Ein Bier, das vor 150 Jahren von 200 Brauereien in Berlin gebraut und in 700 Lokalen ausgeschenkt wurde, soll es heutzutage nicht mehr geben? Kein Problem! Denn zum Glück gibt eine Weddingerin der Stadt ihre Original Berliner Weiße zurück. Das, was uns heute als Berliner Weiße mit Himbeer- oder Waldmeistersirup verkauft wird, hat von der Braumethode und dem Aroma her nämlich nichts mit dem früher so beliebten Sauerbier zu tun.
„Als ich es vor ein paar Jahren zum ersten Mal kennengelernt habe, war ich begeistert“, erzählt Ulrike Genz. Die Diplom-Ingenieurin hat Brauwesen studiert und sich in das leichte, spritzige Berliner Weißbier verliebt. Anfang 2016 hat sie die Brauerei „Schneeeule“ gegründet. Die Eule steht für das alte Wissen, die ausgebreiteten Schwingen im Logo für den Schaum, die gelben Augen für das Bier selbst. Auf einen alten Markennamen konnte sich Ulrike nicht beziehen, denn die großen Brauereien haben die Rechte in der Zeit des großen Brauerei-Sterbens übernommen. Zunächst wurde die Schneeeule-Weiße in der Pankower Willner-Brauerei gebraut, dem letzten Standort in Berlin, in dem bis zur Wende auch noch Weißbier auf traditionelle Art hergestellt wurde. Im Westteil war da diese Methode bei den großen Brauhäusern längst ausgestorben. Doch die Pankower Räumlichkeiten erwiesen sich für die Schneeeule bald als zu klein. Aus den 3500 Litern, die 2016 gebraut wurden, sind in diesem Jahr schon 8000 Liter geworden.
Haltbar für Jahre
Jetzt werden die Flaschen in Tegel gelagert, denn die Nachgärung in der Flasche ist der wichtigste Teil nach dem eigentlichen Brauvorgang: „Die Nachgär-Hefe gehört dazu!“ erklärt Ulrike, die im Wedding wohnt. Die Hefe vernichtet den Zucker und macht das Bier fast unbegrenzt haltbar. Auch die Hefen von Schneeeule sind oft sehr alt – bis zu 50 Jahre lagerten sie in manchen Flaschen. Ihre Haltbarkeit war früher allseits bekannt: „In Kleingärtenanlagen wie bei den gemütlichen Rehbergern war es früher üblich, dass man im Herbst einen Zwei-Liter-Krug mit Weißbier im Boden verbuddelt hat. Im Frühjahr wurde die Saison mit einem großen Weißbiertrinken an aus dem Krug eröffnet – das erzählt Ulrikes Ehemann Andreas, der im Unternehmen hilft. Früher, erzählt er, soll in Berlin zeitweise sogar mehr Weißbier als (relativ schmutziges) Brunnenwasser getrunken worden sein. Womöglich geht das Brauverfahren auf die Hugenotten zurück, die auch belgische Brautraditionen mitgebracht haben.
Ungewöhnlicher Geschmack
Aber wie schmeckt es denn nun? Überraschend leicht und fruchtig, an Zitrone und an Prosecco erinnernd, dafür weit weg von dem Geschmack, den man von Pilsner kennt. Dazu mit 3 Prozent Alkoholgehalt so leicht, dass es das ideale Sommergetränk ist. Die Franzosen bezeichneten es als “Champagner des Nordens”, denn die Gärung in der Flasche erinnert tatsächlich daran. Man bekommt Schneeeule-Flaschen im Wedding im Bierladen Hopfen & Malz in der Triftstraße, im Offside Wedding und in der Vagabund Brauerei. Es gibt drei Sorten, Marlene (zitronig/sauer), Kennedy (mit einer Hopfennote) und Yasmin (mit Jasminblüten). Sirup ist tabu – schließlich gießt man den ja auch nicht in Weißwein. Die Siruptradition diente nämlich dazu, die Säure oder Unzulänglichkeiten bei der Hefegärung zu überdecken.
Und wo wir schon bei Traditionen und Berliner Heimatkunde sind: wer dann ein paar Umdrehungen mehr in seinem Bier brauchte, trank seine Weiße „mit Stippe“, das heißt mit Kümmelschnaps oder mit einem Spritzer Pomeranzenlikör getrunken. Darauf ein Schneeeule-Bier!
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[…] und Sudkessel. Wie zum Beispiel in Berlin-Wedding Ulrike Genz, die für ihre Marke „Schneeeule“ ganz hervorragende Berliner Weiße und andere Sauerbiere […]
Auch mit Pils-Schuss ein Genuss! Quasi das bessere Radler 🙂
“Sirup ist tabu..” – Hat also nix mit der Leipziger “Gose” zu tun, oder??
Hallo, die orginal Berliner Weiße hat insofern was mit der Gose zu tun als das sie auch ein Sauerbier ist. Bei der Gose wird durch Salz und Korreander zusätzliche Tiefe im Geschmack erzeugt. Bei der orignalen Berliner Weiße, wie der von der Schneeeule, übernehmen das die speziellen Hefen.