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Freiluftkino Rehberge: Gute Filme im Zauberwald

14. Mai 2015
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Programmflyer vor dem Eingang des Freiluftkinos Rehberge
Frei­luft­ki­no Rehberge

Wind­lich­ter wei­sen den Weg und füh­ren die Besu­cher den bewal­de­ten Hang hin­auf. Ich kann es kaum glau­ben, dass ich mich hier noch in Ber­lin-Mit­te befin­de. “Will­kom­men im ver­wun­schens­ten Frei­luft­ki­no Ber­lins”, begrüßt der Ver­tre­ter des Kino­be­trei­bers die Besu­cher zum dies­jäh­ri­gen Sai­son­auf­takt in den Wed­din­ger Reh­ber­gen. Eine Wasch­bär­fa­mi­lie wohnt auf dem Gelän­de, erzählt er, und ein Greif­vo­gel habe sich auch schon ein­mal auf den Sitz­bän­ken nie­der­ge­las­sen. Wer sich auf die Frei­licht­büh­ne Reh­ber­ge ein­lässt, glaubt, im Zau­ber­wald ange­kom­men zu sein.

Aus dem Dornröschenschlaf erwacht

Schon seit 1935 schmiegt sich die Büh­ne sanft in die Sand­dü­nen im nörd­li­chen Teil des Volks­parks. Damit kann sie es an Charme fast mit der Wald­büh­ne auf­neh­men. Doch an die­sem Stand­ort einen Ver­an­stal­tungs­ort zu betrei­ben hat sich in der Ver­gan­gen­heit als schwie­rig erwiesen.

(C) Freiluftkino Rehberge1946 wur­de den Ber­li­nern noch “Was ihr wollt” von Wil­liam Shake­speare gebo­ten. Und 1980 führ­te eine Thea­ter­grup­pe einen Monat lang “Die lus­ti­gen Wei­ber von Wind­sor” auf. Nina Hagen trat in den acht­zi­ger Jah­ren eben­falls auf die­ser Büh­ne auf. Der bau­li­che Zustand der Büh­ne ließ indes immer wei­ter zu wün­schen übrig. Dem Bezirk Wed­ding fehl­te ein­fach das Geld für not­wen­di­ge Repa­ra­tu­ren. Die Büh­ne wur­de daher nur noch sel­ten für Ver­an­stal­tun­gen genutzt. Erneu­te Ver­su­che des Bezir­kes, die Büh­ne zu nut­zen, schei­ter­ten kläglich.

Foto: Joachim Faust„Ange­zün­de­te Müll­con­tai­ner, her­aus­ge­ris­se­ne Kabel, Glas­scher­ben und ver­rot­te­te Requi­si­ten. Zwi­schen den Sitz­bän­ken sind schon klei­ne Bir­ken- und Kie­fern­bäu­me gewach­sen. Unkraut schießt in die Höhe. Zwei gro­ße Graf­fi­ti­bil­der sind auf die Büh­nen­wän­de gesprüht. Die Tür des klei­nen Holz­häus­chens am obe­ren Büh­nen­rand ist auf­ge­bro­chen. Ker­zen­stümp­fe, lee­re Fla­schen, ein Paar Schu­he und eine Decke lie­gen auf dem Boden – für Pri­vat­par­tys mit Lager­feu­er und als Not­un­ter­kunft für Obdach­lo­se taugt die Frei­licht­büh­ne alle­mal.“ So schrieb die Ber­li­ner Zei­tung am 9.3.2001 über den ver­las­se­nen Ort. Das Bezirks­amt ver­kauf­te die Büh­ne schließ­lich 2007 ent­nervt für einen Euro.

Der neue Besit­zer ist Thea­ter­pro­du­zent Bernd Mot­sch­mann. Er ließ die Büh­ne 2008 für 150 000 Euro denk­mal­ge­recht sanie­ren. Und so konn­te im Jahr 2009 der „Räu­ber Hot­zen­plotz“ in den Reh­ber­gen auf­ge­führt wer­den– das Stück, mit dem Bernd Mot­sch­mann schon ein­mal eine her­un­ter­ge­wirt­schaf­te­te Frei­licht­büh­ne in Lübeck zum Lau­fen gebracht hatte.

