So, liebe Weddinger Eltern, bei Euch überschattet gerade der Schulstart alles. Aber so dunkel ist nun auch wieder nicht geworden, dass sich nicht ein bissche Mut zusammen nehmen ließe, um dem kleinen Goldschatz in diesem Jahr nicht ein paar Freiheiten einzuräumen. Schließlich soll das Kind ja einmal erwachsen werden. (Das führten zumindest früher die Eltern mit ihren Kindern im Schilde.) Also: Am Nachmittag den Frechdachs nicht zum Geigenkurs, sondern auf den Hof zu den türkischen Kids vom Bolzplatz jagen. Die Göre nicht beim Sprachkurs parken, sondern einfach mal schauen, wo sie von sich aus abhängen will. Und bevor jemand nicht von allein darauf kommt: ja, Erstklässler schaffen schon ein paar Ecken des Schulwegs allein und müssen nicht per Hubschrauber vors Schultor geliefert werden. Irgendwo sonst noch Licht am Ende des Tunnels? Mal sehen, was hier in der Weddingmelder-Wochenschau steht:
Darüber redet der Wedding
Ach nö, und schon stößt man beim Blättern durch die Zeitungen auf die Nachricht, auf die Helikopter-Eltern nur gewartet haben: “Polizei stoppt 16-Jährigen im Renault Twingo”, schreibt die Berliner Morgenpost (teilt aber nicht mit, warum der Bengel nicht einen Mercedes oder einen BMW auswählte). Er sei durch “unsichere Fahrweise” aufgefallen. Ist damit gemeint, er sei exakt 50 gefahren, habe keinen Radfahrer geschnitten und auch nicht in zweiter Reihe geparkt? Dann bestünde also doch noch Hoffnung für ihn?
Nur noch wenig Hoffnung besteht für die Kumpels, deren Wohnungen nun durchsucht wurden. “Nach Schießerei im Wedding: Mehrere Razzien in Berlin”, weiß die Berliner Morgenpost. Hoffentlich hat das LKA (Landeskriminalamt) sich auf eigene Recherchen verlassen und nicht auf Daten vom BKA (Bundeskriminalamt), um die richtige Wohnung in der Groninger Straße auszumachen.
Muss man alle Hoffnung fahren lassen, weil zu befürchten steht, dass Schulen demnächst die Pausen abschaffen? Oder den Chemieunterricht? Denn dort passieren die meisten Unfälle an Schulen. Aber zum Glück nicht im Wedding, sondern bloß in Marzahn-Hellersdorf. Das hat die Unfallkasse Berlin ausgerechnet.
Das hier ist dann aber doch ein hoffnungsloser Fall. Die Kollegen von der B.Z. waren im Wedding. Warum nur? Gab es einen Streit unter Nachbarn, der zu Mord und Totschlag umgedichtet werden musste? Nein, die Reporter hatten nur Hunger und gingen zum “Gotham Burger: Verpasste Chance im Wedding”. Hat Ihnen dort aber nicht geschmeckt, die “Schuhsohle”. Vielleicht hätten sie Burger bestellen sollen?
Termine
Na schön, wie der Blick in die Zeitungen zeigte, war nicht viel los in dieser Woche. Doch was kommt auf die Weddinger zu?
Zwei Tage Wedding! Also streng genommen ist ja 365 Tage Wedding. Zumindest für Weddinger. Aber der 9. und der 10. September gehören dem “2 Tage Wedding”-Festival mit “Ausstellungen, offene Ateliers, Konzerte, Performances, Workshops, Lesungen, Theateraufführungen und vielem mehr”. Was das “viele mehr” ist, das steht im Programm 2 Tage Wedding.
Ja, früher war alles besser. Ein Satz, dessen Wahrheit man immer besser versteht, je älter man wird. Das ist ungefähr dann der Fall, wenn man auch Denkmaltage plötzlich interessant findet. Am 9. und 10. September wird’s also historisch. Die Wiesenburger öffnen ihre alte Hütte, das Amtsgericht seinen “Gerechtigskeitstempel” und die Genossen von der PA58 machen Programm. Unter anderem ist ein Vortrag von Fotosammler Ralf Schmiedecke zu hören.
Wer mal so richtig rennen will, ohne dabei Leute zu behindern, die gerade die Bundeskanzlerin wählen wollen (wie es beim Berlin Marathon geschehen wird), dem sei der “Lauf durch den Volkspark Rehberge” am 9. September empfohlen. Laufen soll ja den Kopf frei machen, vielleicht kommt ja den 50 Prozent unentschlossenen Wählern unter den Läufern an diesem Tag endlich die Eingebung, wen sie wählen wollen.
Schubsen und geschubst werden ist nicht nur das Motto unter Gebrauchtwarenhändlern. Auch im sozialen Bereich geht es nicht immer freundlich und zugewandt zu. Die Himmelbeetler sollen zwar nicht komplett einpacken, aber doch ihre mobile Beete und umziehen – bitteschön. Doch wohin? Das wird bei einem öffentlichen Flächentreffen am 5. September um 19.30 Uhr diskutiert. (Hier schnell lesen, wer vorher noch ein paar Hintergrundinfos zum Umzug des Himmelbeets braucht).
Freiwillige vor! Am 8. und am 9. September ist Berliner Freiwilligentag. Ganz zwanglos wird zum Beispiel am Freitag von 14 bis 17 Uhr die Stettiner Straße geputzt.
Google, Facebook und Co sammeln Daten. So viele, dass von Big Data gesprochen wird. Bei diesen Unternehmen wird die Frage, ist das Kunst oder kann das weg, regelmäßig beantwortet mit: Das speichern wir. Jetzt schlägt Kunstverein artburst zurück mit der Ausstellung “Thank you for sharing” im Projektraum OKK in der Prinzenallee. Jeden Sonntag mit “interaktiven Rahmenprogramm”.
Und zum Schluss: Wehe, es lässt sich ein Weddinger auf der IFA erwischen, wie er sich dort einen ultradünnen Fernseher anschaut, der wie ein Bild an der Wand aussieht und selbstständig Fernsehbier bestellen kann.
Das stand im Weddingweiser
22 Grundschulen hat der Weddingweiser im Kiez gezählt und fotografiert. Gerne mal morgen in unseren Beitrag schauen.
Bei dem Wort “Kleingartenanlage” denken die einen an Gartenzwerge und die anderen Ökospießer. Doch wer denkt an Menschen, die ganzjährig im Minihaus wohnen? An einen “Verein kleiner Grundeigentümer”?
Da verzweifelt nicht nur der Kunstredakteuer. Da will man die Leuten das Gute, Schöne und Große näherbringen, aber Aufregerthemen bleiben eben doch die Klassiker: Zum Beispiel Kacke. Wer seinen Senf noch nicht dazugegeben hat, hier gehts zur Diskussion um Hundedreck, die auf der Facebook-Pinnwand hochkam.
So, fertig für diese Woche. Jetzt ein kleines Cafetier – pardon, eine Tasse Kaffee aus der Cafetiere – im Coffee Star trinken.
Schau an
neulich beim Waldspaziergang plötzlich Weddinger Schüler beim Lernen getroffen:
Text und Fotos: Andrei Schnell, Foto 3 und 4: Dominique Hensel