein paar Rituale pflegen, ein bisschen Normalität bewahren, und bloß kein Beck’s hamstern, nur weil es noch dasteht. Wieviel Normalität in einem Geschmack stecken kann? Solche Fragen bewegen einen, wenn man es dann ausgetrunken hat.
Ich gucke Brotbackvideos im Internet, eher zufällig. Mein Freund, der YouTube-Algorithmus, hatte da so eine Idee und bot mir ein vielversprechendes Video zur Selbstherstellung eines türkischen Pfannenbrotes dar. Er tat das in einem Moment, in dem ich hungrig war, und der visuellen Verlockung nicht widerstehen konnte. Ich guckte das durch, fühlte mich inspiriert, es zu versuchen, wenn wieder Hefe im Regal war, und widmete mich anderen Dingen. Sobald ich jetzt YouTube aufmache, kommen aber überall diese Brote, und andere, die noch leckerer aussehen. Ich musste auf manches klicken, und jetzt wird es immer schlimmer auf meinem Bildschirm. Was es nicht alles für tolle Backware gibt, die man aus einem Kilo Mehl machen kann. Ich hätte beim letzten Einkauf sogar bis zu fünf Kilo Mehl aus dem Supermarkt nach Hause tragen dürfen.
Es ist nicht wirklich so, dass ich mehr Zeit hätte, nur weil Workshops und Lesungen abgesagt werden, ich brauche wirklich keine Tipps für neue Beschäftigungen. Aber die, die schon lange warten, die aufgeschobenen kann man ja angehen. Zum Beispiel einen sehr komplizierten Pappbus für die Kinder fertigbasteln, und eine Stunde lang sorgfältig durchkleben, weil bei allen anderen Versuchen in der Zeitrechnung vor Corona die Geduld dafür fehlte und alles wieder zusammenfiel. Oder mit den Computern endlich auf Linux umziehen, auch wegen der Viren, versteht sich, und auch sonst alles mal durchsortieren, aussortieren, wegwerfen, umorganisieren. So lange kann das eigentlich nicht gehen, um alles zu schaffen.
Die Brauseboys – Lesebühne im Wedding – Streamboys am 2.4.!
Seit siebzehn Jahren jede Woche neue Texte, Betrachtungen, Musik und belebende Heiterkeit. Jetzt haben wir schon den dritten Livestream vor Augen und begrüßen euch diese Woche wieder live und in Farbe auf Facebook. Wir sind uns sicher, dass es mit euch wieder ein spektakulärer Abend wird.
Ab 20.15 Uhr einschaltbar auf unserer Facebook-Seite, auch ohne Account. Der Livestream wird archiviert und kann später nachgeschaut werden, z.B. auch auf unserer Homepage.