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Auf dem roten Teppich in den Wedding

18. Februar 2019
Anne Lakeberg im Gespräch mit Schauspielerin Charlotte Rampling. Foto: Hensel
Anne Lake­berg im Gespräch mit Schau­spie­le­rin Char­lot­te Ram­pling. Foto: Hensel

Der Ber­li­na­le-Wett­be­werb ist lau gewe­sen in die­sem Jahr? Egal. Film­fes­ti­val­di­rek­tor Die­ter Koss­lick möge nun end­lich in den Ruhe­stand gehen, die Ber­li­na­le müs­se sich drin­gend neu erfin­den – das inter­es­sier­te am Frei­tag im Wed­ding kei­nen. Der Pots­da­mer Platz ist weit weg, wenn man in der Mül­lerstra­ße auf dem roten Kino­ses­sel sitzt. Im City Kino Wed­ding war am Frei­tag Ber­li­na­le-Tag. Drei Fil­me wur­den im Rah­men der 69. Film­fest­spie­le gezeigt. Es gab zwei tol­le Film­ge­sprä­che, einen ech­ten Lein­wand­star und auch ein wun­der­ba­res Menu zum Film, ser­viert von der Gour­man­de­rie im Vor­der­haus des Kinos. Die Ber­li­na­le im Wed­ding, die kann ger­ne blei­ben wie sie ist.

Die engagierten Kiezkinos im Fokus
Berlinale 2019 im City Kino Wedding: Kinobetreiberin Anne Lakeberg begrüßt das Publikum. Foto: Hensel
Ber­li­na­le 2019 im City Kino Wed­ding: Kino­be­trei­be­rin Anne Lake­berg begrüßt das Publi­kum. Foto: Hensel

Seit zehn Jah­ren kommt die Ber­li­na­le mit dem flie­gen­den roten Tep­pich auch in die Kieze. Das Film­fes­ti­val will damit den Fokus auf die klei­nen Pro­gramm­ki­nos mit ihren enga­gier­ten Teams set­zen. Teams wie das vom City Kino Wed­ding. Anne Lake­berg von City Kino ist eine die­ser Men­schen, die Woche um Woche aus­ge­wähl­te Kino­fil­me in die Kieze tra­gen. Auch die Ber­li­na­le hat sie wie­der in ihr Kino geholt, doch damit nicht genug. Anne Lake­berg ist wäh­rend der dies­jäh­ri­gen Ber­li­na­le mit dem flie­gen­den roten Tep­pich von Kiez­ki­no zu Kiez­ki­no gereist und hat die Film­vor­füh­run­gen und ‑gesprä­che in den ande­ren Kinos mode­riert. Am Frei­tag war sie nach ihrem sie­ben­tä­gi­gen Ber­li­na­le goes Kiez-Weg durch Fried­richs­hain (b‑ware! Laden­ki­no), Fried­richs­ha­gen (Kino Uni­on), Kreuz­berg (Sput­nik Kino), Prenz­lau­er Berg (Licht­blick-Kino), Pan­kow (Blau­er Stern) und Schö­ne­berg (Ode­on) in ihrem eige­nen Kino im Wed­ding angekommen.

Gleich geht die Berlinale-Vorstellung im City Kino Wedding los. Foto: Hensel
Gleich geht die Ber­li­na­le-Vor­stel­lung im City Kino Wed­ding los. Foto: Hensel

Von Ber­li­na­le-Müdig­keit war im City Kino Wed­ding am Frei­tag nichts zu spü­ren. Die Zuschau­er kamen aus allen Tei­len der Stadt, schrit­ten zahl­reich über den roten Tep­pich im Cent­re Fran­cais. Die Vor­stel­lun­gen waren aus­ver­kauft und gefüllt mit Men­schen, die sich freu­ten, ein Ber­li­na­le-Ticket ergat­tert zu haben. Auch wenn kein Wett­be­werbs­film gezeigt wur­de und auch wenn der Stand­ort des Licht­spiel­hau­ses irgend­wo an der U 6 erst nach­ge­schla­gen wer­den musste.

Im Gespräch mit Charlotte Rampling
Anne Lakeberg beim Filmgespräch mit Charlotte Rampling (rechts). Foto: Hensel
Anne Lake­berg beim Film­ge­spräch mit Char­lot­te Ram­pling (rechts). Foto: Hensel

Die Ber­li­na­le im City Kino Wed­ding in die­sem Jahr brach­te „Der Nacht­por­tier“ aus dem Jah­re 1974 auf die Lein­wand. Es geht dar­in um die Bezie­hung einer KZ-Gefan­ge­nen und einem SS-Arzt – ein Skan­dal­film zur Zeit der Erst­aus­strah­lung. Im Anschluss an die Vor­füh­rung gab es ein aus­führ­li­ches Gespräch mit Fil­me­ma­che­rin Lilia­na Cava­ni und der Haupt­dar­stel­le­rin Char­lot­te Ram­pling. Ram­pling war tags zuvor am Pots­da­mer Platz der Gol­de­ne Ehren­bär für ihr Lebens­werk ver­lie­hen wor­den. Am Frei­tag war sie für die Fra­gen von Anne Lake­berg und dem Publi­kum im City Kino Wed­ding da. Auch Lilia­na Cava­ni gab aus­führ­lich Ein­blick in ihre Arbeit und ihre Her­an­ge­hens­wei­se an die Geschichte.

