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Die Macht der Buchstaben

23. Dezember 2014
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Assibi Wartenberg (linkes Bild, Mitte) beim Kleingartenverein im afrikanischen Viertel.
Assi­bi War­ten­berg (Mit­te) beim Klein­gar­ten­ver­ein im Afri­ka­ni­schen Viertel.

Togisch? Togia­nisch? Sagt es nicht schon viel aus, wenn wir für ein Land nicht ein­mal das dazu­ge­hö­ri­ge Adjek­tiv ken­nen? Wie­so ist es für uns ganz nor­mal, „afri­ka­nisch“ essen zu gehen, obwohl wir die Piz­za vom Ita­lie­ner um die Ecke wohl kaum als „euro­päi­sche“ Küche bezeich­nen wür­den? Assi­bi War­ten­berg ärgert sich über die­se Ver­all­ge­mei­ne­rung. In der Prin­zen­al­lee 33 betreibt die jun­ge Frau aus Togo das „Relais de Savan­ne“: ein klei­nes Restau­rant, das west­afri­ka­ni­sche Gerich­te anbie­tet, die mit der Küche Keni­as oder Süd­afri­kas genau­so wenig zu tun haben wie mit der deut­schen. Lecker sind sie aber alle­mal: Yams­wur­zel, Cous­cous und Koch­ba­na­nen ste­hen auf der Kar­te. Nicht ohne Stolz prä­sen­tiert die Che­fin des Hau­ses das bun­te Cha­os aus fri­schen Zuta­ten, das in ihrer Küche herrscht. Immer öfter wer­den die dort gekoch­ten Spei­sen auch für Cate­rings gebucht, erzählt sie.

Wer das Restau­rant betritt, wird in der Regel erst mal dazu auf­ge­for­dert, den Staat Togo auf dem Glo­bus zu fin­den. Assi­bi War­ten­berg ist es wich­tig, dass Afri­ka hier­zu­lan­de nicht als ein gro­ßes Land oder – wie lei­der so oft – als ein gro­ßes Pro­blem wahr­ge­nom­men wird. Statt­des­sen weist sie auf ganz kon­kre­te Orte hin und zeigt für die Her­aus­for­de­run­gen, vor denen die Leu­te dort ste­hen, eben­so kon­kre­te Lösun­gen auf: Der von ihr gegrün­de­te Deutsch-Togoi­sche Freun­des­kreis e. V. hat sich zum Ziel gesetzt, im Nor­den von Togo eine Kli­nik zu errichten.

Togoisches Essen.
Togoi­sches Essen.

War­ten­berg, die lan­ge Zeit in Char­lot­ten­burg wohn­te, fühlt sich im Wed­ding bes­tens auf­ge­ho­ben: „Hier ist es bunt, hier ist es leben­dig. Allein in der Prin­zen­al­lee hat sich in den letz­ten Jah­ren viel getan“, schwärmt sie.

In die­ses Bild pass­ten die alten Schil­der des Dau­er-Klein­gar­ten­ver­eins Togo im Afri­ka­ni­schen Vier­tel aller­dings nicht. Auch wenn der Name längst in „Dau­er-Klein­gar­ten­ver­ein Togo“ geän­dert wur­de, waren die Gär­ten bis vor Kur­zem als „Dau­er­ko­lo­nie Togo“ aus­ge­wie­sen. Im Grün­dungs­jahr 1939 ent­schied man sich bewusst für die­sen Namen, um eine poli­ti­sche Posi­ti­on deut­lich zu machen. Die Bezeich­nung war daher vie­len ein Dorn im Auge. Gemein­sam mit den Klein­gärt­nern und der ört­li­chen Poli­tik konn­te der Deutsch-Togoi­sche Freun­des­kreis nun die Ent­hül­lung der neu­en Schil­der fei­ern. Im Ver­eins­heim traf man sich zu Kaf­fee, Sekt und togoi­schem Essen. Dort erzähl­te Assi­bi War­ten­berg auch, wie schwer es eini­gen Gar­ten­be­sit­zern gefal­len war, zu ver­ste­hen, war­um ihr die Umbe­nen­nung so wich­tig ist.

Das neue Schild des Kleingartenvereins.
Das neue Schild des Kleingartenvereins.

Und wirk­lich: Auf den ers­ten Blick scheint es eine so unbe­deu­ten­de Klei­nig­keit zu sein, ob da nun Kolo­nie oder Ver­ein auf dem Schild vor den Klein­gär­ten steht oder ob man nun afri­ka­nisch oder togo­isch essen geht. Doch eini­ge weni­ge Buch­sta­ben haben oft wesent­lich mehr Macht, als man ihnen zutraut. Denn je unge­nau­er wir uns aus­drü­cken, des­to weni­ger wis­sen wir. Und je ahnungs­lo­ser wir sind, des­to gleich­gül­ti­ger ist es uns, was an den Orten pas­siert, die sich hin­ter die­sen Buch­sta­ben verbergen.

Der Deutsch-Togoi­sche Freun­des­kreis e. V. und das Relais de Savan­ne im Inter­net: www.d‑tf-berlin.de

Die­ser Text wur­de uns vom Kiez­ma­ga­zin Sol­di­ner zur Ver­fü­gung gestellt, in des­sen neu­es­ter Aus­ga­be er ver­öf­fent­licht wur­de. Text und Fotos: Alex­an­dra Resch

Aktua­li­sie­rung 2016: das Restau­rant Relais de Savan­ne ist inzwi­schen geschlossen. 

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