1851 war vom heutigen Wedding nur ein grobes Raster zu sehen. Das gleichnamige Dorf war im Mittelalter schon untergegangen, und abgesehen von ein paar vereinzelten Häusern an der Müllerstraße, rund um das Vorwerk Wedding an der heutigen Pank-/Reinickendorfer Straße und den Gesundbrunnen (damals Louisenbrunnen) gab es noch keine flächendeckende Bebauung. Das Land gehörte zwar zur Berliner Feldmark und unterlag seit 1837 der Berliner Rechtsprechung, war aber administrativ immer noch Teil des Landkreises Niederbarnim. Doch im Kern ist bis heute noch vieles erkennbar, was den Wedding 1851 ausgezeichnet hat.
Immer wieder wurde über eine Eingemeindung der Vorstädte Moabit, Wedding und Gesundbrunnen in die nahe Stadt Berlin diskutiert, doch die Stadtväter zögerten, da sie für die zu erwartenden Kosten nicht einstehen wollten. Zu sehr galt der Wedding als Armenhaus, wo die Arbeiter der sich immer mehr dort ansiedelnden Fabriken mehr schlecht als recht untergebracht waren. Mit hohen Steuereinnahmen konnte Berlin also nicht rechnen, eher mit Kosten für Straßenbau, Beleuchtung und das Schulwesen.
Als die Karte entstand, hatten die Gebiete Wedding und Gesundbrunnen etwas mehr als 4.200 Einwohner. 1851 war die Eingemeindung noch zehn Jahre entfernt, und der Hobrecht-Plan, der das Raster der Nebenstraßen und Plätze bis heute festlegt, sollte auch erst später in Kraft treten. Wir sehen also den Wedding mit seinen natürlichen Gegebenheiten und alten Chausseen und Wegen.
Das Straßennetz ist noch heute erkennbar
Die Müllerstraße war schon 1800 als schnurgerade Ruppiner Chaussee angelegt worden und trug ihren Namen seit 1827, der vielen Windmühlen wegen. 1846 sollen es 22 gewesen sein! Die Nazarethkirche (auf der Karte eingetragen) und die St. Paulskirche wurden bereits 1835 im Auftrag des Königs von Schinkel gebaut, die erste Weddinger Schule in der Schulstraße 1821. Davon abgesehen gab es in den vereinzelten Straßen fast keine zusammenhängende Bebauung. Dies hatte auch damit zu tun, dass die Rehberge und das Gebiet am Plötzensee militärisch genutzt wurden und eine regelrechte Sandwüste waren, die den Anwohnern mit ihrem Flugsand das Leben schwer – und Ackerbau wenig einträglich – machte. Die Berliner fuhren dort höchstens hin, wenn sie Scheuersand brauchten.
Auch die heutigen Straßenzüge Pankstraße / Prinzenallee, Reinickendorfer / Markstraße und Brunnenstr./Badstr./Schwedenstr folgten alten Straßenverläufen und sind bis heute nicht schnurgerade angelegt. Wo sich die Reinickendorfer und die Pankstraße kreuzten, befand sich der alte Gutshof, das Vorwerk Wedding, das heute nur noch im Namen “Weddingstraße” fortlebt. Der Galgenberg, also der Ort des Gerichts, ist ebenfalls eingetragen. Der Galgen selbst war 1842 bereits abgetragen worden, heute nennt sich der Platz unverfänglich Gartenplatz. Der Grenadierberg müsste sich eher im Bereich der Grenzstraße befunden haben, wo es noch heute ein wenig bergauf geht.
Schon in Betrieb war die Stettiner Bahn, die seit 1842 fertiggestellt war. Sie verlief in etwa da, wo heute die S 2 verkehrt, vom Stettiner Bahnhof (heute Nordbahnhof) am späteren Humboldthain entlang. Sie führte aber nicht zum heutigen Bahnhof Gesundbrunnen, sondern in etwa die heutige Hochstraße entlang, bis sie die Badstraße ebenerdig mit einem Bahnübergang kreuzte. Später wurde an der Bahntrasse die Grüntaler Straße angelegt. Ab 1897 wurde dann die Stettiner Bahn aus der Grüntaler Straße herausgenommen und in einen Einschnitt verlegt, der heute den Abschnitt Bf. Gesundbrunnen – Bf. Bornholmer Straße bildet.