Der Weg zurück zum Leben
Filmemacher und Aussteiger John Chester auf der Bühne im City Kino Wedding. Foto: Hensel
Fil­me­ma­cher und Aus­stei­ger John Ches­ter auf der Büh­ne im City Kino Wed­ding. Foto: Hensel

Im Anschluss an die­sen Klas­si­ker wur­de den Zuschau­ern mit „The Big­gest Litt­le Farm“ eine Doku­men­ta­ti­on ser­viert. Zu sehen war wie der Fil­me­ma­cher und Aus­stei­ger John Ches­ter mit sei­ner Frau Mol­ly eine 80 Hekt­ar gro­ße Farm Kali­for­ni­en zu neu­em Leben erweckt. Das Ziel der zwei: den durch Mono­kul­tur aus­ge­dörr­ten Boden mit natür­li­chen Metho­den wie­der zu bele­ben. Die Kino­zu­schau­er folg­ten dem Paar acht Jah­re lang auf ihrem bemer­kens­wer­ten Weg hin zu einer natur­ver­bun­de­nen Lebensweise.

Guten Appetit Filmfans!
Kulinarisches Kino in der Gourmanderie. Foto: Hensel
Kuli­na­ri­sches Kino in der Gour­man­de­rie. Foto: Hensel

Nach der ein­drucks­vol­len und wit­zi­gen Doku­men­ta­ti­on folg­te eben­falls ein Film­ge­spräch mit dem Fil­me­ma­cher und schließ­lich ergänz­te ein vom Film inspi­rier­tes Menü den Abend. Clau­de Tren­del vom fran­zö­si­schen Restau­rant Gour­man­de­rie im Vor­der­haus des Cent­re Fran­cais tisch­te ein vege­ta­ri­sches Drei-Gän­ge-Menü auf. Dabei kamen an den lan­gen Tischen vie­le Men­schen mit­ein­an­der ins Gespräch über die Fil­me, die Ber­li­na­le, über den Wed­ding und über die Gene­ra­ti­on Net­flix. Der Film, der Anlass für die Gesprä­che und das Essen war, star­tet im Früh­som­mer übri­gens auch in Deutsch­land im regu­lä­ren Kinoprogramm.

Nouvelle Vague im Weddinger Kino

Wäh­rend die Teil­neh­mer des Kuli­na­ri­schen Kinos in der Gour­man­de­rie noch ihr her­vor­ra­gen­des Din­ner genos­sen, nah­men bereits neue Gäs­te in dem roten Kino­ses­seln Platz. Als letz­ter Film des Ber­li­na­le-Tages in der Mül­lerstra­ße wur­de im Rah­men des Doku­men­ta­ri­schen Forums „Var­da par Agnès“ von Agnès Var­da gezeigt. Die Foto­gra­fin, Instal­la­ti­ons­künst­le­rin und Weg­be­rei­te­rin der Nou­vel­le Vague, ist eine Insti­tu­ti­on des fran­zö­si­schen Kinos. Sie gibt mit dem Film Ein­blick in ihr Schaffen.

Auf Wiedersehen Berlinale!

Das war sie, die Ber­li­na­le im Wed­ding. Es war ein Gewinn für die Zuschau­er und das City Kino Wed­ding. Es war aber vor allem auch ein Gewinn und eine ver­dien­te Wert­schät­zung für die, die wie Anne Lake­berg und ihr Team das gan­ze Jahr über uner­müd­lich Kino­fil­me und Film­ge­sprä­che in die Kieze tra­gen. Sol­len sie ändern, was sie wol­len, die bei­den neu­en Ber­li­na­le-Fes­ti­val­lei­ter Car­lo Cha­tri­an und Mari­et­te Ris­sen­beek. Aber mögen sie die Kiez­ki­nos im Blick behal­ten und den flie­gen­den roten Tep­pich auch wei­ter­hin auf die Rei­se schi­cken vom Pots­da­mer Platz nach Fried­richs­ha­gen nach Wedding!

PS: Die 70. Inter­na­tio­na­len Film­fest­spie­le Ber­lin fin­den vom 20. Febru­ar bis 1. März 2020 statt.

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