Digitales Kinovergnügen

Freiluftkino TechnikIm glei­chen Jahr begann auch der Betrieb des Kinos unter der Lei­tung von Piffl Medi­en, die auch schon Frei­luft­ki­nos in Kreuz­berg und Fried­richs­hain bespie­len. Der Film­ver­leih bewirbt “das schöns­te Kino im Ber­li­ner Nor­den” wie folgt: „1.500 Plät­ze unterm Ster­nen­him­mel laden zum ent­spann­ten Film­ver­gnü­gen ein. In lau­en Som­mer­näch­ten bie­ten wir eine abwechs­lungs­rei­che Mischung aus Hol­ly­wood und Inde­pen­dent Kino.“ Meist han­delt es sich um aktu­el­le Art­house-Fil­me, die in den gro­ßen Mul­ti­ple­xen schon nicht mehr lau­fen. Nicht ohne Stolz zeigt mir Lou­is Schnei­der von Piffl Medi­en den neu­en Vor­führ­raum, der mit neu­er digi­ta­ler Vor­führ­tech­nik voll­ge­stopft ist – hel­ler ist jetzt die Pro­jek­ti­on und zudem gesto­chen scharf. Piffl Medi­en glaubt an die­sen ver­wun­sche­nen, noch viel zu wenig bekann­ten Stand­ort, denn in jeder Sai­son kom­men ein paar Besu­cher mehr als im Vor­jahr. 2013 war das Kino rich­tig gut aus­ge­las­tet. Und für die Sai­son 2014 hat­ten sich die Betrei­ber eine tech­ni­sche Neue­rung ein­fal­len las­sen: Nut­zer von Hör­ge­rä­ten kön­nen dank einer Induk­ti­ons­schlei­fe den Film­ton direkt auf Ihrem Hör­ge­rät empfangen.

Seit Som­mer 2015 wird sogar an jedem Abend ein Film gezeigt – wenn das kein Güte­sie­gel für das treue Wed­din­ger Publi­kum ist!

„Zer­stört“ und zuge­müllt wird die Frei­licht­büh­ne allen­falls noch bei der Auf­füh­rung der „Rocky Hor­ror Pic­tu­re Show“ im Spät­som­mer. Und gleich gegen­über gibt es mit der „SchA­tul­le“ auch wie­der Gas­tro­no­mie am Stand­ort des frü­he­ren Park­re­stau­rants „Gul­li­ver“. Die Reh­ber­ge sind end­gül­tig wie­der ein Anlauf­punkt für Ver­an­stal­tun­gen gewor­den– ob mit oder ohne Thea­ter­auf­füh­run­gen, auf jeden Fall aber durch das Kino. Nur eine Fra­ge stel­le ich mir, als ich nach dem Film durch den Zau­ber­wald nach Hau­se gehe: wo ist eigent­lich Bambi?

Pro­gramm des Frei­luft­ki­nos im Jahr 2018

Ein­tritt 2018: 7,50  Euro. Es gibt auch Online-Tickets. 5er-Kar­te 30 €  10er-Kar­te 55 €

Zugang über die Peter­s­al­lee (Park­ein­gang)

Über die Geschich­te des Volks­parks Rehberge

Joachim Faust

hat 2011 den Blog gegründet. Heute leitet er das Projekt Weddingweiser. Mag die Ortsteile Wedding und Gesundbrunnen gleichermaßen.

8 Comments Leave a Reply

  1. War­um ich bzw wir? Weil mei­ne Freun­din und ich Stamm­gäs­te sind und sich heu­te die letz­te Chan­ce ergibt, da ich ab Mon­tag die­se Kino­sai­son nicht mehr in Ber­lin bin 🙁 … So wür­de noch ne Por­ti­on Pop­korn und ein Getränk in unse­rem Bud­get lie­gen 🙂 … Wir machen auch ger­ne ein Foto von uns mit Rol­li im Reh­ber­ge­ki­no mit klei­nem Arti­kel, das auch Men­schen mit Han­di­cap will­kom­me­ne Gäs­te sind 🙂

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