Kolumne „Möchtest Du einen Strohhalm“, fragte die nette Kellnerin den kleinen Weddinger und stellte das Glas mit dem Ginger Ale vor ihm ab. Wir saßen am Wasser, die Sonne lachte uns an, wir waren in Kuchenstimmung. Strohhalm gehört auch beim kleinen Weddinger stets zum Getränk. Doch er zeigte plötzlich sein entsetztes Gesicht. Einen Strohhalm will er natürlich nicht. Nein, auf keinen Fall will er einen Strohhalm! Seit ich neulich vom Workshop im Baumhaus erzählte, durchlebt er die verschiedenen Phasen einer Müllphobie. Strohhalm ist gestrichen.
Während ich noch überlege, wo ich in meinem Alltag vielleicht ein wenig Plastik einsparen könnte ohne dass es meine Gewohnheiten zu sehr stört, hat der Nachwuchs im Kopf schon eine Liste erstellt, die er nun konsequent umsetzt. Man könnte denken, der kleine Weddinger war beim Zero-Waste-Workshop und nicht ich.
Einen Strohhalm brauchen wir nun also nicht mehr. Der kleine Weddinger ist da standhaft. Auch wenn man merkt, dass ihn dieser Punkt schon schmerzt. Leichter war das für ihn beim Geburtstagsgeschenk für den Schulfreund. „Das packen wir aber nicht ein“, erklärte er resolut. Nicht aus Faulheit, sondern wegen Zero Waste. Als ich noch grübelte, was man der Lieblingsoma zum Geburtstag schenken könnte, war für ihn schon längst klar: Oma kriegt einen Coffee-to-go-Becher aus Bambus! Da sie für ihr Wohlbefinden täglich bestimmt zehn Kaffees zum Mitnehmen benötigt und ebenso viele Einwegbecher verbraucht, ist das wirklich eine gute Idee.
Nein sagen zu Plastiktüten und Co., Müll reduzieren, wiederverwenden und reparieren, recyceln, kompostieren – das sind so in etwa die Hausaufgaben, die ich im Baumhaus bekam. Ich schaue mich in meiner Küche, im Bad und im Wohnzimmer um und mir ist klar: ich habe noch viel zu tun für mein Seelenheil. Ich bin unsicher, ob ich das schaffe. Für mein Kind scheint das dagegen überhaupt keine schwierige Aufgabe zu sein. Er handelt nach dem Motto: Problem erkannt, Problem gebannt.
So macht er das: altes Spielzeug wird sofort verkauft – das spart Platz und füllt das Sparschwein. Plastikverpackungen sind viel zu kompliziert, hindern nur am unmittelbaren Süßkram-Genuss und werden deshalb abgelehnt. Und natürlich hat er eine Brotbüchse und einen Trinkbecher fürs Unterwegsessen. „Ist doch nicht schwer“, schmettert er mir entgegen als ich von Zero-Waste-Umsetzungsproblemen spreche. Oh, du plastikreine Kinderseele!
Warum ich es so schwer finde, Müll und insbesondere Plastikmüll zu reduzieren, weiß ich auch nicht genau. Der kleine Weddinger rät mir diesbezüglich: „Dann machst du eben noch einen Workshop und passt dann besser auf, Mama“. Und er ergänzt ganz cool: „Und nimm die Nachbarn gleich mit. Dann schmeißen die vielleicht nicht immer alles auf die Straße…“ Halleluja!
Text und Fotos: Dominique Hensel
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Und:
Gibt es eigentlich keinen gesunden Menschenverstand mehr, um das Abfallproblem zu lösen?? 🙂
Stattdessen werden ” workshops ” veranstaltet 🙂
So sind wir modernen Menschen. Es gibt ja auch Workshops, in denen man das richtige Atmen erlernen kann. Vielleicht gibt es auch Workshops zum Thema gesunder Menschenverstand? 😉
Wann kommt :http://original-unverpackt.de/ in den Wedding?
Gemach, gemach. Ich glaube, sie kommen gerade erst im Prenzlauer Berg an!
Hallo Moritz, hast Du vielleicht Lust, es selbst zu machen? 😉 Nur, weil Du fragtest …
https://www.facebook.com/OriginalUnverpackt/posts/721731774666624
Vielleicht sollte man keinen Kaffee kaufen in einem Laden der in Deutschland keine Steuern bezahlt aber den Steuerzahler ihre Müllentsorgung bezahlen läßt. Starbucks und Co.
Nützlich und gut geschrieben. 🙂
Dankeschön. Aber hieß das nicht “hilfreich” und “gut geschrieben”? 😉
Danke für diese amüsante Morgenlektüre, Dominique! Ich habe mich köstlich amüsiert. An der Freien Universität müssen die Studenten 10 Cent mehr für ihren Kaffee im Einwegbecher zahlen. Es ist zwar nicht viel aber ich habe beobachtet, dass doch einige sich für die Tasse entscheiden (so auch ich), die ich dann aber konsequent mit mir rumschleppe und am Ende des Tages in die Geschirrablage stelle. Ich konnte mich noch nicht durchringen, einen Coffe-to-go Becher zu kaufen, bei meiner Sorglosigkeit habe ich dann vom schmutzigen Becher meine gesamten Unterlagen in der Tasche eingesaut. 🙂 🙂 Es macht auch mehr Spaß, in den Kaffees denselben zu trinken als unterwegs. Außerdem kann man sich so etwas vom Streß des Tages erholen.
Einen sonnigen Tag wünscht dir Susanne
Danke, Susanne! Ich bin auch gespannt, wie die Oma mit dem Bambusbecher zurecht kommt. Es gibt übrigens auch Läden, in denen man sogar 30 Cent Rabatt bekommt, wenn man den Mehrwegbecher mitbringt. Aber da kostet der Kaffee auch 5 Euro …