Die B.Z. und die CDU verstehen sich als Sprachrohr der relativ kleinen Gruppe der Autofahrer im Wedding. Klar, dass Reizthemen wie Parkgebühren, Reduzierung von Parkplätzen, Fahrradstraßen und Poller ihren Blutdruck schnell steigen lassen. Zuletzt wurde die neu gestaltete Triftstraße, in der jetzt Radfahrende durchgehend in beiden Richtungen fahren dürfen, kritisiert. Hauptkritikpunkt: Fahrradbügel, die nicht stark genutzt würden, hätten zum Wegfall von Parkplätzen und damit zu mehr Parksuchverkehr geführt.
An der Schöning-/Glasgower Straße wird ein Loch für einen Poller in den Teer gebohrt
Aus der Windschutzscheibe eines Autos betrachtet ist dieser Vorwurf vielleicht richtig. Wo früher geparkt werden durfte, stehen mancherorts gähnend leere Fahrradbügel, besonders im Winter. Doch der Hase liegt ganz woanders im Pfeffer: Mit den Fahrradbügeln versucht der Bezirk vor allem, die Kreuzungen sicher zu machen. Während für bauliche Maßnahmen wie Gehwegvorstreckungen Bordsteine versetzt werden müssen, hat sich Mitte ein preiswertes und einfaches Verfahren ausgedacht, das trotz angespannter Haushaltslage schnell und effizient Kreuzungen sicherer macht. Und zwar für Fußgänger:innen und Mobilitätseingeschränkte.
Denn seien wir ehrlich: Das Gebot, nach § 12 StVO beim Abstellen fünf Meter Abstand zu einer Kreuzung einzuhalten, wird in Berlin gern ignoriert. Dann ist die Kreuzung zugeparkt, mit einem großen Einsatzfahrzeug, einem Rollstuhl oder Kinderwagen kommt man nicht mehr am abgesenkten Bordstein über die Straße. Auch Kinder müssen sich zwischen den schlecht geparkten Autos hindurchquetschen und direkt an den Stoßstangen von Autos hoffen, eine Lücke für das Überqueren der Straße zu finden.
Linksabbiegen für Radfahrer lebensgefährlich: Zugeparkte Kreuzung Togo-/Otawistr.
Für Radfahrende ist die Situation ähnlich. Wenn sie sich einer Kreuzung nähern, müssen sie selbst vor allem die von rechts kommenden Fahrzeuge sehen können. Und Autofahrende müssen sie von links kommen sehen, damit sie ihnen Vorfahrt gewähren können. Mit zugeparkten Kreuzungen ist ein sicheres Überqueren oder gar Abbiegen schwerer möglich und gefährlich. Ganz nebenbei entstehen übrigens auch Sammelpunkte für E‑Scooter, die dann nicht mehr die Gehwege versperren (für Blinde und Gehbehinderte ein echtes Problem).
Die Fahrradbügel sind dabei nur eine bauliche Barriere, um das wilde Parken zu verhindern. Sie sind nicht primär dazu gedacht, den heutigen Bedarf an Fahrradparkflächen vollständig zu bedienen, sondern sind eher „Poller mit praktischem Nebeneffekt“. Es ist gut, dass es Mitte gelungen ist, innerhalb so kurzer Zeit preiswert für Dutzende sichere Kreuzungen zu sorgen. Dadurch gehen übrigens kaum (legale) Parkplätze verloren und vermutlich hätte das Geld auch im Sozialwesen Gutes getan. Doch leider braucht es wegen der Rücksichtslosigkeit einiger diese Barrieren aus Metall. Es wäre schön, wenn sich der Frust der Autofahrenden künftig gegen die Verursachenden richten würde und nicht gegen die, die hier geschützt werden.
Übersichtskarte aller betroffenen Kreuzungen des Bezirks
Nominierung des Bezirks Mitte und Ehrung mit dem Deutschen Fahrradpreis
Das ist das Ergebnis unserer Umfrage:
Danke, genau so ist es. Und jede Massnahme gegen Autofahrer ist letztlich auch eine für sie. Man schaue sich nur die verstopften 20 spurigen Highways in den USA an. Die riesen Parkplätze um dann 10 Minuten zum Laden laufwn zu müssen. Die CDU macht übrigens auch nicht Politik für Autofahrer, sondern für Autobauer.
Als Bewohner (und Autofahrer – und ja, ich habe auch ein Fahrrad) im englischen Viertel habe ich mich sehr gefreut, dass (und wie schnell) die Radbügel gebaut wurden. Gerade die Ecke Ofener / Glasgower ist extrem unsicher, und dort ist sogar eine Schule. Die Kinder immer vom Weg von der U‑Bahn zur Schule über die Straße huschen zu sehen – zwischen den Autos hindurch – hat mich schon immer wundernd zurückgelassen, dass die Übergänge an den Kreuzungen hier nicht besser geschützt wurden.
Danke für den Hintergrund. Ich wusste nicht, dass das in erster Linie um Kreuzungssicherung geht und nur sekundär als schöner Nebeneffekt die Fahrradbügel genutzt werden können.
