Nur noch der Name Gesundbrunnen lässt erahnen, dass es dort einstmals eine Heilquelle mit Kurbetrieb gab. Heute würde man das Wellness nennen, was sich um 1760 rund um das abgerissene Trinkhäuschen an der Travemünder Straße abspielte. Für viele ist aber auch Bummeln sehr erholsam, vor allem, wenn es rechts und links des Wegs an Ständen Kleidung, Trödel und Schnickschnack zu entdecken gibt. Der sonntägliche Flohmarkt am Pankeufer hat sich zwischen Bibliothek am Luisenbad und Badstraßenbrücke angesiedelt – eine entspannte Atmosphäre ist dort garantiert.
Gegengewicht zum Mauerpark-Flohmarkt
Erst 2018 zog der Flohmarkt vom Gelände gegenüber der Wiesenburg um auf die idyllische Meile zwischen Badstraße, Bibliothek am Luisenbad und Tresorfabrik. Laut Betreiber Christoph Rathenow soll der Flohmarkt am Pankeufer ein kleines, aber feines Gegengewicht zum klassischen Trödelmarkt im Mauerpark sein. Unter dem Halbschatten der Bäume findet sich bis Ende Oktober jeden Sonntag ab 11:00 Uhr ein vielfältiges Angebot an alten Büchern und ehrwürdigen Vinyl-Platten, nostalgischer Bekleidung und Accessoires. Aber auch Haushaltswaren, Musikinstrumente, elektronische Geräte, kurz kuriose Dinge, die aus Berliner Kellern und Dachböden ans Tageslicht befördert worden sind, sind dort zu finden. Von gebrauchten Filmen, exklusiven Plattensammlungen, über individuelles Geschirr, alten Radios, Uhren, bis hin zum 60er-Jahre-Föhn oder zur 70er-Jahre-Lampe kann das Spektrum reichen. Direkt am Flohmarkt gibt es mit dem Café Luise und dem Café Coffee & Vino auch zwei Gastronomien, wo die Flohmarktbesucher einkehren können.
Ausflug in die Vergangenheit
Doch auch das Umfeld des Flohmarkts verdient eine nähere Betrachtung. Spätestens seit 1702 ist die Pankebrücke der heutigen Badstraße erwähnt, und kurz darauf entstand an dieser Stelle eine Walkmühle. Deren Nachfolgegebäude von 1844 mit aufgemaltem Mühlrad kann man heute noch dort finden. Gegenüber der Mühle, hinter den Häusern an der heutigen Badstraße Nr. 35–39, wurde 1748 erstmals eine Quelle erwähnt, deren Wasser nach einer Untersuchung als heilend galt. Ab 1757 errichtete Hofapotheker Behm mit königlicher Finanzhilfe ausgedehnte Kureinrichtungen, zu Ehren König Friedrich II. unter dem Namen “Friedrichs-Gesundbrunnen”: ein sechseckiges Badehaus, Behandlungshäuser und eine Gastwirtschaft. Doch der Boom als Heilbad hielt nur wenige Jahre an, das zwischenzeitlich verfallene Kurbad wurde vom neuen Besitzer ab 1809 in Luisenbad umbenannt. Die Namensgeberin war natürlich die damals sehr beliebte Königin Luise, die selbst Gast des Kurbads gewesen sein soll.
Auch baulich fanden vor 200 Jahren Veränderungen am “Luisenbad” statt. Der Brunnen wurde in ein neues achteckiges Gebäude mit der Aufschrift “In fonte salvs” eingefasst. Die Allee nach Berlin nannte man Brunnen- bzw. Badstraße. Die Verschmutzung der Panke, maßgeblich durch die flussaufwärts liegenden Gerbereien verursacht, hat den baldigen Niedergang des Luisenbads als Kurort beschleunigt. Am Rand der stark wachsenden Hauptstadt gelegen, wurde der Gesundbrunnen mehr und mehr zu einer Vergnügungsmeile mit Ausflugslokalen, was er bis in die 1960er Jahre auch blieb. Und die Quelle? 1869 bei Bauarbeiten lädiert, versiegte sie später bei der vollständigen Bebauung des Areals mit Miethäusern. An einer Hauswand an der Badstraße Ecke Travemünder Straße lebt sie aber noch weiter, als Reliefdarstellung des Brunnenhauses von 1809. Die Bibliothek wurde 1995 als moderner, überwiegend unterirdisch angelegter Neubau der Architekten Chestnut und Niess eröffnet. Dabei sind Teile das alten Gebäudes erhalten geblieben. Dazu gehört der Puttensaal im ersten Obergeschoss, der heute als stilvoller Veranstaltungssaal dient. Die Bibliothek hat allerdings nur montags bis samstags geöffnet.
Gegenüber der Bibliothek, auf der anderen Seite der kleinen grünen Fußgängerbrücke, liegen die langgezogenen Fabrikgebäude einer Bildhauerwerkstatt. Früher wurden dort Tresore unter dem bekannten Markennamen Arnheim produziert.
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