Die ältesten Gebäude des Wedding
Berge und Gewässer
Herzstück beider Siedlungsschwerpunkte war aber die Panke, der 30 Kilometer lange Spree-Nebenfluss, der noch einen natürlichen Verlauf hatte. Ohne Panke kein Wedding, so heißt es im Buch “Der Wedding” von Gerhild Komander, und das stimmt. Schon seit 1770 waren Kolonisten entlang der Koloniestraße angesiedelt worden, die das Land bewirtschafteten. 1748 war die eisenhaltige Quelle an der heutigen Badstraße, an der Pankemühle, entdeckt worden, daraus entwickelte sich ein Badebetrieb, der um 1851 schon zum Erliegen gekommen war. Allerdings war 1844 noch die bis heute vorhandene Pankemühle gebaut worden, bevor sich die Gegend endgültig zum Industriestandort und Vergnügungsviertel der kleinen Leute entwickeln sollte. Doch hat sich auf der Karte der Name “Brunnenkappe” erhalten, also der höchste Punkt auf dem Weg zwischen Louisen-(Gesund-)brunnen und Berlin.
1851 gab es bereits den Berlin-Spandauer Schiffahrtskanal, der frisch gebuddelt war und bis zum Plötzensee in Betrieb war. Am Nordhafen entstand ein wichtiger Umschlagplatz für Baustoffe, mit denen später das rasante Wachstum Berlins vorangetrieben werden sollte.
Auf dem Kartenausschnitt sieht man auch die beiden Seen, die in der Nähe des Weddings lagen, der Große Plötzensee (der kleine Plötzensee war im Kanal aufgegangen) und der Schäfersee südlich von Reinickendorf.
Den Namen Wurzelberge gibt es auf der Karte zwei Mal, ungefähr dort, wo sich heute das Virchow-Klinikum befindet. Während der Name Wurzelberge auch im Nordwesten außer Gebrauch geraten ist (heute befindet sich dort der Schillerpark), haben die Rehberge namentlich überlebt. Ihr Name wurde auf den ganzen neuen Park übertragen, der sich zwischen Afrikanischer Straße und Plötzensee erstreckt.
Wer genau auf die Straßen achtet, erkennt auch die Seestraße: diese wurde im frühen 18. Jahrhundert als barocke Sichtachse zwischen den Schlössern Charlottenburg und Schönhausen angelegt.
Verwendete Quellen:
- Denkmale in Berlin, Bezirk Mitte, Ortsteile Wedding und Gesundbrunnen ISBN 3–937251-26‑X
- Der Wedding – auf dem Weg von rot nach Bunt, ISBN 3–929829-38‑X
- Der Wedding – Vergangenheit und Veränderung , ISBN 978−3−946327−30−1
Da in der Mitte ist der Schäfersee, habe da gewohnt von 1948 bis 1956, danach Chikago.
Ich sehe den Schäfersee in Reinickendorf wo ich wohnte von 1946 bis 1956.
In der Mitte von der Karte ist der Schäfersee wo ich wohnte von 1946 bis 1956.
Leider kann man auf den Kartenausschnitten sehr wenig erkennen, ich auf alle Fälle kann nur sehr wenig erkennen und lesen. Dabei würde ich aber sehr gerne mehr über mein Wohngebiet kennen lernen.
Gibt es eine Möglichkeit die Karte näher und mit höherer Auflösung einsehen zu können?
Die Karte habe ich in den Digitalen Angeboten der Landesbibliothek gefunden: https://www.voebb.de
An die damaligen Windmühlen denke ich oft, wenn ich vom Brüsseler Kiez über‘n Zeppi zur Müllerstraße
gehe.
Heute, nachdem der Osterhase gestern eine demo version vom sonnigen Frühling antäuschte,
klappern dort nicht die Windmühlenflügel, sondern zwitschern süß die Amseln.
Sehr schön dargestellt, meine alte Heimat, dort geboren und aufgewachsen🥰
Super Bericht
Ich hätte mir aber auch ein paar mehr Fotos und Kartenausschnitte gewünscht um den Verlauf etwas besser zu verfolgen . Aber ich bin ihnen sehr dankbar für den Einblick in der Vergangenheit es ist sehr interessant und macht neiúgierig auf mehr .
Danke 🙏
Marina
Vielen Dank für die umfangreichen Informationen. Ich bin vor ein paar Jahren von Mitte, wo ich mich historisch ganz gut auskannte, nach Wedding gezogen und habe noch nicht so ein gute zusammenfassende Information gelesen. Nochmals Dank
Die Millionenbrücke geht über Swinemünder Straße da war Hertha Platz das war mein Schulweg zur ellerbecker
Ach da geht einem „ ollen Weddinger“ das Herz auf. Danke für diesen tollen Bericht ! Wo kann man die „ olle Karte“ vom Wedding erhalten ? Liebe Grüße aus dem Wedding.
Ich habe diese Karte – allerdings schon vor vielen Jahren – im Heimatmuseum (jetzt Mitte-Museum) in der Pankstaße als Faksimile-Druck erstaden. Vielleicht gibt’s die da immer noch.
Vielen Dank für Ihre detaillierte Arbeit! Für mich ist sie eine Bereicherung.