@R
Nun sollten wir Fortschritt für alle VerkehrsteilnehmerInnen nicht kleinreden mit den Worten, dass es früher „auch“ geklappt hat.
Es geht doch darum, Achtsamkeit in diesen asymmetrischen Verhältnissen vorzusehen, die zuvor nur durch Zufall gegeben war.
Hallo
für mich stellt sich folgende Frage: All die Kreuzungen, die jetzt sicherer umgebaut wurden, waren die in den zurückliegenden Jahren nicht sicher ??
Haben dort mehrmals Unfälle statt gefunden, weil ein Fussgänger ein herannahendes Fahrzeug/Rad nicht rechtzeitig gesehen hat ??
Wie konnten die Weddinger nur in den letzen 20⁄30 Jahren an all diesen Kreuzungen von einer Ecke zur anderen unbeschadet rüber kommen??
Was ist mit all den noch nicht umgebauten Kreuzungen?? Sind die weiterhin unsicher?? Gehen jetzt Alle nur noch über die sicheren Kreuzungen, um ungefährdet rüber zukommen oder ist das alles nur eingebildet??
Wenn ich lese das @DC jetzt froh darüber ist , das er jetzt alles überblicken kann , wie hat es vorher mit dem Fahrradfahren nur hinbekommen wo die Kreuzung noch nicht sicher umgebaut war??
Kann es sein das Alle , die diese Umbauten jetzt so bejubeln plötzlich sich nicht mehr erinnern können, das es vorher auch sicher war Straßen/Kreuzungen gut und sicher zu überqueren . Gibt es da etwa einen klitzekleinen Realitätsverlust ??
erfolgreiche Woche noch
Hallo Reinhard,
also ich erinnere mich gut an Zeiten, in denen nicht ständig alle Kreuzungen zu geparkt waren. Das hat sich in meiner subjektiven Wahrnehmung geändert.
Außerdem hat sich meine persönliche Betroffenheit geändert: Ich habe heute Freunde und Bekannte die mobilitätseingeschränkt sind. Durch sie erfahre ich noch mal ganz anders, wie scheiße die Rücksichtslosigkeit von denjenigen ist, die im Kreuzungsbereich die Fußgängerüberwege zuparken.
Also nein, da geht es nicht um Realitätsverluste derjenigen, die jetzt glücklich damit sind, dass endlich Kreuzungen wieder frei gemacht werden und der Platz, der den abgestellten Autos nicht zusteht auch von ihnen freigehalten wird.
Aber es fällt nun schwerer die Bedürfnisse schwächerer Verkehrsteilnehmer, aufgrund der eignen Not das Auto irgendwo abzustellen, zu verdrängen. (Sowieso traurig, dass das nur durch bauliche Maßnahmen zu funktionieren scheint.)
Muss auch sagen, dass das rücksichtslose Zuparken in Kreuzungsbereichen in den letzt 5 Jahren extrem zugenommen hat. Selbst da wo es offensichtlich verboten ist. Leider helfen da wirklich nur bauliche Maßnahmen.
Hier geht’s auch um ein subjektives Sicherheitsgefühl. Wenn ich mit meinem 2 jährigen Kind eine zugeparkte Kreuzung überqueren will und einfach nicht sehe, ob grad ein Auto kommt ist das sehr sehr stressig. Das Argument dass erst Unfälle passieren müssen und es Verletzte oder Tote geben muss bevor man was ändert ist schon sehr egoistisch wenn man bedenkt dass nur 25% der Strecken in Berlin mit Auto zurückgelegt werden.
Hallo Reinhard,
Jetzt muss ich mich beim Radfahren nicht mehr langsam vorwärts bewegen und um die Lastwagen und Lieferwagen herumschauen, die oft an den Ecken parken. So von meinem unmittelbaren Gefühl fühlt es sich sicherer, wenn nicht einfacher, die Straße zu überqueren. In meiner unmittelbaren Umgebung (Englisches Viertel) gibt es VIELE Schulen und Kitas, und ich habe einmal gesehen, wie ein Kind an genau dieser Kreuzung von einem Auto angefahren wurde, weil ein Auto es wegen eines geparkten Lieferwagens nicht sehen konnte. Ich habe erst vor ein paar Monaten von einem weiteren Vorfall gehört.
Natürlich habe ich keine Statistiken, um zu beweisen, wie gefährlich diese Kreuzungen vorher waren, aber ich kann Ihnen versichern, dass dies an besonders problematischen Kreuzungen einen großen Unterschied machen wird.
Die Karte zeigt aber auch, dass dem Bezirk bei der Umsetzung anscheinend das Geld ausgegangen ist. Wie sonst ist zu erklären, dass u.a. m Bereich der Einmündung Kiautschou-Samoa weiterhin alles wild zugeparkt werden kann?
Der Brüsseler Kiezblock ist auch seit nem Jahr überfällig, die Modalsperre in der Antwerpener fehlt und kommt einfach nicht
ich wünschte nur, die weißen und roten Poller, die überall auftauchen, wären nicht so hässlich 🙁
Aber ich bin froh, dass ich endlich die Autos sehen kann, die an meiner Straßenecke vorfahren. Jeden Morgen mit dem Fahrrad dorthin zu fahren, war immer ein Glücksspiel.
