Die ehemals durch das Quartiersmanagement Badstraße geförderte und durch die Kommunikationsagentur georg+georg umgesetzte Kiezkulturreihe „süß + salzig” etabliert sich nun nach mehreren Jahren der wechselnden Standorte in der Bibliothek am Luisenbad. Am Donnerstag (20.4.) startet die Neuauflage unter Regie der Bibliothek gleich mit einem Klassiker: „Menschen am Sonntag“, ein Stummfilm mit Livebegleitung durch den Stummfilmpianisten Richard Siedhoff.
Die Stadtbibliothek Berlin-Mitte in der Badstraße 39 war in den vergangenen Jahren immer wieder Kooperationspartner der Kinoreihe und wandelt dabei selbst auf historischen Pfaden. Im letzten Jahrhundert war die heutige Bibliothek eines von mehreren Kinos im Arbeiterbezirk Wedding. Die Marienbad-Lichtspiele in der Badstraße 35⁄36 existierten von 1908 – 1963. Die Brüder Galuschki kauften um 1870 die Grundstücke Badstraße 35–39. Carl Galuschki baute auf dem Gelände eine Badeanstalt. 1887⁄1888 wurde das Vestibül-Gebäude mit dem Restaurant “Marienbad“ errichtet. Er warb mit Ballsaal, einer Kaffeeküche, Kegelbahnen, Theater- und Varietéveranstaltungen. Nach dem Tode Galuschkis wurde das Gelände verkauft. Aus dem hinteren Teil des Geländes wurde ein Vergnügungspark, später ein Wochenmarkt, der bis in die Nachkriegszeit bestand. 1911 wurde der Konzert- und Theatersaal zum Lichtspieltheater „Marienbad“ umgebaut. Nach dem Mauerbau brach die Kundschaft aus Ost-Berlin weg und das Kino schloss 1963.
Ende der 1970er Jahre wurden die Vorderhäuser in der Badstraße im Bereich der Bibliothek saniert, die Gebäude im Hof sollten jedoch nicht erhalten bleiben. Der Kinosaal war bereits abgerissen, als mit Unterstützung der Denkmalpflege beschlossen wurde, die Gebäude zu erhalten und einer neuen Nutzung als Bibliothek zuzuführen. Das vor dem Abriss bewahrte Eingangsgebäude des ehemaligen Kinosaals, das „Vestibül“, und ein kleineres freistehendes Gebäude zur Straße hin, das „Comptoir“ wurden unter Denkmalschutz gestellt. Die beiden selbständigen Gebäude sollten erhalten, erweitert und miteinander verbunden werden. 1988 wurde ein Wettbewerb für das Bauvorhaben ausgeschrieben, der von den Architekten Rebecca Chestnutt und Robert Niess gewonnen wurde. Am 1.11.1995 wurde die Bibliothek eröffnet.
Zurück zu „süß + salzig“: Den Auftakt zum Kiez-Kino gestalten die Kinomacher:innen in der historischen Kinotradition des Standorts mit dem Stummfilm „Menschen am Sonntag” (1930), der zu den späten Vertretern der Neuen Sachlichkeit im Film zählt und in Berlin und Umgebung spielt. Die musikalische Untermalung am Flügel wird dabei live durch den erfahrenen Stummfilmpianisten Richard Siedhoff aus Weimar realisiert, der den Film im wunderschönen Puttensaal begleiten wird. Die Wiederbelebung der ursprünglichen Kinotradition im Badstraßenkiez beginnt am Donnerstag, den 20. April um 19 Uhr, Einlass ist ab 18.30 Uhr. Der Eintritt ist ebenso wie das Popcorn frei.