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Raumnot an Hochschule für Technik:
Das Parkhaus wird zum Faustpfand

Die Berliner Hochschule für Technik kämpft um Terminal A des Flughafens Tegel
9. Januar 2023
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Foto: Rolf Fischer

Wie lan­ge steht das lee­re Park­haus Trift­stra­ße noch unge­nutzt am Ran­de des Spren­gel­kiezes? Zwar gab es zu die­ser Fra­ge jüngst ein ver­wal­tungs­über­grei­fen­des Mee­ting, mit dem Ergeb­nis, dass das Gebäu­de im Besitz der Hoch­schu­le für Tech­nik abge­ris­sen und durch Flücht­lings­un­ter­künf­te ersetzt wer­den soll. Aber die wirk­li­che Welt stellt sich mal wie­der quer. Jetzt durch­kreu­zen die Flücht­lin­ge aus der Ukrai­ne die Planungen.

Denn Putin lässt bekannt­lich sei­ne Rake­ten und Droh­nen vor allem auf die Heiz­kraft­wer­ke der Ukrai­ne zie­len und will damit im har­ten ukrai­ni­schen Win­ter ganz gezielt zusätz­li­che Flücht­lings­strö­me in die Euro­päi­sche Uni­on schaf­fen. Gleich­zei­tig för­dert er nach Kräf­ten rechts­po­pu­lis­ti­sche Bewe­gun­gen, die frem­den­feind­li­che Ängs­te schü­ren. In Ber­lin-Mit­te kommt er mit letz­te­rem zwar nicht weit, doch die Flücht­lings­wel­le zeigt Wir­kung – zum Bei­spiel auf die Pla­nung der Ber­li­ner Hoch­schu­le für Tech­nik. Die woll­te eigent­lich im schon im Som­mer damit anfan­gen, das Ter­mi­nal A des ehe­ma­li­gen Flug­ha­fens nach ihren Plä­nen umzu­bau­en. Dafür hat­te es lan­ge Abstim­mungs­run­den mit etli­chen Ver­wal­tungs­ein­rich­tun­gen und nicht zuletzt dem Denk­mal­schutz benö­tigt. Als ein Jahr nach dem Ende des Flug­be­triebs auch die Betriebs­er­laub­nis für TXL erlosch, hät­te es eigent­lich los­ge­hen sol­len. Im Janu­ar war das Gebäu­de zudem offi­zi­ell in das Fach­ei­gen­tum der Hoch­schu­le über­ge­ben worden. 

Eingangsbereich zum Terminal
Foto des Tegel-Ter­mi­nals kurz vor Schluss (Foto: Til­man Vogler)

Aber dann begann der Krieg in der Ukrai­ne und mit ihm kamen die Flücht­lin­ge, vor allem Frau­en und Kin­der. Die Senats­ver­wal­tung für Sozia­len bat des­halb dar­um, das Ter­mi­nal für deren Unter­brin­gung ver­wen­den zu dür­fen. Nur bis zum Jah­res­en­de, so hieß es. Bis dahin soll­te ein Ersatz­ort gefun­den sein. Anfang Dezem­ber berich­te­te der Tages­spie­gel, es sei noch kein alter­na­ti­ver Stand­ort in Sicht. Ende Novem­ber leb­ten mehr als 2000 aus der Ukrai­ne Geflüch­te­te laut der Recher­che der Zei­tung auf dem Gelän­de (aller­dings auch in den Ter­mi­nals B und C sowie in Zel­ten), dazu kamen zusätz­lich auch Asyl­be­wer­ber und ‑innen aus ande­ren Län­dern. Die kön­ne man nicht im Hau-Ruck-Ver­fah­ren über Weih­nach­ten an einen ande­ren Ort trans­fe­rie­ren, der ja auch noch ent­spre­chend her­ge­rich­tet wer­den müsse.

