Sie ist jung, schnell gewachsen und hat schon richtig viel erreicht: die Initiative Parkcafé Rehberge. Mittlerweile haben die engagierten Weddinger:innen ihr Nutzungskonzept für eine Wiedereröffnung das Cafés an der Catcherwiese beim Bezirk eingereicht. Bis April haben die Aktiven jetzt Zeit, eine Finanzierung für die Gebäudesanierung und den Betrieb auf die Beine zu stellen. Heute vor einem Jahr entstand das Bündnis engagierter Weddinger:innen. Hier stellt sich die Initative selbst vor.
Alles begann vor etwa einem Jahr mit einem Artikel im Weddingweiser über das leerstehende Gebäude im Volkspark Rehberge und eine geplante Vergabe des Nutzungsrechts vom Bezirksamt Mitte. Schnell wurde eine E‑Mail-Adresse erstellt, es folgte ein Aufruf zum Mitmachen, der dann erneut im Weddingweiser landete: In einem kurzen Text stellte sich eine Gruppe von Weddinger*innen vor, um Mitstreiter*innen für ein bevorstehendes Interessenbekundungsverfahren (IBV) zu finden.
„Ich finde eure Idee und den Ort großartig und wäre gerne ein Teil davon”
Die Resonanz war riesig – innerhalb weniger Tage meldeten sich an die angegebene E‑Mail-Adresse knapp hundert Menschen. Uns erreichten Nachrichten wie: „Ich habe zwar zwei linke Hände und bin in selbstausbeuterischer Selbständiger mit wenig Zeit, dafür habe ich aber ziemlich viel Erfahrung mit Bürokratie. Und stehe gern hinterm Tresen“ und „Vielen Dank für eure Initiative, die bei mir offene Türen einrennt! Erst neulich bin ich wieder am vor sich hin gammelnden Parkcafé vorbeigekommen und habe mir gedacht: Da könnte so etwas Tolles entstehen!“. Im Februar fand dann unser erstes virtuelles Kennenlernen statt und Ideen wurden ausgetauscht. Die Initiative Parkcafé Rehberge war entstanden.
Als loser Haufen von Parkcafé-Liebhaberinnen war die Gruppenfindung ein spannender und herausfordernder Prozess. Wir bringen ganz unterschiedliche Erfahrungen und ebenso vielfältige Erwartungen an diesen gemeinsamen Ort mit. Einige von uns können sich beispielsweise noch an die ehemalige Gaststätte erinnern und sehnen sich nach einer neuen gastronomischen Einrichtung im Park. Für andere ist die Initiative eher ein generationsübergreifendes soziales Projekt für die Nachbarschaft. Anfangs konnten wir uns nur virtuell zum großen Plenum treffen. Das führte zu teilweise sehr langen Diskussionen, um allen Ideen Raum zu geben. Trotzdem entstand innerhalb der Gruppe schnell ein starkes Gemeinschaftsgefühl. Früher oder später kam schließlich jeder von uns beim Spaziergang in den Rehbergen am ehemaligen Parkcafé vorbei, dadurch wurde unsere gemeinsame Idee greifbar. Außerdem haben wir einander immer öfter zufällig auf der Straße getroffen – und ehrlich gesagt jenseits des Bildschirms meistens erst auf den zweiten Blick erkannt.
Ein Stück Wedding für alle
Es dauerte nicht lange, bis wir uns für eine erste Kundgebung entschieden, um unser Anliegen endlich auf die Straße und in den Park zu tragen. Wir luden Politikerinnen und Initiativen ein und konnten ein buntes Programm an Wort- und Musikbeiträgen zusammenstellen. Mit Flyern und Plakaten auf acht Sprachen stellten wir uns und unsere Vision vor und bewarben die Auftaktveranstaltung. An einem Sonntagnachmittag im späten März schließlich kamen wir das erste Mal als gesamte Initiative zusammen und trafen Interessierte, Eingeladene und flanierende Parkbesucherinnen vor dem leerstehenden Gebäude an der Catcherwiese. Dabei konnten wir unserer Idee öffentlichkeitswirksam Ausdruck verleihen und bekamen viel Zuspruch von allen Seiten. Sogar der Bezirksbürgermeister kam vorbei und twitterte anschließend: „Großer Andrang bei der Kundgebung der Initiative Parkcafé Rehberge. Das macht Hoffnung für das IBV, das wir starten, sobald Klarheit über den Sanierungsbedarf der Versorgungsleitungen zum Café besteht. Neben den vorhandenen tollen Nutzungsideen braucht es leider auch viel Geld.
