Seit über zehn Jahren ist der Wedding dank des Fernbahnkonzepts für Berlin besser mit dem Rest der Welt verbunden – zumindest wenn es um Regional- oder Fernzugverbindungen geht. Mit der teilweise unterirdisch geführten Nord-Süd-Fernbahn, die 2006 eröffnet wurde, wurde das bereits 1992 beschlossene „Pilzkonzept“ der Deutschen Bahn mit Leben erfüllt. Bis dahin hatten Fernzüge in der Innenstadt nur am Bahnhof Zoologischer Garten und am Ostbahnhof gehalten. Im Mai 2006 wurden dann auf einen Schlag drei neue Fernbahnhöfe in Berlin in Betrieb genommen: Gesundbrunnen, Südkreuz und – als Prunkstück der neue gläserne Hauptbahnhof (an der Stelle des ehemaligen Lehrter Stadtbahnhofs), wo jeder Fernzug hält.
Neue Wege für Bahnkunden
Wermutstropfen für die westlichen Stadtteile Berlins und damit auch für den Wedding: am Bahnhof Zoo, der während der Teilung der Stadt der wichtigste Fernbahnhof war und eine hervorragende Anbindung an das Nahverkehrsnetz besitzt, halten seit 2006 überhaupt keine IC- oder ICE-Züge mehr. Der neue Hauptbahnhof, der vom Ortsteil Wedding aus direkt mit den zwei Buslinien 120 und 142 erreichbar ist, besitzt erst seit 2015 mit der M 10 eine Tramverbindung in Richtung Naturkundemuseum und Brunnenviertel. Ein völlig neues Angebot war auch vor zehn Jahren der mit S- und U‑Bahn recht gut angebundene Fern- und Regionalbahnhof Gesundbrunnen, der zahlreiche neue und schnelle Verbindungen vor allem in Richtung Barnim, Uckermark und Ostsee brachte.
Am Empfangsgebäude gespart
Was bahntechnisch gesehen eine enorme Verbesserung für diesen und die benachbarten Ortsteile Prenzlauer Berg und Pankow war, erwies sich jedoch architektonisch als absolutes Armutszeugnis: die Bahn hatte zwar die Bahnsteige nach dem Entwurf von Axel Oestreich errichtet. Das Empfangsgebäude an der Badstraße wurde von der Bahn während des Umbaus vor Fertigstellung der Bahnanlagen jedoch immer kleiner geplant und am Ende ganz weggespart. Fast ein Jahrzehnt lang wurden die Fahrgäste am Gesundbrunnen dann mit einer hässlichen, tristen Betonplatte, auf der sich nur Aufzugsschächte und zwei Verkaufskioske befanden, willkommen geheißen. Dass diese Fläche nach der Hertha-Fußball-Legende Hanne Sobek benannt wurde, machte die Tristesse nicht wirklich erträglicher. Doch irgendwann kündigte die Bahn an, diesem Zustand ein Ende zu bereiten: Auf die Platte wurde bis 2015 eine luftige Stahl-Beton-Glas-Konstruktion in quadratischer Form gesetzt, was einem Empfangsgebäude nahekommt. Ein paar Ladenflächen geben der offenen Halle, die auch Oberlichter für Tageslicht besitzt, so etwas wie einen Bahnhofscharakter. Immerhin werden die Bahnfahrkarten jetzt in einem Reisezentrum und nicht mehr in einem Kiosk verkauft. Dennoch – mit dem ursprünglichen Plan des beeindruckenden fünfstöckigen Backsteingebäudes hat diese Lösung wenig zu tun. Aufenthaltsqualität besitzt das zugige neue Empfangsgebäude auch nicht.
Das Kreuz mit dem Nordkreuz
Bereits vor 2006 versuchte die Bahn, nach der Logik von Ost‑, West- und Südkreuz auch diesen Bahnhof mit dem traditionsreichen Namen Gesundbrunnen in „Nordkreuz“ umzubenennen. Daraus wurde nach Protesten nichts. Davon abgesehen ist der Bahnhof auch kein Kreuzungsbahnhof mit übereinanderliegenden Bahnsteigen, sondern nur ein Bahnhof mit Gleisverzweigungen in vier Richtungen. Dennoch erhält der Bahnhof zehn Jahre später überraschend einen Namenszusatz – das gute alte Nordkreuz. Die im Mai voreilig enthüllten Zusatzschilder wurden aber schnell wieder zugeklebt: die offizielle Benennung erfolgte erst beim Bahnhofsfest im Juni 201