UPDATE August 2017 Im Internet läuft derzeit eine Crowdfunding-Aktion für den SirPlus Shop. Auf der Plattform Startnext sammeln Raphael Fellmer, Alexander Piutti und Martin Schott Geld, um einen Supermarkt für vor der Mülltonne gerettete Lebensmittel zu eröffnen. Nach wenigen Tagen kamen 50.000 Euro zusammen. Während die einen das Projekt toll finden, gibt es auch viele kritische Töne. Besonders auf der Weddingweiser Pinnwand wird heißt diskutiert.
Die Lebensmittelverschwendung und SirPlus
Das Projekt will Lebensmittel, die sonst weggeworfen werden würden, in dem geplanten Supermarkt zu vergünstigten Preisen verkaufen und auch online vertreiben. Der Hintergrund ist die zunehmend öffentlich kritisierte Lebensmittelverschwendung. Laut SirPlus wird in Europa die Hälfte aller produzierten Lebensmittel weggeworfen, obwohl viel davon noch essbar wäre. Die Gründe dafür liegen zum einen bei den Konsumenten, die zu viel und am liebsten makellose Lebensmittel kaufen, sie falsch lagern oder aus Unsicherheit wegwerfen. Viele wissen nicht genau, was „Mindesthaltbarkeitsdatum“ bedeutet. Die Gründe dafür liegen zum anderen auch bei den Herstellern, die viel zu viele Lebensmittel produzieren. Raphael Fellmer gehört zu den Aktivisten der gerade in Berlin-Mitte sehr starken Szene von Lebensmittelrettern. Mit dem Restesupermarkt will er dem Problem begegnen und langfristig ein Umdenken bei Konsumenten und Produzenten erreichen.
Viele Fragen, große Diskussionen
Lebensmittel vor der Mülltonne retten und dabei Geld sparen? Das klingt gut, dagegen kann wohl niemand etwas haben! Oder doch? Die Diskussionen um das Projekt und die Crowdfunding-Kampagne zeigen, dass nicht alle dieses Weltverbesserungsprojekt positiv sehen. Schreibt man über SirPlus, gibt es sogar wütende Kommentare. Viele Fragen stehen im Raum:
Ist es unmoralisch, Geld mit geretteten Lebensmitteln zu machen?
Müsste man gerettete Lebensmittel nicht eher an Bedürftige spenden?
Macht das Projekt der Tafel und anderen sozialen Projekten Konkurrenz?
Müsste man nicht ein Zeichen setzen, um die Lebensmittelindustrie dazu zu bewegen, weniger zu produzieren und der Überproduktion so nicht auch noch einen Sinn zu geben?
Sollte man nicht lieber bei einem regionalen Bauern einkaufen?
Große Unterstützung und hohe Erwartungen
Angesichts der harten Diskussionen steht die Frage im Raum: Ist das jetzt ein gutes Projekt oder ganz schlimmer Kapitalismus? Die erfolgreiche Crowdfunding-Kampagne (das Sammelziel wurde jetzt auf 150.000 Euro aufgestockt) und die meisten Wortmeldungen und Unterstützungsklicks zeigen, dass sehr viele den Restesupermarkt SirPlus für eine gute Sache halten. Fast 1000 Menschen haben Geld für das Projekt gespendet. Sie haben recht: SirPlus ist ein gutes Projekt.
Wenn es auch nicht perfekt ist, sensibilisiert die Initiative die Öffentlichkeit durch ihre starke Medienpräsenz für ein wichtiges Thema. Sie gibt außerdem noch viel mehr Menschen die Möglichkeit, etwas gegen Lebensmittelverschwendung zu tun. Auch denen, die nicht persönlich in den Läden und bei Produzenten nach übrig gebliebenen Lebensmitteln fragen können oder wollen. Vor allem gibt sie einer Debatte neuen Schwung – einer Debatte über Eigenverantwortung am Einkaufskorb und über die Verantwortung der Produzenten. Das allein ist ein wichtiger Beitrag. SirPlus wird das Problem der Lebensmittelverschwendung sicherlich nicht lösen können. Aber das wäre auch eine viel zu hohe Erwartung.
Der Standort des Restesupermarktes ist übrigens noch nicht bekannt. Darum nutzen wir die Gelegenheit: Kommt mit Eurem Laden in den Wedding, SirPlus! Euer Thema bewegt uns sehr. Wir haben hier bereits eine starke Szene von Lebensmittelrettern und kommen gern hin und wieder auf ein Weltverbesserungsgespräch bei Euch vorbei. Ganz nebenbei kann ein Stadtteil wie unserer günstige Lebensmittel mehr als gebrauchen. Wir machen gern eine Casino-Ladenfläche für Euch frei …
Der Link zur Crowdfunding-Kampagne von SirPlus
UPDATE:
Am 8. September eröffnet in der Wilmersdorfer Straße 56 in Charlottenburg, zwischen Rewe und einem Telefon-Shop , der erste Laden für gerettete Lebensmittel, berichtet die Berliner Zeitung.