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Als die “Plumpe” noch Nabel der Fußballwelt war

25. Juli 2016
Blau-weiße Wunder von Michael Jahn im Verlag Die Werkstatt.
Blau-wei­ße Wun­der von Micha­el Jahn im Ver­lag Die Werkstatt.

Herz­li­chen Glück­wunsch Her­tha BSC. Heu­te wird der Ver­ein 124 Jah­re alt. Zu Opas Zei­ten, als Her­tha noch Deut­scher Meis­ter wur­de, fan­den vie­le Sai­son-Spie­le in der “Plum­pe” statt – einem Sta­di­on in der Behm­stra­ße. Micha­el Jahn hat in sei­nem Buch “Blau-wei­ße Wun­der. Die Geschich­te von Her­tha BSC” auch eini­ge Kapi­tel über die Anfän­ge der Her­tha im Gesund­brun­nen geschrie­ben. Ein Blick zurück auf Her­thas Kinderjahre.

Die Gründerjahre

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Hos­te­lO und Cam­pus Viva im Auf­bau, Jüli­cher Stra­ße, 2015 [Foto: Sula­mith Sallmann]
Die Grün­der­jah­re heißt im Buch “Blau-wei­ße Wun­der” das ers­te Kapi­tel über 15 Sei­ten zu den Ursprün­gen der Her­tha. Für Loka­pa­trio­ten wäre es zu schön gewe­sen, wenn die Stra­ßen­bank, auf der der Ver­ein BFC Her­tha 92 am 25. Juli 1892 gegrün­det wor­den sein soll, in der Stral­sun­der Stra­ße oder am Vin­eta­platz gestan­den hät­te. Aber wahr­schein­lich stand sie am Arko­na­platz. Vor fast 124 Jah­ren lag der Vin­eta­platz genau wie der Arko­na­platz in der Rosen­tha­ler Vor­stadt – aus dama­li­ger Sicht also im sel­ben Kiez. Heu­te lie­gen frei­lich Wel­ten zwi­schen die­sen bei­den Plätzen.

Eben­so Wel­ten lie­gen zwi­schen dem Fuß­ball-Leben im Kai­ser­reich und dem heu­ti­gen Pro­fi-Fuß­ball. Die min­der­jäh­ri­gen Grün­der Brü­der Lorenz und Lind­ner (der ers­te Vor­sit­zen­de war Onkel Ernst Wisch – 22 Jah­re jung) benann­ten den Ver­ein ein­fach nach einem Aus­flugs­damp­fer – Her­tha. Die Namens­wahl war bereits damals unge­wöhn­lich, hie­ßen in die­ser Zeit Sport­ver­ei­ne doch Teu­to­nia oder Ger­ma­nia und man jubel­te dem Kai­ser zu.

Das heutige Hostel in der Jülicher Straße war nicht Heim der Hertha. Foto Ralf Schmiedecke Sammlung Berlin.
Das heu­ti­ge Hos­tel in der Jüli­cher Stra­ße war nicht Heim der Her­tha. Foto Ralf Schmie­de­cke Samm­lung Berlin.

Gespielt wur­de zunächst auf dem Exer­zier­platz, dem heu­ti­gen Fried­rich-Lud­wig-Jahn-Sport­platz. Der Platz war groß und bot vie­len Ver­ei­nen Platz – so auch dem jun­gen Ver­ein BFC Her­tha 92. Ab 1904 spiel­te Her­tha dann im Gesund­brun­nen. Gast­wirt Joseph Sche­be­ra hat­te an der Behm­stra­ße Ecke Bel­ler­mann­stra­ße einen Fuß­ball­platz abge­zäunt und ver­mie­te­te ihn. 200 Zuschau­er sol­len zu den Spie­len gekom­men sein. In der Sai­son 190506 kam bereits der ers­te gro­ße Sieg – Her­tha wur­de Ber­li­ner Meister.

Weni­ge Jah­re spä­ter, nach dem Ers­ten Welt­krieg, spiel­te Her­tha bereits um den Titel Deut­scher Meis­ter. Der Titel wur­de nach Spie­len im K.-o.-System unter den jeweils bes­ten Mann­schaf­ten der vier (spä­ter dann 7) Regio­nal­li­gen ver­ge­ben. Eine Reichs­li­ga gab es nicht. In den 20er Jah­ren kam Her­tha sechs Mal ins Final­spiel. Deut­scher Meis­ter wur­de der Ver­ein schließ­lich 1930 und 1931.

Einwurf: Die Plumpe – mehr als ein Fußballplatz

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Ges(ch)ichtslose Behm­stra­ße 2015 [Foto: Sula­mith Sallmann]
Das Buch unter­bricht sei­nen chro­no­lo­gi­schen Auf­bau gern für wich­ti­ge The­men. So gibt es zum Bei­spiel ein eige­nes Kapi­tel über die Geschich­te des Sta­di­ons. In den 1920er Jah­ren wur­de es gebaut. Berühmt wur­de es unter dem Namen Plum­pe. Es stand aber nicht dort, wo sich heu­te die Fuß­ball­plät­ze hin­ter dem Hos­tel Jüli­cher Stra­ße Ecke Bel­ler­mann­stra­ße befin­den. Der Ver­ein SV Nord Nord­west 1898 war schnel­ler gewe­sen und hat­te dem Gast­wirt Joseph Sche­be­ra die­ses Gelän­de abge­kauft. Die Plum­pe wur­de auf einer vor­ma­li­gen Eis­bahn auf der gegen­über­lie­gen­den Stra­ßen­sei­te errich­tet, dort, wo heu­te (auch schon wie­der ehe­ma­li­ge) Sozi­al­woh­nungs­bau­ten ste­hen. Die bei­den Rän­ge wur­den der Zau­ber­berg und der Uhren­berg genannt.