Die Autofahrer müssen lernen, dass die Nicht-Autofahrer ihre Kosten bezahlen.
Daher haben Nicht-Autofahrer ebenfalls Rechte, denn das Grundprinzip der Demokratie lautet: Wer bezahlt, bestellt und umgekehrt.
Die Autofahrer selber lassen sich natürlich abzocken ohne Ende: selber schuld! Die Kraftfahrzeugsteuern reichen gerade mal, um die ganzen SUV (Firmenwagen, Dienstwagen der Reichen) zu subventionieren. Darunter auch die Autos des CDU-Bürgermeisters, zuvor Versicherungsvertreter, der sie sicherlich auch nicht selber bezahlt hat.
Der Autofahrer-Normalbetrieb kommt aus dem allgemeinen Steueraufkommen – und da soll die kleine Minderheit der Autofahrer in der Innenstadt für ihre – immer noch sehr großen – Privilegien gegenüber den anderen Verkehrsteilnehmern dankbar sein.
Da spricht doch mal wieder der pure Neid.Meinst Du etwa dass die SUVs, Firmenwagen und Dienstwagen der Reichen keine Steuern zahlen und subventioniert werden müssen? Selten so einen Schwachsinn gelesen.
Weißt Du, dass für SUVs als Firmenwagen und Dienstwagen der Staat jedes Jahr insgesamt 5 Milliarden Euro an die Käufer zahlt. – 5 Milliarden Euro sind enorm viel.
Wieviel Zuschuss erhält ein Fahrradfahrer oder ein Kinderwagen oder auch ein Mittelklasse-Autokäufer vom Staat?
Preisfrage: Welches Auto fährt der Bürgermeister?
Tabelle: Luxus-Dienstwagen und ihre Förderung durch die Steuerzahler
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Staatszuschuss – Modell
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133.000€ – Audi S8 TFSI
129.000€ – Audi RS Q8
154.000€ – Audi R8 Spider V10 performance quattro
80.000€ – BMW M8 Competition Cabriolet
61.000€ – BMW X6 M Competition
70.000€ – BMW X7 M50i
90.000€ – Mercedes AMG GLS 36 4Matic+
104.000€ – Mercedes AMG G 63
76.000€ – Mercedes AMG C 63 S Coupe
111.000€ – Mercedes 4Matic Limousine lang
138.000€ – Porsche 911 Turbo s Cabriolet
86.000€ – Porsche 911 Targa 4S
89.000€ – Porsche Cayenne Turbo Coupé
52.000€ – Porsche Macan GTS
116.000€ – Porsche Panamera Turbo S Executive
33.000€ – VW Passat Variant Elegance 2.0 TSI
46.000€ – VW Touareg R‑Line
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Quelle: https://www.duh.de/dienstwagencheck/dienstwagen-foerderung/
Dienstwagen werden sehr wohl subventioniert: https://www.br.de/nachrichten/wissen/dienstwagenbesteuerung-eine-subvention,TLq5PrO
Und ja, auch extrem große Autos und vor allem deren Auswirkungen werden durch alle andere Steuerzahlenden getragen – man könnte auch hier von einer Subvention sprechen, schließen sind gerade nicht die Verursacher von Schäden auch die Zahlenden: https://de.wikipedia.org/wiki/Vierte-Potenz-Gesetz
Also nee, nicht Neid. Klaus ist einfach besser informiert und schreibt keinen Schwachsinn.
@Hannes: Nur weil irgendwo Platz ist (war), heißt das ja noch lange nicht, dass dort Autos abgestellt werden dürfen (durften). Im Artikel wird doch klar beschrieben, was der eigentliche Zweck der Bügel ist: den Raum, der Autos rechtmäßig nicht zur Verfügung steht, vor ihnen zu sichern. Das ist gut für alle Verkehrsteilnehmer, so wird nämlich am Ende auch das Autofahren sicherer.
An einer einzelnen dieser umgebauten Kreuzungen gehen bis zu 16 Parkplätze ersatzlos verloren. Das als wenig zu beschreiben ist schon sehr viel journalistische Freiheit. Seien wir doch ehrlich: Das Autofahren soll so weit wie möglich erschwert und unmöglich gemacht werden. Das ist das politische Ziel. Alles andere sind beschönigende Beschreibungen.
Welche Kreuzung soll das denn sein?
Euler/Kleverstrasse in Gesundbrunnen, der ja nach eurer Nomenklatur auch zum Wedding zählt, zumindest historisch ist das ja auch richtig.
Läßt sich gut bei goolge earth sehen:
5 Meter vor und hinter der Kreuzung sind jetzt Striche aufgemalt.
Kein Parken möglich.
Bilder aus 2024.
Bei Streetview sind noch Bilder aus 04/ 2022 zu sehen, noch die alte Situation.
Finde, jetzt ist besser.
An keiner Kreuzung darf geparkt werden. Auch nicht in der Jülicher Str.