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be’kech: Verbring’ hier deine Zeit!

28. Juni 2017
Louna Sbou (l.) und Nina Martin

Knei­pen, Bars, Cafés – davon gibt es jede Men­ge im Wed­ding. Aber ein Anti-Café? Das ist mal was ande­res. Mit dem be’k­ech haben Louna und Nina in der Wed­din­ger Exer­zier­stra­ße  das ers­te Café die­ser Art in Ber­lin eröff­net. Wir haben es ausprobiert.

Berlin trifft Marrakech im be’kech

Ein hel­ler Raum, eine Holz­trep­pe ins Unter­ge­schoss, sicht­ba­res Mau­er­werk und eine Bar aus Holz­bret­tern: auf den ers­ten Blick sieht das Be’k­ech aus wie vie­le hüb­sche Cafés in Ber­lin. Doch am Tre­sen bekommt jeder Gast als ers­tes eine klei­ne Taji­ne, ein marok­ka­ni­sches Ton­ge­fäß. Dar­in legen die Betrei­be­rin­nen einen klei­nen Zet­tel, auf dem die Ankunfts­zeit notiert ist. Und genau dar­in liegt das Beson­de­re: „Es geht um das Wert­volls­te, was wir haben“, erklärt Louna. Sie meint die Zeit, und die spielt hier eine ganz beson­de­re Rolle.

Louna zeigt eine Tajine

Die 30-Jäh­ri­ge Louna hat marok­ka­ni­sche Wur­zeln, die sich in den Taji­nes, in den Bil­dern an der Wand und auch in der Hin­ter­grund­mu­sik zei­gen. Ihre Geschäfts­part­ne­rin Nina und Louna haben sich in Bei­rut ken­nen­ge­lernt. „Wir woh­nen am Gesund­brun­nen und woll­ten unbe­dingt im Wed­ding ein Café eröff­nen“, sagt Louna. Aus­ge­rech­net in die­ser unwirt­li­chen Stra­ße: Ein­bruchs­spu­ren an der Tür und ein alter Tre­sor waren Relik­te aus der Ver­gan­gen­heit des Ladens. „Als wir das ehe­ma­li­ge Spiel­ca­si­no ent­deck­ten, wuss­ten wir: das ist der rich­ti­ge Ort für unse­re Idee“, erzählt Louna. Der Clou des aus Süd­ost­asi­en und eini­gen ande­ren euro­päi­schen Städ­ten bekann­ten Anti-Café-Prin­zips ist: man zahlt nicht für den Kon­sum, son­dern für die ver­brach­te Zeit.

Nach Herzenslust

Das be’k­ech in der Exerzierstraße

Auch wenn nach der im Café ver­brach­ten Lebens­dau­er abge­rech­net wird, gibt es kei­ne ein­zi­ge Uhr in den bei­den Gast­räu­men im Erd­ge­schoss und im Sou­ter­rain. Pro Minu­te wer­den nur 5 Cent fäl­lig, maxi­mal 15 Euro kos­tet der gan­ze Tag, und wer Mit­glied wird, zahlt 220 Euro im Monat. Dafür kann man sich am Buf­fet und bei den kal­ten und war­men Geträn­ken nach Her­zens­lust bedie­nen. „Wir ach­ten auf fair gehan­del­ten Kaf­fee aus einer Koope­ra­ti­ve im Kon­go, Soli-Mate und vegan-vege­ta­ri­sches Essen“, so beschreibt Louna das Café-Kon­zept. Sai­so­na­le und regio­na­le Lebens­mit­tel beto­nen den nach­hal­ti­gen Ansatz der Betrei­ber, die sich als anti­ka­pi­ta­lis­tisch ver­ste­hen. Die Prei­se sind bewusst nied­rig gehal­ten, denn das Be’k­ech will den Wed­din­ger Kiez zusam­men­brin­gen und kei­ne abge­ho­be­ne Kli­en­tel bedie­nen. Und weil es nicht all­zu teu­er ist, wird hier Ent­schleu­ni­gung gelebt. Inzwi­schen gibt es sams­tags und sonn­tags auch ein vegan-vege­ta­ri­sches Brunch, wo die Essens­aus­wahl auch noch erheb­lich grö­ßer ist als sonst. Das Essen wird übri­gens auch­mit Zuta­ten gefer­tigt, die vom Super­markt Sir­Plus für geret­te­te Lebens­mit­tel gelie­fert wer­den. Eini­ge Pro­duk­te im be’k­ech stam­men außer­dem aus soli­da­ri­scher Landwirtschaft.

Ein schöner Arbeitsplatz

Der Cowor­king-Space mit Café, einem sepa­rat für bis zu zehn Leu­ten buch­ba­ren Mee­ting Room und Sky­pe- oder Tele­fon­ka­bi­nen rich­tet sich an alle, die stun­den­wei­se einen Arbeits­platz mit kos­ten­lo­sem Inter­net brau­chen. Dru­cken und scan­nen sind eben­falls möglich.

Maghreb trifft DDR

Die Ein­rich­tung ist eine Remi­nis­zenz an Marok­ko, aber auch an die ehe­ma­li­ge DDR, aus der Nina stammt. Die Sitz­mö­bel sind im sozia­lis­ti­schen Retro-Look, das Holz der The­ke stammt von einem Ber­li­ner Schrott­platz. Auf zwei Ebe­nen, wobei das Unter­ge­schoss mit sei­ner schumm­ri­gen Bücher­sitz­ecke marok­ka­ni­sche Gemüt­lich­keit aus­strahlt, fin­det hier jeder Gast sein Plätz­chen, wo er das Wert­volls­te aus­gibt: sei­ne Zeit.

Seit März 2018 gibt es auch eine rauch­freie Bar mit Abend­ver­an­stal­tun­gen im be’k­ech. Auch ene Aus­wahl an alko­ho­li­schen Geträn­ken zu bezahl­ba­ren Prei­sen gehört zum Kon­zept. Als Pro­gramm sind Kon­zer­te, Work­shops, Lesun­gen, Film­aben­de, Panels, Aus­stel­lun­gen und vie­les mehr geplant.

Das Be’k­ech ver­steht sich als Anti-Café. Anti-Cafés sind um 2011 in Russ­land ent­stan­den. Sie sind eine Art Cowor­king-Cafés ohne Verzehrzwang.

Das Buf­fet auf dem Buffet

Exer­zier­str. 14

Mo-Fr: 09–19 Uhr, Sa+So: 11–19 Uhr

Web­site

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Joachim Faust

hat 2011 den Blog gegründet. Heute leitet er das Projekt Weddingweiser. Mag die Ortsteile Wedding und Gesundbrunnen gleichermaßen.

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