Die Hoch­schu­le, so der Schluss, kön­ne den Bau­be­ginn im Janu­ar abschrei­ben. Bis dahin kann auf dem Gelän­de kei­ne Bau­frei­heit her­ge­stellt wer­den. Und weil der­zeit die Kapa­zi­tä­ten der Bau­in­dus­trie aus­ge­las­tet sind, kann man die auch nicht nach Belie­ben zeit­lich ver­schie­ben. Es muss wie­der neu aus­ge­schrie­ben wer­den – die Ver­zö­ge­rung beträgt laut Tages­spie­gel min­des­tens neun Mona­te. Die avi­sier­te Fer­tig­stel­lung des umge­bau­ten Ter­mi­nal A bis zum Jahr 2028 sei nicht zu halten.


Womit wir wie­der beim Park­haus in der Trift­stra­ße wären. Eigent­lich haben die Gesprä­che zwi­schen Bezirk, Senat und Hoch­schu­le erge­ben, dass als poten­zi­el­le Erwei­te­rungs­flä­che des Stand­or­tes Wed­ding die Grün­flä­che am Augus­ten­bur­ger Platz am süd­li­chen Ende des Hoch­schul­ge­län­des aus­reicht. So berich­te­te es uns jeden­falls der zustän­di­ge Bezirks­stadt­rat Ephra­im Gothe. Das ehe­ma­li­ge Park­haus kön­ne daher abge­ris­sen wer­den, das Gelän­de ste­he für neue Bebau­un­gen zur Ver­fü­gung. Aller­dings erst nach eini­gen Jah­ren, wenn das ent­spre­chen­de Bau­recht geschaf­fen ist. Und wenn der Umbau des Ter­mi­nals auf dem ehe­ma­li­gen Flug­ha­fen­ge­län­de plan­ge­mäß statt­fin­den kann. Und dar­an bestehen gera­de auf Sei­ten der Hoch­schu­le gro­ße Zweifel.

Die platzt aus allen Näh­ten, etwa 13.000 Stu­die­ren­de sind hier imma­tri­ku­liert. Und sie benö­tigt nicht nur ein­fa­che Semi­nar­räu­me mit etwas Com­pu­ter­tech­nik, son­dern vor allem Labo­re für For­schung und Leh­re, die beson­de­ren Sicher­heits­an­for­de­run­gen genü­gen müssen.

Ent­lang der Luxem­bur­ger Stra­ße wird zwar gera­de ein Neu­bau spe­zi­ell für che­mi­sche Spe­zi­al­la­bo­re errich­tet, aber auch ande­re Fach­be­rei­che haben zusätz­li­che und sehr spe­zi­el­le räum­li­che Anfor­de­run­gen.
Auf das Park­haus-Gelän­de an der Trift­stra­ße kann die Hoch­schu­le des­halb wohl so schnell nicht ver­zich­ten. Sie braucht es als Faust­pfand im ver­wal­tungs­in­ter­nen Tau­zie­hen um die Nut­zung des Ter­mi­nal A.

Autor: Chris­tof Schaffelder

Die­ser Bei­trag erschien zuerst in der Zeit­schrift Ecke Mül­lerstra­ße, Ausg. Dez.22/Jan.23

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4 Comments Leave a Reply

  1. Die Hoch­schu­le soll­te ihrer Ver­pflich­tung längst nach­ge­kom­men sein und das sta­tisch für tech­ni­sche Gerä­te und Anla­gen geeig­ne­te Gebäu­de zu offe­nen Werk­stät­ten und Maker­spaces für die Stu­den­ten und Nach­bar­schaft umge­stal­tet haben! Ande­re Ber­li­ner Hoch­schu­len betrei­ben eige­ne Mit­mach-Muse­en oder ein „Haus der Trans­for­ma­ti­on“, aber gera­de im Wed­ding kommt eine öffent­li­che Ein­rich­tung ihrem gesell­schaft­lich-gesetz­li­chem Auf­trag nicht nach.
    Ach ja, Auf­sto­ckung mit Sozi­al- und Stu­den­ten­woh­nun­gen gin­ge beim gege­be­nen Bau­kör­per sicher auch, aber schein­bar ziert das gro­ße Flach­dach nicht mal ein ein­zi­ges Solar­pa­nel – Schan­de für Kiez, Bezirk und Ber­li­ner Wissenschaft!

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