Einwurf: Hanne Sobek – Der erste Hertha-Star

Eingang Hertha Sportplatz um 1955. Foto Ralf Schmiedecke Sammlung Berlin
Ein­gang Her­tha Sport­platz um 1955. Foto Ralf Schmie­de­cke Samm­lung Berlin

Ein ande­res Son­der­ka­pi­tel bekommt Han­ne Sobek. Der Mann, nach dem der Vor­platz am Bahn­hof Gesund­brun­nen und eine Sport­an­la­ge in der Oslo­er Stra­ße nahe dem Loui­se-Schrö­der-Platz benannt ist. An die­sem Namen kommt ein Her­tha-Fan in der Tat nicht vor­bei. Die Ber­li­ner lieb­ten ihn damals. Nicht weni­ger wich­tig ist aller­dings der Name Wil­helm Wer­ni­cke. Von 1908 bis 1933 war er offi­zi­ell Ver­eins­vor­sit­zen­der und wäh­rend der NS-Zeit lei­te­te er als Netz­wer­ker im Hin­ter­grund den Ver­ein über­aus erfolg­reich. Nach Ende des Zwei­ten Welt­kriegs ist das Wie­der­auf­le­ben der ver­bo­te­nen Her­tha sehr wahr­schein­lich eben­falls sei­nem Ein­satz zu verdanken.

Die meis­ten Zuschau­er waren aller­dings nicht in die Plum­pe gekom­men, um ein Spiel der Her­tha zu sehen. 1948 hör­ten sie die berühm­ten Wor­ten zur Ber­lin-Blo­cka­de “Ihr Völ­ker der Welt – schaut auf die­se Stadt” vom dama­li­gen Bür­ger­meis­ter Ernst Reu­ter. 80.000 sol­len es gewe­sen sein.

Das Ende kam für die Plum­pe 1963. Es genüg­te nicht den Anfor­de­run­gen der in die­sem Jahr gegrün­de­ten Bun­des­li­ga. Her­tha spiel­te ab der Sai­son 196364 im Olym­pia­sta­di­on. Bit­ter: Das letz­te Spiel in der Plum­pe, am 22. Okto­ber 1974 ange­setzt, fand nicht mehr statt. Der Geg­ner des Freund­schafts­spiels, der 1. FC Nürn­berg, reis­te wegen Regen nicht an. Danach folg­te der Abriss.

Zauberberg und Uhrenberg gut zu erkennen bei diesem Spiel Hertha gegen Wacker. Foto Ralf Schmiedecke Sammlung Berlin.
Zau­ber­berg und Uhren­berg gut zu erken­nen bei die­sem Spiel Her­tha gegen Wacker. Foto Ralf Schmie­de­cke Samm­lung Berlin.

Infos zu Autor und Buch

Der Autor Micha­el Jahn, hat als Sport­re­por­ter 20 Jah­re für die Ber­li­ner Zei­tung über die Her­tha berich­tet. Im Mai 2014 ging Jahn in den Ruhestand.

2011 erschien sein Buch “Blau-wei­ße Wun­der” mit 496 Sei­ten im Ver­lag Die Wer­statt als Hard­co­ver. Das Buch kos­tet 28 Euro. Es ent­hält Fotos. ISBN: 978−3−89533−825−0.

LINKS

Berlin-Gesundbrunnen, Behmstraße, Bellermannstraße, Wohnhaus, Plattenbau
Behmstraße/Ecke Bel­ler­mann­stra­ße, 2015 [Foto: Sula­mith Sallmann]
Über das Buch Blau-wei­ße Wun­der im Ver­lag Die Werkstatt.

Einen Über­blick über die Ver­eins­ge­schich­te bie­tet die offi­zi­el­le Web­sei­te www.herthabsc.de und eine kur­so­ri­sche Geschich­te bie­tet die vom Fuß­ball­klub betrie­be­ne Web­sei­te www.herthamuseum.de.

Einen gut geschrie­be­nen Arti­kel über die Her­tha im Wed­ding ver­öf­fent­licht Ger­hild Kom­man­der.

Der Wed­ding­wei­ser schrieb am 25. Janu­ar 2015 “Plum­pe – Hos­tel statt Ver­eins­heim”.

Autor: And­rei Schnell; Cover: Ver­lag die Werk­statt; His­to­ri­sche Fotos: Ralf Schmie­de­cke, Samm­lung Berlin

Andrei Schnell

Meine Feinde besitzen ein Stück der Wahrheit, das mir fehlt.

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