Auch wenn sich viele Eltern Orientierung bei der Wahl der Schule für ihre Kinder wünschen – die Erfahrung zeigt: eine Schule lässt sich nicht “einfach so” empfehlen. Jedes Kind tickt anders, vieles hängt von der Klassengemeinschaft und auch vom Lehrer ab. Der Wedding hat zudem noch mit einem schlechten Ruf seiner Grundschulen zu kämpfen – der nicht immer, aber eben doch manchmal berechtigt ist. So schrieb uns eine Leserin, die Rudolf-Wissell-Grundschule in Gesundbrunnen habe ihr ernsthaft davon abgeraten, ihr Kind dort einzuschulen. Der Anteil von Kindern mit nichtdeutscher Herkunftssprache liegt an allen Grundschulen bei mindestens 65 Prozent – was auch immer diese Zahl für den tatsächlichen Schulalltag am Ende bedeuten mag.
Trotzdem, oder gerade deswegen: die Grundschulen im Wedding sind durchaus problembewusst. Engagierten Schulleitern und Lehrern bietet sich besonders im sozial schwierigen Umfeld viele Möglichkeiten, wirklich pädagogisch tätig zu werden und ihren Schülern echte Chancen für’s Leben zu bieten. Daher gibt es im Wedding und in Gesundbrunnen vielleicht mehr experimentelle Schulkonzepte – die das pädagogische Personal selbst entwickelt hat – als in bürgerlichen Stadtteilen, wo die Elternschaft mit Argusaugen über den Schulalltag wacht.
Wir stellen eine Auswahl von Schulkonzepten vor, die es im Wedding gibt. Wir wissen, dass die wegen ihrer Konzepte begehrten Grundschulen sehr überlaufen sind und wegen der unerwartet hohen Schülerzahlen extrem viele neue Schüler verkraften müssen. Um sich aber für eine Weddinger Schule entscheiden zu können, ist es jedoch wichtig zu zeigen, dass auch hier der Ausgangspunkt einer guten Bildungslaufbahn liegen kann.
Staatliche Montessori-Schule
Seit Jahren mit Montessori gut gefahren ist die Wilhelm-Hauff-Schule in der Gotenburger Straße in Gesundbrunnen. Das 100 Jahre alte rote Backsteingebäude liegt mitten im Kiez. Die Pädagogik beruht auf dem Grundsatz “Hilf mir, es selbst zu tun!” und basiert auf der kindlichen Neugier. Viel Freiarbeit und Selbstständigkeit prägen den Schulalltag der Montessori-Klassen. Mehr Informationen auf der Website.
Ganztagsbetrieb seit 1977
1977 wurde die Möwensee-Schule an der Afrikanischen Straße neu gebaut. Als eine der ersten Schulen in Berlin experimentierten die Pädagogen mit einem sehr stringend durchgehaltenen Ganztagsschulkonzept. Bis heute kann die Schule auf viel Erfahrung mit dem inzwischen weitgehend akzeptierten Prinzip der Verknüpfung von Unterricht und Freizeit als Mittel des sozialen Lernens zurückblicken. Die Anwesenheit ist zwischen 8.00 – und 16.00 Uhr (außer freitags) verpflichtend, und für diese Kern-Betreuungszeit fallen keinerlei Hort-Kosten an. Auch die Carl-Kraemer-Grundschule in Gesundbrunnen verfolgt das Konzept der gebundenen Ganztagsschule. Französisch wird an der Möwensee-Schule – neben Englisch – als erste Fremdsprache angeboten. Mehr Informationen auf der Website.
Theaterspiel in allen Klassen
Die Erika-Mann-Schule in der Utrechter Straße verfügt über ein schönes altes Schulgebäude, das unter dem Leitthema “Silberdrachenwelten” sehr unkonventionell umgestaltet wurde. Ein wichtiges Alleinstellungsmerkmal der Schule ist der Theater-Schwerpunkt, der sich durch alle Klassen und Jahrgangsstufen zieht.Das Ganze folgt einem vom Schülerparlament festgelegten Jahresthema; einmal jährlich werden die Arbeiten auf einem Theaterfestival präsentiert. Mehr Informationen auf der Website
Naturwissenschaften ab Klasse 1
Die Gustav-Falke-Grundschule im Brunnenviertel hat eine Profilklasse mit dem Schwerpunkt auf Naturwissenschaften eingerichtet: Biologie, Chemie und Physik wird also schon ab der ersten Klasse unterichtet (sonst erst ab Klasse 5). Einzige Voraussetzung sind gute Deutschkenntnisse. Damit dürfte letztlich sichergestellt sein, dass viele Kinder aus bildungsbürgerlichen Familien in diese Klasse kommen. Mehr Informationen auf der Website.
