Die vielen Umsteiger ärgern sich über ein paar Meter zwischen U- und S‑Bahnhof, denen ein Regenschutz fehlt oder über eine jahrelang nicht funktionierende Rolltreppe. Doch sowohl der modern wirkende S‑Bahnhof und der in Pop-Art-Orange leuchtende U‑Bahnhof Wedding sind sehr geschichtsträchtige Orte und verdienen einen zweiten Blick.…
Der Ringbahnhof wurde am 1. Mai 1872 im nur von wenigen Hundert Einwohnern besiedelten Wedding eröffnet und ist damit einer der ältesten entlang der Ringbahn. Die Strecke wurde in den Jahren 1889⁄1890 auf die noch heute erkennbaren Viaduktbögen höhergelegt. Der Bahnsteig lag weiter östlich als heute, mehr zum Nettelbeckplatz hin. Erst 1912 erhielt der Bahnhof einen Ausgang auch zur Müllerstraße. Elektrisch fuhren die Ringbahnzüge dann ab 1929 – die Berliner S‑Bahn wurde zu dem legendären Verkehrsmittel, das sie bis heute geblieben ist. Als die Reichsbahn 1980 streikte, wurde der Betrieb eingestellt und ruhte bis zum 15. Juni 2002 – der Tag, an dem der gesamte S‑Bahn-Ring wieder in Betrieb genommen wurde. Der Bahnhof wurde auf den bestehenden Viaduktbögen weiter westlich, also näher an der U 6, in moderner Architektur neu gebaut. Zum Nettelbeckplatz hin blieb der alte backsteinverkleidete Eingang bestehen, aber von dort sind heute längere Fußwege bis zum Bahnsteig zurückzulegen. Auf dem Bahnsteig selbst geht es angesichts der aus den Zügen massenhaft strömenden Pendler meistens sehr beengt zu – hier ist Großstadthektik pur zu spüren.
Seit 1923 Anschluss an die U‑Bahn
Der U‑Bahnhof der 1923 unter dem Namen Nordsüd-Bahn eröffneten Strecke sollte eigentlich Ringbahn heißen. Für die benachbarte Station “Reinickendorfer Straße”, die sich direkt am Weddingplatz befindet, war der Name “Wedding” vorgesehen. Am Ende war es dann doch der U‑Bahnhof an der Ringbahn, der “Bhf Wedding” hieß. Dieser Name blieb sogar bis 1972 bestehen, als die Station auf 110 Meter verlängert wurde und die noch heute vorhandenen orangefarbenen Wandfliesen erhielt. Dort steht nur noch “Wedding” – einen Hinweis auf die von der DDR-Reichsbahn betriebene S‑Bahn wollte die BVG nicht mehr geben. Vorher hatte der Bahnhof die gleiche minimalistische Gestaltung mit unverkleideten Wänden wie sie der benachbarte Bahnhof Reinickendorfer Straße noch heute aufweist. Die in grau gehaltenen Doppelstützen auf dem Mittelbahnsteig stammen noch aus der Entstehungszeit. Der U‑Bahnhof hat nur zwei Ausgänge, die auf die Mittelinsel der Müllerstraße führen. Wer bis 1980 zur S‑Bahn umsteigen wollte, musste erst die Müllerstraße und dann die Lindower Straße überqueren. Kein Vergleich also mit der heutigen Umsteigesituation, die relativ komfortabel und sicher ist: Autos können die Müllerstraße seit dem Neubau des S‑Bahnhofs am U‑Bahnausgang nicht mehr queren.