Innerhalb der Initiative haben wir schon früh Arbeitsgruppen gebildet. Jede AG hat einen eigenen Aufgabenbereich, der im Sinne der Soziokratie selbstständig definiert wird. Dezentral arbeiten wir an Themen wie Gastronomie, Bau, Finanzen, Vernetzung, Jugendarbeit oder Selbstverständnis. In einem Koordinierungskreis, einer Gruppe von Delegierten jeder AG, treffen wir Entscheidungen und koordinieren unseren Prozess. Jeden Monat kommen wir darüber hinaus im Großen Plenum zusammen und stimmen über Grundsätzliches ab. Dabei entscheiden wir nicht nach Mehrheiten – vielmehr legen wir Wert darauf, dass keine einzelne Person einen schwerwiegenden Einwand gegenüber der Entscheidung hat. Damit ist die Entscheidung gut genug für den Moment, es darf und soll bei Bedarf aber fleißig nachjustiert werden.
Von Anfang an waren wir eine große und vielfältige Gruppe von Menschen, die das ehemalige Parkcafé wieder mit Leben füllen möchten. Das ist und bleibt unser gemeinsames Ziel.
Wir wollen einen nicht-kommerziellen Ort schaffen mit einem inklusiven gastronomischen Angebot, Raum für unterschiedlichste Veranstaltungen und einem selbstverwalteten Jugendtreff. Alles unter einem Dach, getragen durch eine gemeinnützige Genossenschaft. Dabei haben wir uns ein eigenes Selbstverständnis gegeben, auf Werte geeinigt und eine klare Vision entworfen, wie wir dieses Ziel umsetzen wollen.
Nach der frühen Anfangseuphorie und einiger medialer Resonanz über unsere Initiative kam es nach unserer Kundgebung erst einmal nicht zum angekündigten Interessenbekundungsverfahren. Ohne konkreten Zeitplan fühlten wir uns im Sommer ein wenig ausgebremst. Die darauffolgenden Monate nutzten wir aber dennoch: etwa, um Expert*innen um erste finanzielle Einschätzungen zu bemühen. Und wir konnten unser Netzwerk innerhalb der Nachbarschaft und auch darüber hinaus ausbauen.
Selbstgebackener Kuchen vor dem ehemaligen Parkcafé
Im Sommer trafen wir uns außerdem regelmäßig in kleineren und größeren Gruppen zu Diskussionen und der AG-Arbeit vor dem Gebäude. Einige Wochen lang luden wir an Sonntagnachmittagen Interessierte und Vorübergehende zu Kaffee und Kuchen ein, um ein neues Parkcafé zumindest teilweise und temporär erfahrbar zu machen. „Wir haben uns den Ort einfach schon mal schön gemacht“, erinnert sich ein Mitglied. Um unserem Anliegen Nachdruck zu verleihen riefen wir im Spätsommer schließlich zu einer zweiten Kundgebung auf. Erneut gab es viel Zuspruch, sowohl im Park in Form von Redebeiträgen als auch in den sozialen Medien, wo wir ebenfalls aktiv sind. Im Oktober wurde schließlich das offizielle Interessenbekundungsverfahren angekündigt – endlich gab es einen festen Termin auf den wir hinarbeiten konnten.
Die Herbstwochen nutzten wir dann intensiv für die Verschriftlichung unser Ideen und Visionen und der Auseinandersetzung mit herausfordernden Fragen: Wie viel Geld müssen wir einnehmen, um nicht pleite zu gehen? Brauchen wir bezahltes Personal und wenn ja, für welche konkreten Aufgaben? Wie sanieren wir eigentlich die Toiletten? Ein geteiltes Dokument in unserer Cloud erlebte viele Momente der Änderungen, Änderungen nachverfolgen und Änderungen annehmen. Die gesamte Expertise der AGs und individuelle Anmerkungen wuchs zu einem gemeinsamen Nutzungskonzept. Und genau dieses Nutzungskonzept für das Parkcafé Rehberge reichten wir beim Bezirksamt ein.
Kurz vor Weihnachten haben wir uns wieder einmal vor dem Parkcafé getroffen – mit Kerzen, Glühpunsch, selbstgebackenen Leckereien und Decken. In diesem Winter mussten uns noch die Füße frieren – in nicht allzu ferner Zukunft gibt es im Parkcafé aber hoffentlich eine Heizung!
Text/Fotos: Initiative Parkcafé Rehberge
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