Vorerst ist der Abriss von Wohnhäusern in der Tegeler Straße 3 bis 5 vertagt. Die Bayer AG muss zunächst eine unterlassene Suche nach Fledermäusen nachholen. Die Mieter wollen, dass nicht bloß über Tiere im Winterschlaf gesprochen wird. Ihnen geht es um Stadtentwicklungspolitik. Sie kritisieren Bayer, werfen dem Unternehmen Lügen vor.
“Alle Zeitungen schreiben jetzt von den Fledermäusen, von taz bis BZ. Aber uns geht es um den städtebaulichen Wahnsinn, der hier zu beobachten ist”, sagt ein Mieter, mit dem der Weddingweiser sprechen konnte. “Abreißen ist von gestern”, das sage sogar die Senatsbaudirektorin Petra Kahlfeldt, “ein Skandal, dass der Bebauungsplan nicht geändert wird”, so der Mieter. Bedroht sei ein sozial intakter Kiez mit 220 Menschen, einer Kita und zahlreichen Handwerksbetrieben.
Vorwurf: Lüge
“Bayer lügt”, sagt der Mieter. Die Aussagen stimmen nicht, die der Bayer-Standortleiter Stefan Klatt am Mittwoch in der Ausschuss-Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung gemacht habe. Keinem Mieter habe die Bayer AB Angebote für Ersatzwohnungen gemacht. Auch auf den Wegzug von Mietern in Nummer 3, auf die der Manager explizit hinwies, seien ohne Hilfe des Konzerns ausgezogen. “Geradezu zynisch”, kommentiert der Mieter. Tatsächlich seien diese Mieter psychisch krank gewesen und hätten dem Druck nicht standgehalten. In den Kündigungsschreiben stehe lediglich der Satz, dass die Bayer AG an einer gütlichen Einigung interessiert sei. “Das ist aber in keiner Weise konkretisiert worden”. Viele Mieter haben eine Kündigung zum 28. Februar erhalten. Anderen ist bereits im vergangenen Jahr gekündigt worden.
Falsch sei auch die Aussage, dass in dem leerstehenden Seitenflügel Tegeler Straße 2 nur Büros gewesen seien. “Ich weiß von neun Wohnungen, die privat angemietet waren”, sagt der Mieter dem Weddingweiser. Auch die Remisen seien von Bewohnern genutzt worden, zum Beispiel als Fitnessraum.
Zweifel an der Notwendigkeit eines Abrisses
Unverständlich sei, warum Bayer unbedingt eine Baustellenzufahrt von der Tegeler Straße benötige. Auch von der Fennstraße sei eine Zufahrt problemlos möglich. Dort stünden auch keine Wohnhäuser im Weg.
Der Mieter bezweifelt, dass der Abriss überhaupt nötig ist. “Wo die von Bayer abgerissenen Häuser Fennstraße Ecke Nordhafen standen, ist heute ein Park”.
Warum plötzlich Fledermäuse?
“Bayer hat versäumt, das Vorhandensein von Gebäudebrütern im Voraus durch ein entsprechendes Gutachten auszuschließen”, sagt ein Pressesprecher des Bezirks Mitte. Deshalb hat die Naturschutzbehörde das Chemieunternehmen nun aufgefordert, diese Untersuchung vorzunehmen oder zu beauftragen. Ohne das Gutachten kann das Amt einen Abriss nicht genehmigen. Anlass für das Gutachten ist der Zustand der Gebäude: “Da alte Bausubstanz durch Risse, Fugen, Löcher, undichte Keller, Dächer und andere Schäden, gebäudebrütenden Arten wie Fledermäusen und Vögeln Lebensraum bieten könnte, ist diese vor Abriss durch einen entsprechend qualifizierten Artenschutzgutachter zu untersuchen.” Der Mieter, der nicht namentlich genannt werden möchte, ist sich sicher, dass Fledermäuse vorhanden sind. “Im Kiez ganz sicher, vermutlich auch in den Häusern, die aktuell abgerissen werden sollen.” Er besäße einen Detektor und habe im Sommer laienhaft Fledermausrufe gemessen.
Akut geht es um Abrisspläne für einen Seitenflügel in der Tegeler Straße 2 und um zweistöckige Remisen. Die Wohnhäuser der Nummern 3 bis 5 will Bayer später abreißen.
Sollte das Gutachten tatsächlich Fledermäuse im Winterschlaf nachweisen, bedeutet dies nicht das Aus für die Abrisspläne. Der Sprecher des Bezirksamtes erklärt, es gehe in diesem Fall “um den Schutz oder die Verlagerung der Niststättenangebote.”
Frühere Beiträge zu Bayer
Am Montag (24.1.) veröffentlichte dieser Blog einen Artikel zum gleichen Thema: “Entschuldigung, ich reiße ihr Haus ab”.
2015 schrieb dieser Blog: “Nehme Straße, schenke Park”.
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Hallo
es ist schon eine seltsame zeit in der wir leben.… bei einer vorübergehenden U‑Bahn-Baumassnahme sprudeln nur so doe Kommentare herein… oh welch Unbequemlich für diesen und jenem… Hurra schreit der , der ein Auto hat
Wenn in einem Kiez sich an einem Tag sage und schreibe 1500 Autos einen Schleichweg nehmen… nein das geht zu weit – da muss sich sofort eine Gruppe von Dauerempörten bilden … ohh das muss unterbunden werden
Aber wenn 3 Mietshäuser platt gemacht werden… tja dann bleiben die Kommentare aus … hier verlieren auch nur ein paar Menschen ihren bezahlbaren Wohnraum
ja es sind seltsame Zeiten… mal sehen was passiert wenn doch noch in diesem Winter mal die Heizung kalt bleibt , weil kein Gas gekauft wurde
Mal sehen ob die Menschen dann immer noch Autos zählen oder sich über Busersatzverkehr beschweren
in diesen Sinne
https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/abriss-von-bezahlbaren-wohnungen-ist-inakzeptabel-li.209246
https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/bayer-darf-im-mettmann-kiez-wohnungen-abreissen-um-werk-zu-modernisieren-li.209208