Keine Langeweile für Hochbegabte
Die Anna-Lindh-Schule im Afrikanischen Viertel hat sich der Förderung von Hochbegabten (IQ höher als 130) verschrieben, die extra aus ganz Berlin in den Wedding kommen. Dass sich Hochbegabte an der Schule nicht langweilen – das versucht die Schule in der Guineastraße in Kooperation mit dem benachbarten Lessing-Gymnasium umzusetzen. Mehr Informationen auf der Website.
Kunstbetonung im Brennpunktkiez
Eine bunt gemischte Schülerschaft, ein konsequent umgesetzter Ganztagsbetrieb und ein Schwerpunkt auf Kunst: damit versucht die Carl-Kraemer-Grundschule im Soldiner Kiez zu punkten. Den sozialen Problemen des Umfeldes setzen die Pädagogen Schulsozialarbeit und eine Mischung aus Unterricht und Freizeitangeboten entgegen. Mehr Informationen auf der Website.
Ich finde, die Carl-Kraemer-Grundschule mit ihrer besonderen Kunstbetonung hat genauso Beachtung verdient! Jedes Jahr findet ein großes Kunstprojekt statt – vor wenigen Jahren hatte die Schule sogar eine Ausstellung in der neuen Nationalgalerie!
Es gibt sogar eine Broschüre vom LISUM über Kunstunterricht – als Referenz: die Carl-Kraemer-Grundschule!
[…] der Guineastraße im Afrikanischen Viertel ist mit zirka 790 Kindern und 32 Klassen die größte Grundschule im gesamten Bezirk Mitte. Der 2,1 Hektar große Schulpark wie auch die Hochbegabtenförderung sind […]
[…] in den Morgenstunden an einer der Grundschulen im Wedding vorbei kommt, weiß, seit dieser Woche ist die beschauliche Ferienzeit schon wieder […]
Sehr geehrter Herr Faust,
ich hatte die emojis vergessen 🙂 🙂 🙂
Nicht die Grundschulen sind problembewußt, sondern wenn überhaupt, die Lehrer der Grundschulen:-)
Und mein Kompliment, dasss Sie solcheThemenin Ihrem Weddingweiser veröffentlichen!!
deutsche Sprak, schwere Sprak 🙂
Und mein Kompliment, dass Sie solcheThemen in Ihrem Weddingweiser veröffentlichen!!
Das Dilemma der Grundschulen im Wedding ist doch seit Jahren bekannt. Ich habe den Eindruck dass es oftmals zu ” spät ” ist, wenn man mit der “spezielle Förderung” erst in der Grundschule beginnt.
Das sind z.B. Aussagen von mehreren GrundschullehrereInnen.
@Joachim Faust
>Trotzdem, oder gerade deswegen: die Grundschulen im Wedding sind durchaus problembewusst.<
was verstehen Sie unter ” problembewußt ” ?
Sich der Probleme bewusst sein und nicht resignieren.
Ich bin selbst Lehrerin an einer der oben beschriebenen Grundschulen im Wedding. Ich finde die Kinder meiner Klasse – alle eher keine “Germanen” – nicht dümmer, fauler oder uninteressierter als die Kinder der “Ureinwohner”. Sie sind halt nur nicht so gut erzogen wie Mittel- oder Oberschichtkinder. Aber auch diese können ja durchaus ihre Tücken haben. Im übrigen gestalte ich meinen Unterricht so anspruchsvoll und interessant wie möglich, und zwar für Kinder jeglicher Herkunft. Na ja und bald gehts ja auch wieder los! Und nie vergessen: Man lernt auch in den Ferien viel – am Strand, im Wasser, mit den Eltern usw.