Es ist kein Bio-Bäcker und die Brötchen werden auch nicht nach alter Handwerkstradition hergestellt. In der Frühstücks-Café-Bäckerei werden gelieferte Teiglinge fertig gebacken. Für 18 Cent das Stück gehen die dann über den Verkaufstresen in der Usedomer Straße Ecke Wattstraße. Man kann das kritisch sehen, man muss aber nicht. Denn der grüne Bäcker, wie wir ihn wegen seiner Fassadenfarbe nennen, erfüllt wie viele türkische Bäcker dieser Art auch eine wichtige Funktion im Kiez.
Punkt eins liegt besonders an Feiertagen auf der Hand. Der grüne Bäcker hat immer geöffnet. Dass das ein Privileg für Brötchenfans ist, vergisst man gern. Was in Berlin Frühstücksalltag ist, wird für mich immer dann zum Luxus, wenn ich an Feiertagen in meine alte Heimat in die brandenburgische Kleinstadt fahre. Dort haben die Bäcker feiertags geschlossen. Brötchen gibt es nicht. Punkt. Der grüne Bäcker dagegen hat an jedem Tag im Jahr geöffnet. An normalen Tagen von 6 bis 20 Uhr, an Feiertagen erst ab 8 Uhr.
Punkt zwei ist ebenfalls offensichtlich: die Preise. Der grüne türkische Bäcker ist quasi ein Brötchendiscounter. Billiger geht es wohl nicht. Ein Fertigbackbrötchen kostet fertig gebacken 18 Cent, ein Sesamring 90 Cent, ein Fladenbrot 1 Euro und Splitterbrötchen 45 Cent. Wenn der Preis sehr krumm ist, rundet der türkische Besitzer mit der größten Selbstverständlichkeit stets zu meinen Gunsten ab. Seine Angestellten trauen sich das zwar nicht, aber er gibt sich immer sehr großzügig.
Punkt drei habe ich lange nicht verstanden. Dass liegt vielleicht daran, dass ich noch nie auf die Idee gekommen bin, mich an einen der Tische vor der Tür oder im Ladengeschäft zu setzen, um dort zu frühstücken. Und dass habe ich nicht getan, weil ich ganz offensichtlich etwas Anderes für gemütlich halte als diesen schlichten, stinknormalen Fertigbackbrötchen-Schrägstrich-Aufbackbäckerladen. Zu meiner Überraschung sehen das einige meiner Nachbarn anders. Ältere Leute aus dem Kiez sitzen neben türkischen Familien, neben Bauarbeitern und essen ganz entspannt günstiges und einfaches Frühstück, im Sommer unter der Markise draußen an der eher ruhigen Usedomer Straße. Das sieht immer so herrlich normal aus, so ohne Eventcharakter aber mit viel Multikulti-Nachbarschaftsgefühl. Getränk dazu? Der kleine Kaffee kostet 1 Euro (groß=1,30 Euro), der Cappuccino 1 Euro, der Milchkaffee 1,50 Euro. Möglicherweise lebt das Frühstücks-Café-Bäckerei davon, dass es in dem Dreh kaum weitere Frühstückscafés gibt – weder hippe noch unhippe.
Kritisch anmerken muss ich allerdings, dass das Sortiment nur so halb zu meinen Einkaufswünschen passt. Im Wesentlichen gibt es die fertig gebackenen Fertigbackbrötchen und die sind halt so wie sie überall sind – einschließlich der Tankstelle am Ende der Straße. Auch immer reichlich vorhanden sind Fladenbrote. Dann wird es schon eng. Für die wenigen Spezialbrötchen muss man schon früh aufstehen, die offenbar abgezählten Brote habe ich noch nie probieren können. Sie waren immer schon ausverkauft. Es gibt zwei bis drei Sorten Kuchen in kleinen Mengen, einige Croissants (gefüllt und ungefüllt) und viele belegte Brötchen. Da freuen sich die Handwerker des Hoch- und Tiefbaugewerbes.
Noch ein Wort zum Personal. Neben dem großzügigen Inhaber, der aber eher nur zufällig mal hinter dem Tresen steht, gibt es eine sehr freundliche türkische Frau, die viel lächelt, meinem Sohn früher immer Kekse schenkte und die außer guten Tag, bitte, danke und den Zahlen von eins bis einhundert leider kein Wort meiner Sprache versteht, was aber nichts macht. Darüber hinaus gibt es noch eine deutsche Verkäuferin, die wir Zackizacki nennen. Sie sammelt immer sehr schnell die gewünschten Backwaren zusammen und erwartet mit etwas strengem Blick vom Kunden, dass auch er nicht den Betrieb aufhält. Also krame ich mein Geld immer möglichst schnell aus der Geldbörse. Aber auch das macht mir nichts aus. Mein Lächeln für den Tag hole ich mir woanders ab. Und Zuhause wartet ja der gedeckte Frühstückstisch auf mich.
Frühstücks-Café-Bäckerei, Ecke Usedomer Straße/Wattstraße, täglich von 6 bis 20 Uhr geöffnet, feiertags ab 8 Uhr
Text und Fotos: Dominique Hensel
Und wer sich noch etwas mehr mit dem Thema beschäftigen möchte, hier noch etwas:
http://www.wiwo.de/unternehmen/handel/um-laib-und-krume-zurueck-zur-broetchentheke/14949418–5.html
Hallo Dominique,
es geht noch billiger:
https://www.mydealz.de/deals/brotchen-fur-005eur-statt-010eur-bei-thobens-backwaren-lokal-berlin-605836